Angela Merkel: Deutschlands Wissenschaftskanzlerin
Nur zwei Länder in der EU haben einen geringeren Anteil an Wissenschaftlerinnen in Spitzenpositionen als Deutschland. Ironischerweise wird die höchste Position von allen, die des deutschen Bundeskanzlers, von einer Frau bekleidet, die vor ihrer politischen Karriere als Wissenschaftlerin gearbeitet hat. Angela Merkel wurde 1954 in Hamburg geboren, zog aber noch im gleichen Jahr nach Ostdeutschland, damals Teil des Ostblocks. An der Universität Leipzig studierte sie Physik, bevor sie an die Berliner Akademie der Wissenschaften wechselte, die sie mit einem Doktor der Physikalischen Chemie verließ. Dr. Merkel verfolgte dann eine wissenschaftliche Karriere, während der sie Forschungen zum Verfall von Kohlenwasserstoffmolekülen betrieb und Artikel für wissenschaftliche Magazine der DDR schrieb. Nach dem Fall der Mauer 1989 kehrte sie einer Wissenschaftlerkarriere den Rücken zu und stieg in die Politik ein. 1990 gewann sie ihr erstes Abgeordnetenmandat und wurde 1991 Bundesministerin für Frauen und Jugend. Bald wechselte sie als Ministerin zum Resort Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und wurde 2000 Parteivorsitzende der Christlich Demokratischen Union (CDU). 2005 wurde sie als erste Frau - und als erste Wissenschaftlerin - in Deutschland in das Amt des Bundeskanzlers gewählt und 2007 beschrieb man sie als die mächtigste Frau der Welt. Obwohl sie jetzt nicht mehr in der Forschung arbeitet, ist sie immer eine starke Fürsprecherin für die Wissenschaft geblieben. Da Merkel Regierungschefin des größten Mitgliedstaates der EU ist und derzeitige Präsidentin des Europäischen Rates, kann die europäische Wissenschaft möglicherweise auch von dieser Begeisterung für die Wissenschaft profitieren. "Für die Bundesregierung liegt die Zukunft in einer wissensbasierten Gesellschaft [...]. Die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Innovation verstehe ich daher als eine meiner wichtigsten Aufgaben", schrieb die Kanzlerin in der Zeitschrift "Science" vom Juli 2006. Auf der kürzlich stattgefundenen Auftaktveranstaltung des Europäischen Forschungsrats (EFR) in Berlin sprach die Kanzlerin in einer 25-minütigen Rede begeistert und mit Sachkenntnis über die neue Initiative - was nicht jeder europäische Regierungs- oder Staatschef so gut kann. Der EFR "wird die durchaus als exzellent zu bezeichnende Forschung in den europäischen Mitgliedsländern - so hoffe ich das jedenfalls - zu einer 'Champions League' der Forschung bündeln [...]. Das tun wir aus dem Verständnis heraus, dass Forschung und neue Technologien Antriebsfedern wirtschaftlicher Dynamik sind, ja sozusagen die Grundlage dafür, dass wir in Europa wirtschaftlich wachsen, unseren Wohlstand erhalten und mehren können und weltweit wettbewerbsfähig sind", sagte sie. Frau Merkel versucht ebenso andere EU-Mitgliedstaaten zu überreden, sich auf neue Technologien zu konzentrieren, um den Klimawandel zu bremsen. Sie würde die EU-Ziele zu den Treibhausgasen gerne noch ambitionierter machen und die Zielmarke von 20 % auf 30 % Reduzierung bis 2020 heraufsetzen. Im Rahmen der Präsidentschaft möchte sie auch die Zielsetzung für einen Anteil erneuerbarer Energien auf 20 % der gesamten Energieproduktion heraufheben. Der derzeitige Anteil beträgt 6,5 %. Angela Merkel glaubt, dass die Festsetzung dieser Ziele Europa dazu ermöglicht, ein technologischer Vorreiter im Energiesektor zu werden. Welches Rollenmodell könnte am internationalen Frauentag als Vorbild für Wissenschaftlerinnen und Studentinnen, die eine Karriere in der Forschung erwägen, besser passen?
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