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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Wissenschaftler und Politikexperten fordern Einrichtung eines internationalen Gremiums für biologische Vielfalt

Ein Gruppe führender internationaler Wissenschaftler auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt und Politikexperten forderte die Einrichtung eines internationalen Gremiums, das dazu beitragen soll, die Kluft zwischen Wissenschaft und Politik auf diesem Gebiet zu überbrücken und ...

Ein Gruppe führender internationaler Wissenschaftler auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt und Politikexperten forderte die Einrichtung eines internationalen Gremiums, das dazu beitragen soll, die Kluft zwischen Wissenschaft und Politik auf diesem Gebiet zu überbrücken und eine gemeinsame Lösung für das Problem des möglicherweise verheerenden Rückgangs der biologischen Vielfalt zu finden. In einer Stellungnahme, die diese Woche im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde, mahnen die 19 Experten aus 13 Ländern, es gebe "aus wissenschaftlicher Sicht eindeutige Hinweise darauf, dass wir uns an der Schwelle zu einer verheerenden Krise im Bereich der biologischen Vielfalt befinden." Sie merken an, dass 12 Prozent aller Vogelarten, 23 Prozent der Säugetiere, 25 Prozent aller Nadelbaumarten und 32 Prozent der Amphibien vom Aussterben bedroht sind. Hinzu kommt, dass allein der Klimawandel in den kommenden 50 Jahren zum Aussterben weiterer 15 bis 27 Prozent aller Arten führen könnte. Grund für den Rückgang der biologischen Vielfalt ist neben dem Klimawandel die Zerstörung der Lebensräume (insbesondere in Regenwäldern, Binnengewässern und Küstengebieten), die Einführung invasiver Arten, die übermäßige Nutzung biologischer Ressourcen (z. B. Überfischung) und Umweltverschmutzung. Im Zuge des Rückgangs der biologischen Vielfalt wird immer deutlicher, wie wichtig diese für das Wohlergehen des Menschen und eine nachhaltige Entwicklung ist. "Der biologischen Vielfalt verdanken wir Ökosystemleistungen wie Krankheits- und Klimaregulierung, Sturmschutz und Lebensräume für nützliche Tiere", erklärt Charles Perrings von der Arizona State University, einer der Unterzeichner der Stellungnahme. "Der Rückgang der biologischen Vielfalt verursacht nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Kosten, und daher ist es Aufgabe der Wissenschaft, der Politik klare Anleitungen für entsprechende Präventivmaßnahmen an die Hand zu geben." Aufgrund der mangelnden Kenntnisse darüber, welche Vorteile die biologische Vielfalt bietet, wird ihre Bedeutung meist unterschätzt. "Der Wert der biologischen Vielfalt wird noch immer unterschätzt und sowohl in privaten als auch öffentlichen Entscheidungen viel zu wenig berücksichtigt", so die Experten. "Es besteht dringende Notwendigkeit, durch Einrichtung eines internationalen Gremiums aus Experten auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt die Kluft zwischen Wissenschaft und Politik zu überbrücken." Die bestehenden internationalen Abkommen zur biologischen Vielfalt, etwa das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), verfügen nicht über die Struktur, die notwendig ist, um das Fachwissen einer großen Zahl von Wissenschaftlern auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt zu mobilisieren. Nach Ansicht der Unterzeichner führt dies dazu, dass sich die Wissenschaftsgemeinschaft von den politischen Entscheidungen ausgeschlossen fühlt. Daher fordern die Experten einen Mechanismus nach Art des zwischenstaatlichen Gremiums für Klimaveränderungen (IPCC). "Zum Wohle unseres Planeten muss die Wissenschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt einen Weg finden, sich zusammenzuschließen, ihre Arbeit disziplinübergreifend zu koordinieren und gegenüber den nationalen Regierungen mit einer Stimme zu sprechen, um ihnen klare Anweisungen für Maßnahmen zu geben, mit denen sich das möglicherweise katastrophale Artensterben, das bereits begonnen hat, aufhalten lässt", forderte Robert Watson, Chefwissenschaftler der Umweltabteilung der Weltbank, der die Stellungnahme ebenfalls unterzeichnet hat. Das Konzept eines internationalen Gremiums für biologische Vielfalt ist keine neue Idee, doch fehlte es bislang an der erforderlichen Unterstützung. Das änderte sich im Januar 2005, als der französische Staatspräsident Jacques Chirac der Idee auf einer Konferenz zum Thema biologische Vielfalt in Paris seine Unterstützung zusagte. In der Stellungnahme nennen die Experten fünf Merkmale, die das Gremium ihres Erachtens aufweisen sollte. Nach Vorbild des IPCC solle es mit den nationalen Regierungen in engem Kontakt stehen und finanzielle Unterstützung von ihnen erhalten. So werde sichergestellt, dass die Informationen auf nationaler und internationaler Ebene in Taten umgesetzt werden. Andere Interessenvertreter wie Nichtregierungsorganisationen (NRO) sollten ebenfalls eingebunden werden. Außerdem sei die Objektivität und Unabhängigkeit des Gremiums zu gewährleisten. Es solle führende Wissenschaftler auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt ebenso anziehen wie Vertreter von Regierungen und NRO. Hinsichtlich Disziplinen, Optionen und geographischen Regionen solle das Gremium transparent und repräsentativ sein. Des Weiteren müsse es sich zum Ziel setzen, klare Informationen über den Zustand und die Entwicklung der biologischen Vielfalt bereit- und Prognosen über zu erwartende Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Ökosystemleistungen aufzustellen. Ferner solle es Vorschläge zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur Verringerung der Auswirkungen der Veränderung der biologischen Vielfalt unterbreiten, um so Entscheidungsträger bei der Festlegung klarer Ziele und entsprechender Maßnahmen zu unterstützen. Schließlich solle das Gremium Synergien mit bestehenden internationalen Organisationen schaffen. Derzeit finanziert die französische Regierung ein Konsultationsverfahren, das darauf abzielt, die Notwendigkeit, den Unfang und mögliche Modelle für einen International Mechanism of Scientific Expertise on Biodiversity (IMoSEB) zu ermitteln. Für das Verfahren wurden 18 Monate veranschlagt. Im Rahmen regionaler Treffen werden Beteiligte aus allen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen auf der ganzen Welt die Möglichkeit haben, Ideen und Anregungen einzubringen. "Wir rufen alle Wissenschaftler, die sich mit biologischer Vielfalt beschäftigen, auf, sich zu beteiligen und auch bei ihrer Regierung um Beteiligung an der Konsultation zu werben", heißt es abschließend in der Stellungnahme.

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