Experten plädieren für RP7-Stammzellenforschung
Am 31. Januar traf sich die interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Bioethik in Brüssel zu einem Symposium im Europäischen Parlament, auf dem sie dafür plädierte, dass die Stammzellenforschung in das Siebte Rahmenprogramm (RP7) aufgenommen werden solle. Experten, die an dem Symposium teilnahmen, erläuterten den aktuellen Stand der Stammzellenforschung und hoben die EU-Förderlücken verglichen mit der Forschung in den USA hervor. Die aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Stammzellen, weil diese undifferenziert sind, jedoch verwendet werden können, um sich in irgendeine andere Zellart zu entwickeln. Das bedeutet theoretisch, dass Stammzellen für Behandlungen sehr vieler Krankheiten eingesetzt werden könnten. Den Auftakt der Veranstaltung bildete eine Rede von Colin McGuckin, Professor für regenerative Medizin an der Universität Newcastle und anerkannter Experte auf dem Gebiet der Stammzellenforschung. Viele von uns verbinden die Stammzellenforschung sehr schnell mit der neuen Welt des Klonens und der Embryonenforschung. Dies ist ein Bereich der Stammzellenforschung, dem der in Ungnade gefallene koreanische Wissenschaftler Hwang Woo-Suk seine Zeit widmete. Professor McGuckin untersucht stattdessen Methoden, wie Stammzellen aus Nabelschnurblut gewonnen werden können. "Nabelschnurblut ist eine andere Bezeichnung für Plazentablut, das während einer Geburt leicht gewonnen werden kann. Das Nabelschnurblut ist eine gute Quelle für Stammzellen, und die gesammelten Zellen können als embryonalähnliche Zellen, die in viele verschiedene Zellarten differenziert werden können, verwendet werden", sagte Professor McGuckin. Professor McGuckin ist der Ansicht, dass mit Nabelschnurblut nur geringe ethische Bedenken verbunden sind, da Plazenta und Nabelschnurblut ansonsten verbrannt werden. Mit dem Sammeln von Nabelschnurblut kann daher proaktiv genutzt werden, was ansonsten ungenutzt bleibt. Außerdem können Stammzellen relativ einfach aus dem menschlichen Körper direkt entnommen werden, beispielsweise aus dem Knochenmark. Diese Technik ist jedoch invasiv und daher kostenintensiv und zeitaufwendig. Während Geburten gesammeltes Nabelschnurblut kann eingefroren und für die Stammzellenforschung gelagert werden. Professor McGuckin war erfolgreich darin, Stammzellen aus Nabelschnurblut zu vermehren (die Anzahl zu erhöhen) und sie dann zu differenzieren (Stammzellen in bestimmte Zellarten umzuwandeln). Nabelschnurstammzellen aus einer einzigen Geburt könnten für das neugeborene Baby und eine Reihe anderer, davon unabhängiger Fälle verwendet werden. Gewebearten müssen jedoch übereinstimmen, und einige ethnische Gruppen sind zurzeit in Nabelschnurblutbanken unterrepräsentiert. "Wir müssen ein Register entwickeln, um zu überwachen, wo die embryonalen Stammzellen herstammen, und eine genetische Datenbank, da wir wissen müssen, wie viele Arten von Stammzellen benötigt werden", erläuterte Professor McGuckin. Professor Elaine Gluckman, die Leiterin der Abteilung für Hämatologie und Knochenmarktransplantation im Saint-Louis-Krankenhaus in Paris, sprach ebenfalls vor der Gruppe. "Unter dem RP6 gab es keine direkte Stammzellenforschung, sodass wir fünf Jahre verloren haben, und dies war ein Fehler. Zu der Zeit wurde die Stammzellenforschung nicht ernst genug genommen. Jetzt kann Nabelschnurblut leicht gewonnen und bei minus 70 Grad Celsius nahezu risikofrei und fast unbegrenzt gelagert werden", sagte sie. Professor Gluckman ist weltweit führend auf dem Gebiet der Stammzellentransplantationen. Sie erläuterte, dass das Projekt EUROCORD unter dem RP5 gefördert wurde und sich auf die Herz- und Blutfunktion konzentrierte. Seit 1989 wurden über 5.000 Transplantationen im Rahmen von Behandlungen von Krankheiten wie Leukämie, Lymphoma, Anämie und Herzkrankheiten durchgeführt. Nabelschnurblut hat sich als sehr guter Träger für Transplantationen erwiesen, wobei die meisten Immunreaktionen adäquat gehandhabt wurden. Professor Gluckman schlägt weitere Investitionen in die öffentliche Nabelschnurblutbank NETCORD vor, die über ein hochwertiges Produkt und international anerkannte hohe Standards verfügen wird. Sie wird außerdem eine zentrale Ressource für übereinstimmende Gewebearten sein. Spenden von ethnischen Minderheiten könnten leicht erhöht werden. Ein weiterer Grund für eine zentrale europäische Nabelschnurblutbank ist der Wettbewerb. "Der US-Kongress hat 79 Millionen USD für die Entwicklung einer US-Bank in New York bewilligt, die eine Kapazität für 150.000 Blutkonserven haben wird. Wenn nichts geschieht, werden wir von US-Importen abhängig sein, was 27.000 USD kosten und Transplantationen nur schwer erschwinglich machen könnte. Außerdem ist die Ethnizität in den USA verglichen mit der EU unterschiedlich", sagte Professor Gluckman. Transplantationen würden rund 2.000 USD aus einer EU-Nabelschnurblutbank kosten. Professor Gluckman und Professor McGuckin hatten beide Bedenken in Bezug auf private Nabelschnurblutbanken. In den USA sind private Blutbanken weiter verbreitet und lagern eine größere Anzahl an Blutkonserven als in der EU. "Wir brauchen mehr Forschung in Bezug auf die Lagerung von Nabelschnurblut unter dem RP7. Viele der alten Konserven könnten - selbst in Krankenhäusern - mangelhaft gelagert worden und jetzt unbrauchbar sein. Dieses Problem müssen wir angehen", sagte Professor McGuckin. Dr. Sigrid Grauman vom Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft in Berlin untersuchte einige der ethischen Dilemmas im Zusammenhang mit der Stammzellenforschung. In Bezug auf embryonale Stammzellen wies sie auf Folgendes hin: "Hier gibt es einen Interessenkonflikt. Viele Eizellen für die Entwicklung von Embryos stammen aus künstlicher Befruchtung. Die überschüssigen Embryos werden in der Forschung verwendet werden." Im VK und Südkorea gab es Probleme dabei, eine ausreichende Anzahl frischer Eizellen zu bekommen. Die Gefahr besteht, dass einigen Frauen mehr Hormone zur Produktion von mehr Eizellen verabreicht werden, sodass der Überschuss für die Forschung verwendet werden kann. Im VK ist es illegal, ausschließlich zu Forschungszwecken zu spenden, sodass überschüssige Eizellen, die während der Fruchtbarkeitsbehandlung produziert werden, verwendet werden. In Südkorea gibt es Spekulationen darüber, woher Eizellen gekommen sind. Die Presse Südkoreas gibt an, dass 75 Frauen 1.500 USD pro Spende bekamen, und dass andere zu Spenden mit Versprechen einer Veröffentlichung in Nature genötigt wurden. "Das Gewinnen von Eizellen ist komplex und invasiv. Durch Hormoninjektionen produziert der Körper mehr Eizellen, die mit einer ultraschallgesteuerten Nadel extrahiert werden. Die Konsequenz könnte Unfruchtbarkeit sein. Den Hormonen selbst werden außerdem karzinogene Eigenschaften nachgesagt. Die Überstimulation durch Hormonverabreichung kann sich darüber hinaus in 0,3 bis 0,6 Prozent der Fälle als tödlich erweisen. Soziale oder wirtschaftliche Nötigung muss verhindert werden. Nur die Verwendung überschüssiger Zellen, wie im VK, ist gerechtfertigt. Ein Mangel an Eizellen könnte 'Forschungstourismus' zur Folge haben", sagte Dr. Grauman. Professor McGuckin stimmte zu: "Der Stammzellentourismus ist bereits ein Problem. In der Ukraine und in Holland habe ich persönlich Fälle verzweifelter Familien aus dem VK miterlebt, die zu Zentren gereist waren, in denen sie auf die Schnelle mit unerprobten Methoden für die Behandlung von Multipler Sklerose und Schlaganfällen behandelt wurden. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte für eine effektive Behandlung gefunden. Wir müssen einen Weg finden, die Leute daran zu hindern, ins Ausland zu reisen - falsche Hoffnung ist schlechte Hoffnung." Unternehmen haben sich bisher von der Stammzellenforschung fern gehalten. "Auf industrieller Ebene ist die Stammzellenforschung noch nicht 'bewährt' und deshalb sind Pharmaunternehmen noch zögerlich in diesem Bereich. Es gibt immer noch kein ausreichendes Verständnis hinsichtlich der Grenzen der Stammzellenforschung", sagte Professor McGuckin. Alle drei Redner standen der Erteilung von Patenten für Stammzellen ablehnend gegenüber. "Eine Patentierung von Zellen scheint schwierig - Zelltherapien oder möglicherweise einige der zugrunde liegenden Zellprozesse, doch eine Zelle ist einfach zu komplex", so Professor McGuckin.
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