Frauen sind nicht das Problem, Frauen sind die Lösung!
Frauen sind nicht das Problem, Frauen sind die Lösung! So lautete die Hauptbotschaft einer Podiumsdebatte auf dem ESOF2006 zum Thema, warum Frauen immer noch keine leitenden Positionen in der Wissenschaft erreichen. Das Problem sei die Angebotsseite, so einige Stimmen, da Frauen sowieso keine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen. Dies stimmt sicherlich bei technischen Studiengängen, wo der Anteil von Frauen im Grundstudium sehr niedrig ist. In Biowissenschaften sowie in Sprachwissenschaften und kulturellen Studiengängen gibt es jedoch mehr Studentinnen als Studenten, sodass das Angebot hier eindeutig nicht das Problem ist. Aber selbst in diesen Studiengängen verlassen Frauen nach und nach die akademische Laufbahn, sodass weitaus mehr Männer den Titel eines ordentlichen Professors erreichen als Frauen. Der Mangel an Frauen in der Wissenschaft wirkt sich auf vielfältige Weise aus, nicht zuletzt auf die Qualität der Wissenschaft selbst. In einer Diskussion zu den EU-Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft sagte Johannes Klumpers, Leiter des Referats Frauen und Wissenschaft der Europäischen Kommission: "Die Gleichstellung der Geschlechter verbessert die Exzellenz in der Wissenschaft - wir können zurzeit nur aus einem begrenzten Pool schöpfen." Das kürzlich abgeschlossene Projekt WOMENG (Women in Engineering) untersuchte Wege, wie mehr Frauen für die Technik gewonnen und vor allem dort gehalten werden können. Im Rahmen des Projekts wurden unterschiedliche mögliche Maßnahmen vorgeschlagen, die André Béraud vom INSA (dem nationalen französischen Institut für angewandte Wissenschaften), als eine Art Vorschlagspaket bezeichnete, das Unternehmen und Institute für ihre eigenen Bedürfnisse und ihre eigene Situation nutzen könnten. Die Technik hat immer noch ein sehr "männliches" Image, was noch erschwert wird durch die Tatsache, dass auf den meisten Bildern zum Thema Technik keine Frauen abgebildet werden. Des Weiteren zielen Programme, mit denen mehr Mädchen für die Technik interessiert werden sollen, auf 16- bis 17-Jährige ab, obwohl sich viele Mädchen bereits im Alter von 13 von Wissenschaft und Technologie entfernt haben. Das Projekt WOMENG schlägt vor, dass Technikerinnen dazu angehalten werden sollen, als Vorbilder zu fungieren, und Mädchen zu Informationsveranstaltungen eingeladen werden sollen, auf denen sie sehen, wie eine technische Laufbahn in der Realität aussieht. Ein weiterer Rat lautet, dass alle Dozenten und Lehrer für Geschlechterfragen sensibilisiert werden sollen, um ihr Bewusstsein für die Problematik zu schärfen. Im VK sind 50.000 Frauen mit Abschlüssen in Wissenschaft, Technik und Technologie nicht in diesen Bereichen beschäftigt. Das Resource Centre for Women in Science, Engineering and Technology hilft mit dem Programm "Return" Frauen, die ihre Karriere unterbrochen haben, zurück in ihren Beruf zu kommen. Mit "Return" erhalten Frauen neben Informationen und Beratung auch die Möglichkeit, an einem Fernuniversitätskurs teilzunehmen, der speziell dafür ausgelegt ist, Wissenschaftlerinnen zu helfen, Karrierechancen zu identifizieren und einen Berufsplan zu entwickeln. Zudem helfen Vernetzungsprogramme, Kontakte zwischen Berufsrückkehrerinnen und potenziellen Arbeitgebern zu vermitteln. Des Weiteren vergibt das Resource Centre Auszeichnungen an Unternehmen mit einer guten Personalpolitik und gibt Firmen, die eine Leistungsverbesserung anstreben, Leitlinien für optimale Verfahren an die Hand. Unterdessen wird Universitäten in Österreich im Rahmen des Programms Excellentia ein Finanzanreiz zur Einstellung von mehr Professorinnen gegeben. Zurzeit sind nur 14 Prozent der Professoren Frauen, eine Zahl, die unter dem EU-Durchschnitt liegt. Das Podium war sich einig, dass die Gesellschaft den enttäuschenden Anteil von Frauen in der Wissenschaft nicht mehr den Frauen anlasten solle, sondern das Problem als ein gesamtgesellschaftliches betrachten solle. So wie Mädchen Vorbilder für ihre wissenschaftliche Laufbahn bräuchten, sollten auch Jungen mit Vorbildern für traditionelle weibliche Karrieren und Aktivitäten konfrontiert werden. Außerdem müssten sich mehr Männer an der Debatte beteiligen; so ist es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass nur zwei Männer im Publikum zu dieser Podiumsdiskussion saßen. Insgesamt müsse die häufig weitgehend maskuline Kultur aus Wissenschaft, Technik und Technologie in Frage gestellt werden und es dürfe null Toleranz für Sexismus und Belästigung geben. Schließlich müsse noch genauer untersucht werden, aus welchen Gründen genau Frauen sich für Beginn und Abschluss einer wissenschaftlichen Karriere entscheiden. So sagte Barbara Hartung vom Referat Chancengleichheit des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur: "Indem mehr Frauen gewonnen werden, wird Europa gewinnen!"