Alpengletscher haben seit 1850 über die Hälfte ihrer Fläche verloren
Forscher der Universität Zürich haben im Rahmen der Jahresversammlung der European Geosciences Union (EGU) in Wien darauf hingewiesen, dass die Alpengletscher ernsthaft bedroht sind. Seit 1850 haben die Gletscher über 50 Prozent ihrer Fläche verloren, wobei der Gletscherrückgang immer rascher erfolgt. Dem Bericht zufolge würde das Schmelzen der gesamten Eisfläche der Erde einen Anstieg des Meeresspiegels von etwa 80 Metern zur Folge haben. Zu diesem Anstieg würden die Alpengletscher weniger als einen Millimeter beitragen. Zwar machen die europäischen Gletscher nur einen Bruchteil der gesamten Eisfläche der Erde aus, jedoch ist ihre Bedeutung für die regionale Tier- und Pflanzenwelt, den Tourismus und die Wasserversorgung der Landwirtschaft und Privathaushalte unermesslich. Seit den 1850er Jahren ist die gesamte Eisfläche der Alpenregionen von 4.474 Quadratkilometer auf 2.272 Quadratkilometer im Jahr 2000 zurückgegangen. "Von 1850 bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhundert hat es pro Jahrzehnt einen durchschnittlichen Gletscherrückgang von 2,9 Prozent gegeben", so Michael Zemp vom World Glacier Monitoring Service (WGMS) und der Universität Zürich. "Von den 70er Jahren bis 2000 beträgt dieser Rückgang 8,2 Prozent pro Jahrzehnt, wobei der größte Rückgang seit 1985 zu verzeichnen ist", betonte er. Allerdings kann der Gletscherrückgang zu einem paradoxen Effekt führen, wie man es heutzutage in Grönland beobachten kann. Da an den Gletscherrändern mehr Eis schmilzt, steigt die Höhenlage, ab welcher eine Gletscherbildung möglich ist. Zudem erhöhen sich die Niederschläge und damit schneit es im Winter mehr, sodass sich große Schneemengen auf der Gletschermitte ablagern. Der WGMS hat ein Computermodell entwickelt, anhand dessen simuliert werden kann, welche Auswirkungen der Temperaturanstieg auf die von Gletschern bedeckte Fläche hat. Bis 2100 "wird die Durchschnittstemperatur im Sommer um 3 Grad Celsius steigen - schlechte Nachrichten für die Gletscher", berichtete Dr. Zemp auf der BBC News Website. "Gleichzeitig wird sich die jährliche Niederschlagsmenge erhöhen, sodass die Bedingungen für Gletscher etwas verbessert werden. Die Höhenlage, ab der eine Gletscherbildung möglich ist, wird um 340 Meter steigen", so Dr. Zemp. Wenn sich die Computermodelle als genau erweisen, dann entspricht der Anstieg der Höhenlage, ab der sich Gletscher bilden können, einem Rückgang der alpinen Gletscherfläche um 75 Prozent, und dass, obwohl im Winter mehr Schnee fallen wird. Noch schlimmer ist Dr. Zemp zufolge die Tatsache, dass "sich die Gletscher weiterhin zurückbilden würden, selbst wenn man das Klima auf dem heutigen Stand halten könnte, und zwar aufgrund der sehr warmen Jahre in den letzten zwei Jahrzehnten". 2003 war so ein Jahr, das im WGMS-Bericht als "außerordentlich warm" bezeichnet wird. Allein dieses Jahr hat zu einem Gletscherrückgang von etwa fünf bis zehn Prozent beigetragen. Um das Jahr 2100, das immerhin einige der heutigen Neugeborenen noch miterleben werden, "wird sogar ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um lediglich ein Grad einen Rückgang der Gletscherfläche von 40 Prozent zur Folge haben", so Dr. Zemp. Die Höhenlage, ab der sich Gletscher bilden können, verlagert sich dann um 100 Meter nach oben.
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