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Schneidet Europa beim Technologietransfer doch besser ab als angenommen?

In Europa werden die Ergebnisse aus öffentlich geförderter Forschung offenbar besser kommerziell genutzt als bisher angenommen. Dies geht aus einer Studie hervor, die von Forschern des niederländischen Zentrums der Universität der Vereinten Nationen (United Nations University ...

In Europa werden die Ergebnisse aus öffentlich geförderter Forschung offenbar besser kommerziell genutzt als bisher angenommen. Dies geht aus einer Studie hervor, die von Forschern des niederländischen Zentrums der Universität der Vereinten Nationen (United Nations University - UNU) erstellt wurde. Häufig heißt es, die Vereinigten Staaten seien Europa in Bezug auf den Technologietransfer überlegen. Der amerikanische Erfolg in Sachen Technologietransfer lässt sich an der Anzahl der US-Patente, der Start-up-Unternehmen und an der Höhe der Lizenzeinnahmen der amerikanischen Universitäten festmachen. Dies hat teilweise zu der Annahme geführt, dass der europäische Unternehmergeist weniger ausgeprägt sei als der US-amerikanische. Bislang war es schwierig, sich ein genaues Bild von der Situation zu machen, da keine Daten vorlagen, die einen direkten Vergleich ermöglicht hätten. Anthony Arundel und Cataline Bordoy von der UNU-MERIT, dem Forschungs- und Schulungszentrum der UNU in Maastricht, haben nun jedoch eine Studie durchgeführt, der zufolge Europa besser abschneidet als bisher angenommen - zumindest was den formalen Technologietransfer betrifft. Europa übertrifft die USA sogar in zwei von drei untersuchten Aspekten, nämlich in Bezug auf erteilte Lizenzen und Start-up-Unternehmen. Europa hinkt hinterher, was das Lizenzeinkommen - sozusagen die Dividende der Forschung - betrifft, jedoch nur knapp. Laut Studie wurden im Jahr 2004 je einer Million Dollar, die in Forschung investiert wurde, von europäischen öffentlichen Forschungsinstituten 20 Prozent mehr Lizenzen beantragt und erteilt, 40 Prozent mehr Start-up-Unternehmen gegründet und nur 10 Prozent weniger Lizenzeinnahmen erwirtschaftet als von US-amerikanischen Universitäten. Es gibt immer noch Probleme hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Daten aus Europa und den USA. Außerdem bleibt ungewiss, ob die Zahlen den Kommerzialisierungsgrad objektiv widerspiegeln. "Ein Start-up-Unternehmen kann scheitern, und eine Lizenz muss nicht unbedingt von finanziellem Wert sein. Andererseits können Lizenzeinnahmen sogar erwirtschaftet werden, ohne dass ein Unternehmen die Erfindung auf den Markt bringt und Gewinne macht. Dennoch sind die Ergebnisse beeindruckend, denn sie deuten darauf hin, dass der Unternehmergeist europäischer Akademiker sehr viel ausgeprägter ist als gemeinhin angenommen", so die Autoren des Studienberichts. Im Bericht wird zudem darauf hingewiesen, dass Technologie nicht nur durch formale Partnerschaften zwischen Forschungsinstituten und Unternehmen (Vertragsforschung und Lizensierung) von der Theorie in die Praxis übertragen wird, sondern auch durch das Prinzip der "offenen Wissenschaft". Dieses Prinzip beruht darauf, dass Technologietransfer auch dann stattfindet, wenn nichtwissenschaftliche Akteure Fachartikel lesen, an Fachkonferenzen teilnehmen und informelle Kontakte mit Universitäten knüpfen. "Wenn die Betonung zu stark auf dem formalen Technologietransfer liegt, könnte dies dazu führen, dass politische Entscheidungsträger den formalen Technologietransfer zu stark fördern, was zu Lasten des Wissenstransfers durch die offene Wissenschaft geht. Das wäre der falsche Weg", heißt es im Bericht. "Die paradoxe Situation in Europa lässt sich möglicherweise auf mangelnde Erfolge im System der offenen Wissenschaft zurückführen, denn die europäischen Leistungen auf dem Gebiet des formalen Technologietransfers von der öffentlichen Forschung zu den Unternehmen sind durchaus nicht schlecht - ganz im Gegenteil. Daraus lässt sich schließen, dass sich die politischen Entscheidungsträger auf die Verbesserung der europäischen Leistungen in der offenen Wissenschaft konzentrieren sollten." Die Autoren fordern zu Untersuchungen in weiteren Bereichen auf, um den Einfluss der offenen Wissenschaft auf die Kommerzialisierung der öffentlichen Forschung zu ermitteln. Außerdem schlagen sie Änderungen in Fragebögen zu formalem Technologietransfer vor. Beides soll dazu führen, dass die Ergebnisse aus Europa und den Vereinigten Staaten besser miteinander verglichen werden können.