EU-Verordnung erleichtert Zugang zu erschwinglichen Nachahmerpräparaten
Der Europäische Rat hat eine Verordnung verabschiedet, die es Unternehmen in der EU gestattet, Nachahmerpräparate von patentierten Arzneimitteln für die Ausfuhr in Entwicklungsländer herzustellen. Eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament ermöglichte die rasche Verabschiedung dieser Verordnung, die am Tag ihres Inkrafttretens in einem Monat direkt in allen Mitgliedstaaten anwendbar ist. Die Verordnung deckt sich mit den Bedingungen eines 2005 gefassten Beschlusses der WTO zur Änderung des Artikels 31 (f) des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Übereinkommen). Artikel 31 besagt, dass unter Zwanglizenz hergestellte Produkte "vorwiegend für die Versorgung des Binnenmarkts" bestimmt sein müssen. Mit der Änderung soll jeder WTO-Mitgliedstaat die Möglichkeit haben, unter bestimmten Bedingungen Ausfuhrlizenzen für pharmazeutische Nachahmerpräparate zu erteilen. Die Entscheidung der WTO-Mitgliedstaaten trägt der Tatsache Rechnung, dass das TRIPS-Übereinkommen in seiner aktuellen Form die Menge an zwangslizenzierten Arzneimitteln, die die Staaten herstellen und ausführen dürfen, einschränkt. Außerdem hinderte es jene Länder, die über keine oder ungenügende Produktionskapazitäten im Arzneimittelsektor verfügen, erschwingliche Nachahmerpräparate einzuführen. Mit der Entscheidung wird der vorläufige Beschluss der WTO über Zwangslizenzierung vom August 2003 dauerhaft eingeführt. Sie bildet den Abschluss eines Prozesses, der 2001 eingeleitet wurde, als Minister betonten, wie wichtig es sei, das TRIPS-Übereinkommen so umzusetzen und auszulegen, dass es der öffentlichen Gesundheit zugute kommt - nämlich indem man den Zugang zu existierenden Arzneimitteln fördert und zugleich die Entwicklung neuer Arzneimittel vorantreibt. Der Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Charlie McCreevy, begrüßte die Entscheidung des Rats und meinte dazu, die rasche Verabschiedung der Verordnung mache deutlich, dass die EU alles daran setze, dem WTO-Beschluss nachzukommen. "Bedürftige Länder erhalten erschwingliche Arzneimittel, die sicher und wirksam sind, während das Patentsystem auch in Zukunft Anreize für Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Arzneimittel bieten wird", so McCreevy. Handelskommissar Peter Mandelson zeigt sich ebenfalls erfreut über die Verordnung und fügte ergänzend hinzu: "Dies zeigt, dass sich die EU dem WTO-Prozess verpflichtet fühlt und sicherstellen will, dass das WTO-System in der Lage ist, auf die Probleme armer Länder, die erschwingliche Arzneimittel benötigen, einzugehen." Die Verordnung stellt eine Modifizierung des ursprünglichen Vorschlags der Kommission dar, insofern als dass durch Ausweitung der Zulassungskriterien nicht nur WTO-Mitglieder, sondern auch die ärmsten Länder der Erde und Entwicklungsländer lizenzierte Produkte einführen können. Der Text der Verordnung macht deutlich, dass das System der Zwangslizenzen zur Bekämpfung von Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestimmt ist und daher von Ländern nicht genutzt werden sollte, um "industrielle oder Erwerbszwecke" zu verfolgen. Zudem verbietet die Verordnung die Wiedereinfuhr in die EU und versetzt die Zollbehörden in die Lage, gegen die Wiedereinfuhr von Arzneimitteln vorzugehen. Damit die Arzneimittel auch tatsächlich dort ankommen, wo sie benötigt werden, und um Missbrauch und Handelsablenkung vorzubeugen, werden dem Lizenznehmer eindeutige Bedingungen hinsichtlich der Handlungen, die unter der Lizenz vorgenommen werden dürfen, der Identifizierung des Herstellers der Pharmapräparate im Rahmen der Lizenz und der Länder, in die die Präparate ausgeführt werden, auferlegt.