Kommission legt erste Europäische Weltraumpolitik fest
Die Europäische Kommission hat ihre Vision der ersten europäischen Weltraumpolitik überhaupt enthüllt. Sie ist darauf ausgerichtet, die Ressourcen der Mitgliedstaaten zu bündeln und so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie zu wahren. Besonders hervorgehoben wird in dem von der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gemeinsam erarbeiteten Vorschlag eine effizientere Nutzung der Ressourcen durch Maßnahmenbündelung, denn alleine sind die Mitgliedstaaten nicht in der Lage, den globalen Herausforderungen die Stirn zu bieten. "Ohne die Europäische Weltraumpolitik läuft Europa Gefahr, in diesem Bereich den Anschluss zu verlieren. Zielsetzung dieser Mitteilung über die Europäische Weltraumpolitik ist eine Stärkung der angestrebten führenden Rolle Europas in wichtigen Industrie- und Forschungsbereichen im Hinblick auf die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen für die Zukunft", sagte Günter Verheugen, EU-Kommissar für Unternehmen und Industrie. Der Vorschlag sieht vor, dass die EU, die ESA und die Mitgliedstaaten ihre zivilen Weltraumprogramme koordinieren, um ihre Mittel effektiver einzusetzen und unnötige Überschneidungen zu vermeiden. Damit sollen der wirtschaftliche und der gesellschaftliche Nutzen des Weltraums für die Bürger gesichert werden. Die neue Weltraumpolitik ruft außerdem zu einer stärkeren Zusammenarbeit und besseren Synergien zwischen militärischen und zivilen Weltraumprogrammen auf, und bezieht sich damit auf verschieden einsetzbare Technologien und gemeinsame Standards für kosteneffizientere Lösungen. Das militärische Potenzial wird im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten verbleiben, sodass alle unternommenen Maßnahmen innerhalb des möglichen Rahmens der nationalen Souveränität stattfinden. Die EU hat mehrere ehrgeizige europäische Weltraumprogramme als Flaggschiffe initiiert, wie zum Beispiel das Galileo-Projekt, ein Netzwerk aus 30 Satelliten, das mit dem Global Positioning System (GPS) der USA konkurrieren soll. Angesichts der Wachstumsprognosen für den Markt für Satellitennavigation mit einem Wert von 400 Milliarden Euro bis 2025 ist Europa darauf bedacht, ein zukunftsfähiges, globales ziviles Satellitennavigationssystem unter seiner Kontrolle einzurichten und kommerziell zu nutzen. Die Kommission bereitet ebenfalls den Start der Globalen Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) vor, dass darauf abzielt, Satellitendaten und andere gesammelte Informationen zu den beiden Bereichen zu kombinieren. Einmal in Betrieb, wird das System die EU mit unabhängigen Informationen zu Umwelt, Sicherheit und Klimawandel versorgen, mit deren Hilfe die öffentlichen Behörden auf widrige Wetterbedingungen und Krisen reagieren können. Trotz der relativ geringen Höhe europäischer Investitionen im Weltraumbereich, die fünfmal geringer sind als in den Vereinigten Staaten, ist die Weltraumindustrie Europas in hohem Maße wettbewerbsfähig und verfügt über einen Anteil von 40% an den weltweiten Märkten für Herstellung, Start und Betrieb von Satelliten. Der Umsatz der europäischen Weltraumindustrie betrug im Jahr 2005 4,4 Milliarden Euro bei 28.000 Beschäftigten. Nach Ansicht von Kommissar Verheugen, der damit auf neue und aufstrebende Konkurrenten wie China und Indien hinweist, besteht aber kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. In dieser Hinsicht werden europäische Strategien darauf bedacht sein, die Einführung innovativer Dienstleistungen zu vereinfachen, um mit dem Wettbewerb Schritt zu halten. Außerdem wird die EU in neuste Technologieentwicklungen investieren, um Konvergenz und Interoperabilität zwischen terrestrischen und satellitenbasierten Netzwerken zu erreichen. Die neu vorgestellte Strategie kündigt darüber hinaus ein indikatives Budget für zentrale Aktivitäten auf europäischer Ebene in dem Zeitraum von 2007 bis 2013 an. Die Kommission will Mittel in Höhe von 3 Milliarden Euro in weltraumbezogene Aktivitäten investieren, von denen ein erheblicher Teil aus dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) stammt. Die ESA wird rund 23 Milliarden Euro dazu beitragen. Von den einzelnen Mitgliedstaaten werden Beiträge von insgesamt 14 Milliarden Euro erwartet. Schließlich, wenn Weltraumpolitik eine EU-Dimension erreicht, werden die Kommission und die ESA weiterhin an dem Ziel einer engeren und effektiveren Zusammenarbeit festhalten. Beide Seiten erarbeiten derzeit Szenarien für eine Optimierung weltraumpolitischer Maßnahmen in Europa. "Die ESA kann auf 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Weltraumsystemen und Infrastrukturen zurückblicken. Wir möchten die Chancen der neuen Herausforderungen der Europäischen Weltraumpolitik nutzen", sagte der Generaldirektor der ESA Jean-Jacques Dordain. Die Mitgliedstaaten werden am 22. Mai in Brüssel im Rahmen des Vierten Europäischen Weltraumrats über die neue Europäische Weltraumpolitik diskutieren und abstimmen.