Bericht: Forschungsdruck lässt Wissenschaftlern keine Zeit für Öffentlichkeitsarbeit
Der Druck, immer mehr Zeit auf die Forschung zu verwenden, lässt den Wissenschaftlern kaum mehr Spielraum für Öffentlichkeitsarbeit. Zu diesem Ergebnis kommt ein kürzlich von der britischen Royal Society veröffentlichter Bericht. Im Rahmen der Untersuchung "Factors affecting science communication: a survey of scientists and engineers" ("Faktoren, die die Wissenschaftskommunikation beeinflussen: Eine Befragung von Wissenschaftlern und Ingenieuren") wurden eine Online-Befragung von fast 1.500 Forschern in universitären Institutionen sowie 41 detaillierte Interviews mit einem Querschnitt der Befragten und anderen wichtigen Beteiligten durchgeführt. Den Autoren zufolge ist die "forschungsgetriebene" Kultur der britischen Universitäten eine der wichtigsten Barrieren, die die Wissenschaftler daran hindern, ihre Arbeit einem breiteren Publikum vorzustellen. Fast zwei Drittel der Befragten sagten, dass sie mehr Zeit in die Forschung investieren müssen und daher kein Raum mehr für Öffentlichkeitsarbeit bleibt. Im VK, so der Bericht weiter, basiert eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere auf Veröffentlichungen und auf der Akquise von Drittmitteln. Wissenschaftskommunikation gilt nicht als gewinnbringend und hat daher für die Universitäten keine hohe Priorität. Ein weiterer wichtiger Hinderungsgrund war die Tatsache, dass viele Mitglieder der Wissenschaftsgemeinde nicht viel von Öffentlichkeitsarbeit halten. Die Kommunikation mit einem Laienpublikum gilt weithin als "anspruchslos" und "banal" - etwas, was nur von denjenigen getan wird, die für eine akademische Karriere "nicht gut genug" sind. Viele der Befragten fürchteten, dass diese Wahrnehmung negative Klischees über Frauen verstärkt, wenn diese sich in der Kommunikation engagieren möchten. Andererseits ist bei den Forschern, deren Kollegen in der Wissenschaftskommunikation aktiv sind, die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst sich ebenfalls engagieren, höher. In dem Bericht wurden weitere Trends aufgeführt, zum Beispiel: Etablierte Wissenschaftler und Wissenschaftler, die für die Regierungen oder für gemeinnützige Organisationen arbeiten, sowie Wissenschaftler mit einem Lehrauftrag engagieren sich stärker in der Kommunikation als Nachwuchswissenschaftler, als Wissenschaftler, die von Wissenschaftsräten finanziert werden, und als Wissenschaftler in reinen Forschungspositionen. Positiv ist zu vermerken, dass laut Bericht 75 Prozent der Wissenschaftler innerhalb des letzten Jahres an Kommunikationsaktivitäten beteiligt waren - trotz der Hindernisse. Dazu gehörten Vorträge, Gespräche mit Politikern, Besuche in Schulen, das Verfassen von Artikeln für ein Laienpublikum und die Teilnahme an öffentlichen Diskussionsrunden. Darüber hinaus sagte fast die Hälfte aller Befragten, dass sie gerne mehr Zeit auf Öffentlichkeitsarbeit verwenden würde, obwohl die meisten keinerlei Schulung im Umgang mit den Medien, in Kommunikation oder öffentlichem Sprechen hatten. "Es ist sehr ermutigend, dass sich viele Wissenschaftler trotz der wahrgenommenen Hindernisse in der Wissenschaftskommunikation engagiert haben", sagte Sir David Wallace, Vizepräsident der Royal Society. "Der Stellenwert dieser Arbeit muss in den Abteilungen steigen, damit sie stärker als integraler Bestandteil einer vollständigen Karriere wahrgenommen wird." Die Autoren des Berichts machten sich auch Gedanken darüber, welche Anreize die Wissenschaftler dazu bringen könnten, sich mehr in der Kommunikation zu engagieren. Auf der Antwortliste bei den Befragten rangierte wenig überraschend mehr Geld für die Abteilung ganz oben, gefolgt von Preisen. Hilfe bei der Organisation von öffentlichen Veranstaltungen wurde jedoch auch genannt, und jüngere Forscher wünschten sich, dass ihre Vorgesetzten sie stärker zur Kommunikation mit einem breiteren Publikum ermutigen. Und schließlich wiesen insbesondere ältere Wissenschaftler darauf hin, dass im VK im Rahmen der Forschungsbewertung (Research Assessment Exercise) der nicht forschungsbezogenen Arbeit ein höherer Stellenwert eingeräumt werden muss. Die Autoren des Berichts empfehlen, die Verbindung zwischen der Forschungskultur im VK und der Bereitschaft der Forscher für Öffentlichkeitsarbeit weiter zu untersuchen. Sie weisen darauf hin, dass insbesondere junge Forscher in Wissenschaftskommunikation geschult werden sollten - und zwar ab dem Grundstudium. Darüber hinaus fordern sie mehr Unterstützung von den Institutionen und Förderorganisationen für Forscher, die einen Teil ihrer Zeit der Wissenschaftskommunikation widmen. Das könnte zum Beispiel durch die Organisation von Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit durch andere Agenturen geschehen, an der Wissenschaftler teilnehmen sollen, oder in Form direkter technischer oder Mentor-Unterstützung für die Abteilungen, die ihre eigenen Aktivitäten organisieren.
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