Interessengruppen fordern mehr Flexibilität im EFR
Die europäische Industrie hat eine Schwerpunktverlagerung für den Europäischen Forschungsraum (EFR) vorgeschlagen. Das Grünbuch der Europäischen Kommission, zu der die Konsultation der Interessengruppen kürzlich abgeschlossen wurde, habe einen zu engen Fokus, indem es sich auf öffentliche Forschungssysteme konzentriere, sagten die Industrievertreter auf einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament am 20. November. Die Anhörung wurde von dem österreichischen Europaabgeordneten Dr. Paul Rübig, der Vereinigung der Österreichischen Industrie und dem Dänischen Industrieverband organisiert. "Der Schwerpunkt des EFR sollte erweitert werden, um die Flexibilität des Ansatzes hinsichtlich wissensintensiver Aktivitäten zu unterstützen", erklärte Leif Kjaergaard, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Forschung und Technologie der europäischen Industrieorganisation Business Europe. "Außerdem ist eine effektivere Überführung von Forschungsergebnissen notwendig, um große volkswirtschaftliche und soziale Ziele anzugehen." Derzeit konzentrierten sich die EFR-Strategien stark auf die "Eingabeseite der Gleichung" - mehr Forschungsmaßnahmen, Förderung der Forschermobilität, Aufbau von Infrastruktur -, während es ebenso wichtig sei, die Ergebnisseite zu betrachten. "Dafür ist es notwendig, Märkte, informierte Verbraucher und eine hohe Nachfrage nach Forschung und Innovation zu schaffen, die Europas Hightech-Start-ups helfen können, Weltklasse zu erreichen", sagte Kjaergaard. Im Einzelnen sagen Europas industrielle Interessenvertreter, dass der EFR nicht Zentralisierung fördern sollte, sondern eher Dezentralisierung. Er solle von der Vielfalt der Interessen und Erfahrungen in Europa profitieren und Forschungsinfrastrukturen aufbauen, die soweit wie möglich von nationalen und anderen Grenzen unbeschränkt sind, erklärte Kjaergaard. Er schlug weiterhin vor, der EFR solle für den Rest der Welt offen sein, um Europa attraktiver zu machen und um Herausforderungen anzugehen, die über die Fähigkeiten einzelner Regionen hinausgehen. Vorangegangene Ergebnisse der Stakeholder-Konsultation der Kommission zeigten im Hinblick auf Zentralisierung ein ähnliches Bild: "Bisher können wir eine sehr starke Unterstützung der Maßnahmen in den Bereichen, die im Grünbuch angesprochen werden, erkennen. Es wurde außerdem der Wunsch ausgesprochen, die EU solle sich nicht mit Maßnahmen zu bindenden Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene befassen. Plädiert wurde eher für die Rolle eines Vermittlers", fasste Dr. James Gavigan, ein Abteilungsleiter der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission, zusammen. Er versprach eine detailliertere Analyse der Beiträge für Januar 2008. Gleichzeitig plant die Europäische Kommission in den nächsten Monaten fünf spezifische Initiativen zu starten, kündigte Dr. Gavigan an, "um Mitgliedstaaten zu helfen, gemeinsame öffentliche Forschungsprogramme zu bestimmen. Wir möchten außerdem eine Initiative für eine allgemeine Partnerschaft für wirkliche Forscherpässe, für Mobilität und Laufbahnentwicklung in Gang bringen, ebenso einen rechtlichen Rahmen, um gesamteuropäische Forschungsinfrastrukturen zu fördern, eine Empfehlung der Kommission zum Umgang mit Rechten des geistigen Eigentums in öffentlichen Forschungseinrichtungen sowie eine gemeinsame Strategie für internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit." Für das Europäische Parlament sprach Umberto Guidoni, italienischer Europaabgeordneter und Berichterstatter zum EFR-Grünbuch, und sagte, dass es nicht zu viel europäische Einmischung gäbe, sondern einen Mangel an "einer wirklich europäischen Dimension" des Konzepts. "Europa ist nicht in der Lage, neue Investitionen in Forschung anzuziehen", argumentierte er. Stattdessen brächten Investoren ihr Geld nach China und andere aufkommende Länder. Darüber hinaus seien Europas Forschungsinvestitionen über den Kontinent zu sehr zerstreut. Um dem entgegenzuwirken, müsse die EU "sicherstellen, dass Fördermittel so effektiv wie möglich ausgegeben werden." Dafür müsse der EFR, der Guidonis Ansicht nach "ein eher statisches Konzept war", flexibler werden: "Ich denke, wir müssen bereit sein, einen anderen Ansatz zu wählen, um Maßnahmen auf der Ebene zu ergreifen, wo sie am wirksamsten sind."