Kommission schlägt Maßnahmen zur Beschleunigung der Digitalisierung des europäischen kulturellen Erbes vor
Die Europäische Kommission hat Maßnahmen skizziert, die, so die Kommission, den Mitgliedstaaten helfen sollen, die Digitalisierung und Online-Bereitstellung ihres kulturellen Erbes besser zu koordinieren und zu beschleunigen. Die Vorschläge reichen vom Aufbau großer Digitalisierungsanlagen und der Erarbeitung nationaler Strategien bis zu Plänen für die langfristige Erhaltung von und Zugang zu digitalem Material. Die am 25. August veröffentlichten Vorschläge sind Bestandteil der Gesamtstrategie der Kommission, Europas geschriebenes und audiovisuelles kulturelles Material im Internet zugänglich zu machen, so wie in der Initiative "i2010: Digitale Bibliotheken" vorgesehen. Auf der Initiative European Library (TEL) aufbauend, an der sich bereits zahlreiche europäische Bibliotheken beteiligen, könnte die Europäische Digitale Bibliothek bis 2008 bis zu zwei Millionen Bücher, Filme, Photographien, Manuskripte und anderes kulturelles Material umfassen. Bis 2010 könnten in der Bibliothek schon bis zu sechs Millionen digitale Arbeiten archiviert sein. Die Europäische Digitale Bibliothek ermöglicht es den Benutzern, von einem einzigen Online-Ausgangspunkt aus in ihrer Muttersprache die unterschiedlichen Sammlungen europäischer Bibliotheken, Archive und Museen zu durchsuchen. "Es ist unser Ziel, eine echte Europäische Digitale Bibliothek aufzubauen, ein mehrsprachiges Zugangsportal zu den digitalisierten kulturellen Ressourcen Europas", sagte hierzu Kommissionsmitglied Viviane Reding, zuständig für Informationsgesellschaft und Medien. "Mit einer solchen Europäischen Digitalen Bibliothek können zum Beispiel finnische Bürger digitalisierte Bücher und Bilder aus Bibliotheken, Archiven und Museen in Spanien leichter finden, während ein niederländischer Bürger Online auf historisches Filmmaterial aus Ungarn zugreifen kann." Zunächst muss jedoch eine unglaubliche Materialmenge digitalisiert werden - und diese Menge steigt ständig. Schätzungen zufolge hat unsere Gesellschaft seit 1945 einhundert Mal mehr Informationen gesammelt und gespeichert als die gesamte Menschheit in den Jahrtausenden davor. Eine weitere Studie weist darauf hin, dass sich heute die jährliche Gesamtproduktion an Druck-, Film-, optischem und magnetischem Material weltweit auf 1,5 Milliarden Gigabyte Speicherplatz beläuft, das sind 250 Megabyte pro Person und entspricht 250 Büchern, 250 Minuten Musik oder 250 Photographien. Trotz der vielen Digitalisierungsinitiativen, die es derzeit in den Mitgliedstaaten gibt, ist nur ein Bruchteil der verfügbaren Daten digitalisiert, und die verschiedenen Maßnahmen sind zersplittert. Der Kommission zufolge müssen die Mitgliedstaaten nicht nur mehr investieren, sondern auch auf die Frage der Organisation der Digitalisierung, der Online-Zugänglichkeit und der digitalen Erhaltung des Materials eine Antwort finden. Sie sprach die folgenden Empfehlungen aus: - Aufbau großer Digitalisierungsanlagen; - klare Aussagen darüber, was bereits digitalisiert wurde, und Skizzierung der weiteren Pläne. Dadurch sollen Doppelarbeit vermieden und Sammlungen geschaffen werden, die einen europäischen Mehrwert bieten; - Förderung von Partnerschaften zwischen kulturellen Institutionen und dem Privatsektor; - Förderung der Entwicklung der Europäischen Digitalen Bibliothek als dem mehrsprachigen Zugangspunkt zum europäischen kulturellen Erbe. Das könnte zum Beispiel durch die Ausarbeitung von Förderbedingungen für kulturelle Institutionen für die Digitalisierungsarbeit geschehen; - konkrete Lösungen zu urheberrechtlichen Fragen analysieren und entwickeln, zum Beispiel Mechanismen für den Umgang mit so genannten Waisen, das heißt urheberrechtlich geschützten Objekten, deren Rechteinhaber nur schwer oder nicht zu ermitteln sind, und mit vergriffenen Arbeiten; - Erstellung nationaler Strategien und Pläne für die langfristige Bewahrung von und Zugang zu digitalem Material; - falls erforderlich, die Verabschiedung von Gesetzten, die die Erstellung von Mehrfachkopien und die Migration für Erhaltungszwecke ermöglichen, und die Frage der Web-Bewahrung sowie die Archivierung von digitalem Material für Bewahrungszwecke beantworten. Die Kommission will ihren eigenen Aussagen zufolge in den Bereichen dazu beitragen, in denen der höchste europäische Mehrwert geschaffen wird, aber sie wird die grundlegende Digitalisierung nicht finanziell unterstützen. Sie hat im Rahmen des eContentplus-Programms 60 Millionen EUR zur Kofinanzierung von Netzen aus Kompetenzzentren für Digitalisierung und digitale Bewahrung vorgesehen.