Durchbruch beim Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen
Ein amerikanisch-portugiesisches Forscherteam hat eine neue potenzielle Behandlung für degenerative neurologische Krankheiten, insbesondere die Huntington'sche und Parkinson'sche Krankheit gefunden. Im Zentrum der Forschung stehen anormale Proteinaggregate, von denen man annimmt, dass sie die Krankheiten verursachen. Diese Proteinaggregate veranlassen bestimmte Proteine im Gehirn, sich falsch zu falten, was zu einer Degeneration führt, da sich die Zellen zusammenklumpen und absterben. Es gibt zwei standardmäßige biologische "Rezepte" gegen diese Verklumpung: Proteasome und molekulare Chaperone. Proteasome zerteilen die defekten Proteine in kleine Stücke, die dann eliminiert werden können. Molekulare Chaperone bringen die defekten Proteine zurück in ihre korrekte Form. Die Forschung geht davon aus, dass bei Krankheiten wie Huntington oder Parkinson die Systeme der Proteasome und molekularen Chaperone nicht richtig funktionieren. Von Huntington-Patienten ist bekannt, dass sie defekte Proteasome besitzen. So genannte Einschlusskörper ("inclusion bodies"), ziemlich rätselhafte Strukturen, die sowohl in Huntington- als auch in Parkinson-Patienten auftreten, enthalten sehr viele fehlgefaltete Proteine. Bis jetzt haben sich Therapieansätze auf die Eliminierung sowohl der Einschlusskörper als auch der fehlgefalteten Proteine konzentriert. "In den letzten Jahren haben wir sehr viel über Einschlusskörper gelernt", erklärt Tiago Outeiro, ein portugiesischer Forscher, der mit Kollegen am MIT und in Harvard zusammenarbeitet. "Wir betrachten sie nicht mehr als das Wurzel allen Übels." Verschiedene Forscherteams haben herausgefunden, dass die Einschlusskörper vielleicht sogar bestimmte Schutzfunktionen ausüben, was in gewisser Weise intuitiv ist: Die Oberfläche eines großen Einschlusskörpers ist wesentlich kleiner als die Gesamtoberfläche vieler kleiner Einschlusskörper. Das ist alles noch Spekulation, aber die Hinweise verdichten sich, dass dem tatsächlich so ist." Das Team ging davon aus, dass bei degenerativen Krankheiten die Einschlusskörper Teil der Lösung sind, nicht nur Teil des Problems. Sie testeten an im Labor gezüchteten Zellen Medikamente, von denen man weiß, dass sie die Anzahl der Einschlusskörper erhöhen. Den Ergebnissen zufolge, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, erhöhten die Medikamente zwar die Anzahl der anormalen Proteine und Einschlusskörper, aber einige der Medikamente reduzierten den toxischen Effekt dieser Proteine. Dieser Durchbruch in der Ätiologie neurodegenerativer Krankheiten hat verschiedene neue Forschungsschwerpunkte geschaffen. "Unsere Untersuchung öffnet eine Menge Türen und stellt einige wichtige Fragen. Die Verbindungen können auch als Instrumente zur weiteren Analyse der Mechanismen genutzt werden, die zum Zelltod führen - der Ursache der klinischen Symptome der Huntington'schen und der Parkinson'schen Krankheit. Wir müssen die genaue Rolle der Einschlusskörper noch besser verstehen, d. h. wie sie sich herausbilden, warum sie sich herausbilden und wie wir ihre Bildung verhindern können. Die Genetik hinter der Bildung der Einschlusskörper muss untersucht und am Tiermodell geprüft werden", so Dr. Outeiro. "Der nächste Schritt in unserer Forschung ist die Identifizierung des oder der Targets, damit wir die Mechanismen der zellulären Toxizität verstehen. Das wiederum wird es uns ermöglichen, Medikamente zu entwickeln, deren Wirksamkeit dann in Tiermodellen validiert werden kann. Langfristig möchten wir an einen Punkt gelangen, an dem wir sicher in die klinischen Humanversuche einsteigen können, aber hier sind wir extrem vorsichtig, denn wenn Menschenleben involviert sind, kann man nie vorsichtig genug sein", schloss er.
Länder
Portugal, Vereinigte Staaten