Expertengruppe: Verbesserung von Organisation und Finanzierung der EDCTP
"Für einen dauerhaften Erfolg eines Programms gemäß Artikel 169 sind bereits bestehende nationale Programme, starkes Engagement seitens der Mitgliedstaaten zur Bereitstellung von Finanzmitteln und verbindliche nationale Unterstützung erforderlich", heißt es in einem unabhängigen Prüfungsbericht zu der Partnerschaft für klinische Studien zwischen Europa und den Entwicklungsländern (European and Developing Countries Clinical Trials Partnership - EDCTP). Die EDCTP wurde im Jahr 2003 von 15 europäischen Ländern mit dem Ziel begründet, neue klinische Interventionen zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria zu entwickeln und vorhandene Therapien für diese Krankheiten auf die Bedürfnisse der afrikanischen Länder südlich der Sahara auszurichten. Sie wurde unter Anwendung von Artikel 169 des Vertrags eingerichtet, der eine Rechtsgrundlage für die Europäische Gemeinschaft zur Unterstützung der Integration nationaler Forschungsprogramme durch die Beteiligung an von mehreren EU-Mitgliedstaaten durchgeführten Programmen liefert. Die EDCTP war das erste Programm, das dieses Instrument nutzte. Der Bericht, der auf Antrag des EU-Kommissars für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik von einer fünfköpfigen Expertengruppe erstellt wurde, analysiert einige Schwierigkeiten der EDCTP und empfiehlt, mehr Fördermittel unter dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung (RP7) bereitzustellen, jedoch nur, wenn zunächst bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Ein Mitglied des Gremiums wich jedoch von dieser Mehrheitsposition ab und vertrat die Ansicht, das Programm sollte eingestellt werden. "Dieser Bericht enthält eine ehrliche und konstruktive Bewertung der bisherigen Erfahrungen mit dem EDCTP-Programm", sagte Potocnik. "Mein Bestreben ist es, die Erfolgsaussichten des Programms zu verbessern. Denn das, worum es hier geht, ist zu wichtig, als dass man die Lösung dem Zufall überlassen könnte." Der Kommissar versprach, jede Empfehlung zu prüfen, und fügte hinzu, der Erfolg eines Programms wie der EDCTP sei von politischem Engagement der Mitgliedstaaten auf höchster Ebene abhängig. "Der vorgelegte Bericht wird uns mit Sicherheit dabei behilflich sein, unsere Anliegen den zuständigen Ministern nahezubringen", sagte er. Unter dem RP6 hatte die Europäische Kommission ursprünglich 200 Mio. EUR für die EDCTP vorgesehen. Weitere 200 Mio. EUR sollten von den Mitgliedstaaten und 200 Mio. EUR vom Privatsektor beigesteuert werden. Aufgrund administrativer Schwierigkeiten und verschiedener Managementprobleme wurden jedoch bisher lediglich 40 Mio. EUR aus dem EU-Haushalt und 37 Mio. EUR von den Mitgliedstaaten bereitgestellt. "Die Schwierigkeiten, die das EDCTP-Programm bei der Kombination zweier wichtiger Aufgaben meistern muss, sollten nicht unterschätzt werden: Integration nationaler Programme für klinische Studien und Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Klinikern in Afrika", heißt es in dem Expertenbericht. "Dies ist ein sehr langfristiges Ziel, das nur fortschreitend Ergebnisse erzeugen kann, wenn alle interessierten Partner ihre Verantwortlichkeiten verstehen und ihre Verpflichtungen respektieren, die von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen." Die Mehrheit der Mitglieder der Expertengruppe empfahl eine Fortsetzung der EDCTP. Sie muss sich streng an ihr Mandat halten, und die Mitgliedstaaten, die die EDCTP gegründet haben und für sie verantwortlich sind, müssen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die versprochenen Finanzierungsmittel bereitzustellen sowie die Organisation und Leistung der EDCTP erheblich zu verbessern. Der Finanzierungszeitraum wurde kürzlich bis zum Jahr 2010 verlängert, was an eine Reihe von Bedingungen geknüpft wurde. Es sind künftig weitere Finanzierungsmittel unter dem RP7 möglich. Falls "die EDCTP jedoch bis Ende 2008 keine wesentlichen Verbesserungen in Bezug auf sichtbare und greifbare Outputs und Ergebnisse erzielt, die mit den zentralen Empfehlungen übereinstimmen [...] empfiehlt das Gremium keine Verlängerung der Finanzierungsentscheidung unter dem RP7 auf der Grundlage von Artikel 169 des Vertrags", schreibt die Expertengruppe. Die Empfehlungen der Gruppe an die EDCTP umfassen folgende Erfordernisse: Definition einer klaren, überzeugenden und realistischen EDCTP-Strategie und einer gemeinsamen Vision, Einrichtung einer politischeren Generalversammlung, Verstärkung der Verbindungen mit anderen Partnerschaften zur Vermeidung von Doppelarbeit, erneute Aufforderungen zur Einreichung von Projektvorschlägen sowie Vereinfachung und Rationalisierung der Finanzierung. Die Mitgliedstaaten werden ihrerseits aufgefordert, "ihre EDCTP-Versprechungen zu erneuern". Innerhalb der Generalversammlung sollte die Entscheidungsfindung ebenfalls auf Mitgliedstaaten beschränkt sein, die Finanzierungsmittel bereitstellen, sowie auf afrikanische Vertreter (die in der Generalversammlung stärker vertreten sein sollten). Die Mitgliedstaaten werden im Rahmen der Empfehlungen auch aufgefordert, dem Programm keine nationalen Kriterien aufzuerlegen, sondern stattdessen eine von einem Pool nationaler Experten durchgeführte integrierte wissenschaftliche und ethische Bewertung zu akzeptieren. Eine Reihe von Empfehlungen richtet sich auch an die Europäische Kommission. Das Exekutivorgan der EU sollte außerdem dem Rat und dem Parlament über den aktuellen Stand der EDCTP berichten, eine gemeinsame Plattform der GD Forschung/GD Entwicklung für einen Dialog mit der EDCTP einrichten und die Strategie für Gesundheitsforschung neuformulieren, bevor es eine Entscheidung darüber trifft, ob die Plattform unter dem RP7 finanziert werden sollte oder nicht. Eine stärkere afrikanische Beteiligung ist eine weitere Priorität. In dem Bericht wird die Kommission aufgefordert, afrikanische Regierungen in einer frühen Phase einzubinden, um die Bemühungen der EDCTP zur Kapazitätsstärkung mit denen der einzelnen Länder zu verknüpfen und die afrikanischen Regierungen zur Zukunft der EDCTP und der internationalen Gesundheitsforschung unter dem RP7 zu konsultieren. Unter der Voraussetzung, dass die Haushalts-, administrativen und organisatorischen Verpflichtungen erfüllt werden, sollte die Kommission anschließend dem Rat vor der Halbzeitprüfung des RP7 einen neuen Finanzierungsvorschlag vorlegen. Beim Entwurf künftiger Artikel 169-Initiativen sollten die Entwickler der Expertengruppe zufolge Folgendes beachten: "Bevor EU-Gelder zur Verfügung gestellt werden, muss Folgendes vorhanden sein: ein gemeinsamer Arbeitsplan, eine solide Organisationsstruktur, feste nationale Finanzierungsmittel, klare Bewertungskriterien und -verfahren, klare durchzuführende Arbeiten und Lösungen für die Haftungsfrage." Der Expertengruppe gehörten folgende Mitglieder an: - Adetokunbo Lucas, ehemaliger Leiter des Forschungsprogramms Tropenkrankheiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO); - Wim Van Velzen, ehemaliges MdEP; - Dr. Allyson Pollock, Leiterin des Centre for International Public Health Policy, Universität Edinburgh; - Jean Stéphenne, Präsident und General Manager von GlaxoSmithKline Biologicals; - Fernand Sauer, ehemaliger Direktor der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln. Dr. Pollock erläutert in einem separaten Kapitel in dem Bericht, warum die EDCTP ihrer Ansicht nach eingestellt werden sollte. "Auf der Grundlage der vorliegenden Nachweise hat die EDCTP die gesetzten Ziele nicht erreicht, und ein künftiges Erreichen dieser Ziele ist unwahrscheinlich, wenn keine Reform von Grund auf in Bezug auf die politische Rechenschaftspflicht und ihre interne Strategie erfolgt. Wie in [...] dem Mehrheitsbericht dokumentiert, haben die komplexen Organisationsvorkehrungen und Kofinanzierungserfordernisse zu einer bedeutenden Unternutzung der vorhandenen Mittel geführt", schreibt Dr. Pollock. "Meiner Ansicht nach werden die Empfehlungen des Mehrheitsberichts, die die Organisation stärken sollen, die anhaltende Unklarheit in Bezug auf die politische Kontrolle und Rechenschaftspflicht nicht beseitigen", fügt sie hinzu.