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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Schimpansen zeigen komplexe Nutzung von Werkzeugen

Forscher des deutschen Max-Planck-Instituts und der Universität Cambridge, VK, haben Schimpansen (Pan troglodytes) dabei gefilmt, wie sie in einer bisher in dieser Spezies noch nicht beobachteten Art und Weise Werkzeuge benutzen. Die Aufnahmen wurden bei der Jahresversammlun...

Forscher des deutschen Max-Planck-Instituts und der Universität Cambridge, VK, haben Schimpansen (Pan troglodytes) dabei gefilmt, wie sie in einer bisher in dieser Spezies noch nicht beobachteten Art und Weise Werkzeuge benutzen. Die Aufnahmen wurden bei der Jahresversammlung der American Association for the Advancement of Science in St Louis, USA, im Rahmen eines Pressegesprächs mit Andrew Whiten gezeigt. Whiten ist Professor für Evolutions- und Entwicklungspsychologie und Wardlaw Professor für Psychologie an der Universität St. Andrews. Das Genom von Schimpanse und Mensch ist zu 96 Prozent identisch. Früher ging man davon aus, dass die Nutzung von Werkzeugen den Menschen vorbehalten sei, aber auch einige Tiere verwenden Hilfsmittel: So nutzen manche Vogelarten die Schwerkraft und lassen Steine auf weichschaliges Futter wie Eier fallen oder knacken zum Beispiel Schalentiere, indem sie sie auf einen harten Untergrund fallen lassen. 2003 hat man herausgefunden, dass neukaledonische Krähen einfache Werkzeuge herstellen, auswählen und einsetzen können, etwa Stöckchen, die sie wie eine Schaufel benutzen, um an schwer zugängliches Futter zu gelangen. Otter wurden beobachtet, wie sie mit Steinen Nüsse knacken, und Schimpansen können sogar komplexere Werkzeuge verwenden. Schon Ende der 1950er Jahre hat Jane Goodall beobachtet, wie Schimpansen Äste nehmen und die kleinen Zweige entfernen, um dann mit den Stöcken in Termitenhügeln zu stochern. Die Termiten klammern sich an den Stöckchen fest, und die Schimpansen können sie - anscheinend eine Köstlichkeit - einfach aufessen. Diese Vorgehensweise war insofern überraschend, als sie in ihrer ruhigen und konzentrierten Art überhaupt nicht dem sonstigen aufgeregten und lauten Verhalten der Tiere entsprach. Noch erstaunlicher war die Entdeckung, dass die Schimpansen den Einsatz ihrer Werkzeuge gezielt planen: Ganz bewusst wählten sie einen bestimmten Ast aus, entfernten die Zweige und nahmen ihn mit, um so beim nächsten Termitenhügel bereits entsprechend gerüstet zu sein. Ende der 1970er Jahre beobachteten Forscher die hochspezialisierte Nutzung von Werkzeugen bei Schimpansen an der Elfenbeinküste: Sie suchten systematisch eine geeignete Oberfläche und einen passenden Stein, mit dem sie eine besondere Nussart knacken konnten. Professor Whiten untersucht die kulturelle Verbreitung von Verhaltensweisen in Primatengruppen und ob dies Hinweise gibt auf die Verbreitung von kulturellen Verhaltensweisen bei Menschen. In Afrika wurden Verhaltenstrends beobachtet, die nur in einzelnen Schimpansengruppen vorkommen. "In Westafrika knacken die Schimpansen Nüsse mit Steinen und Ästen. Das ist wirklich wichtig für sie. Aber Schimpansen in Ostafrika tun das nicht. Mehr noch: Die Schimpansen auf der Ostseite eines großen Flusses in Westafrika tun es auch nicht." Einige weibliche Tiere wurden sogar dabei beobachtet, wie sie mit provisorischen Hämmern auf die Bäume stiegen, was ihnen das wiederholte Hinauf- und Herunterklettern ersparte. Leider sind die Schimpansen sehr scheu. Sie fürchten die Menschen und flüchten beim geringsten Laut, weshalb es für die Forscher sehr schwierig ist, sie zu beobachten. Versteckte Kameras waren daher eine große Hilfe. Die aktuelle Untersuchung beschäftigte sich mit Schimpansen im Goualougo-Dreieck im Nouable-Ndoki-Nationalpark im Kongo. Bis jetzt wurden 39 verschiedene Arten der Werkzeugnutzung gezählt, die von jeder Generation an die nächste weitergegeben werden. "Die Schimpansen benutzen quasi einen Werkzeugkasten", erklärte Professor Whiten. Zuerst wählen sie einen stabilen Ast, den sie von kleinen Zweigen befreien. Mit dem stochern sie in dem Termitenhügel und bohren ein etwa 30 cm tiefes Loch. Dann nehmen sie einen dünneren Stock, dessen Ende sie angekaut haben, um damit in dem Loch nach Termiten zu angeln. Andere Schimpansen warten geduldig, bis sie mit dem Termitenangeln an der Reihe sind. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schimpansen leicht von einander lernen. In Gefangenschaft, so Professor Whiten, wird eine neu erlernte Fähigkeit schnell an die gesamte Population weitergegeben. "Überraschenderweise haben wir sogar Belege gefunden, dass das Verhalten lokalen kulturellen Normen angepasst wird. Schimpansen, die eine Technik lernen, die vor allem in anderen Gruppen angewendet wird, passen dann in ihrer eigenen Gruppe ihr Verhalten dem an, was unter den Mitgliedern dort vorherrscht", erklärt Professor Whiten. Die komplexen kulturellen Verhaltenweisen haben sehr viel mit der Art und Weise gemein, wie sich menschliche Kulturen verbreiten und entwickeln und zeigen einmal mehr, wie ähnlich wir unseren Primatenvettern und -basen sind. Oder um mit Professor Whitens Worten zu sprechen: "Unsere Kultur kommt nicht aus dem Nichts".

Länder

Kongo, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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