Neues Observatorium soll Wissenslücken über die Dynamik der tropischen Atmosphäre schließen
Mit dem gerade eröffneten internationalen Atmosphäre-Observatorium wird sich das Wissen der Forscher über Struktur und Dynamik der tropischen Atmosphäre dramatisch verbessern. Das auf der Kapverden-Insel São Vicente im tropischen Ostatlantik gelegene Observatorium wird die Veränderungen der chemischen, biologischen und physikalischen Zusammensetzung des tropischen Ozeans und der Luft unmittelbar darüber, der sogenannten marinen Grenzschicht, überwachen und aufzeichnen. Ziel ist es, die Interaktion zwischen Meer und Atmosphäre besser zu verstehen und herauszufinden, wie sich diese Interaktion auf den Klimawandel auswirkt. Das Observatorium wird vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften über das EU-Projekt TENATSO (Tropical Eastern North Atlantic Time-Series Observatory) und vom britischen National Environment Research Council kofinanziert. Tropische Meere bedecken etwa ein Drittel der Erdoberfläche, und die Luft unmittelbar über dem Wasser enthält eine hohe Konzentration des wichtigsten atmosphärischen Oxidans, sogenannte Hydroxyl-Radikale. Diese Radikale fungieren quasi als Waschmittel der Atmosphäre, da sie Treibhausgase wie Methan und Stickoxide abbauen, die fast ebenso stark zur globalen Erwärmung beitragen wie Kohlendioxid. Schätzungen zufolge werden etwa 75 Prozent des Methans in den Tropen abgebaut. Jedoch wurden bisher nur wenige Untersuchungen in dieser Region durchgeführt, da man sich in erster Linie mit den Entwicklungen an den Polen beschäftigt, nicht in den Tropen. "Die tropische marine Grenzschicht ist so etwas wie der Maschinenraum für die Selbstreinigung der Erdatmosphäre, aber wir wissen nur sehr wenig darüber, was darin passiert", erklärt die leitende Wissenschaftlerin des TENATSO-Projekts Dr. Lucy Carpenter von der Universität York. "Diese Regionen sind auch Nettosenken für erdnahes Ozon und viele gefährliche Treibhausgase, das heißt, hier werden sie abgebaut, nicht generiert. Das Potenzial für atmosphärische und ozeanische Veränderungen ist hier sehr hoch, daher sind die Informationen, die uns das Observatorium liefern wird, von unschätzbarem Wert", so Dr. Carpenter weiter. Das tropische Meer ist auch einer der Orte, an denen sich die Oberflächentemperatur des Wassers schnell ändert, was das Phytoplankton, das große Mengen von Kohlendioxid aufnimmt, reduziert. Das führt dazu, dass in der Atmosphäre unterschiedlich hohe Konzentrationen von Spurengasen zu finden sind. "In dieser Region finden wesentliche Veränderungen statt. Daher kommt die Möglichkeit, jetzt diese Veränderungen sowohl an Land als auch an der Meeresoberfläche direkt beobachten zu können, gerade zum richtigen Zeitpunkt", freut sich Professor Wallace, Koordinator des TENATSO-Projekts. Zusätzlich zu den Einrichtungen auf der Insel wird das Observatorium über eine sogenannte Meeresstation verfügen, ein Netz aus Bojen und verankerten Instrumenten etwa 70 Kilometer vor der Küste. Die Station überwacht die Temperatur, den Salz- und Nährstoffgehalt des Wassers sowie Kohlenstoff- und Sauerstoffkonzentrationen und die Produktivität mariner Organismen wie Phytoplankton (winzige frei schwebende Wasserpflanzen).
Länder
Deutschland, Vereinigtes Königreich