CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Nachrichten
Inhalt archiviert am 2023-03-02

Article available in the following languages:

Intelligent Logistics rückt "Fünftageauto" in greifbare Nähe

Angesichts der Bedrohung der europäischen Automobilindustrie durch Billiglohnländer arbeitet ein EU-finanziertes Projekt an einem Paradigmenwechsel: von Henry Fords Modell der Massenproduktion zum radikal neuen Konzept des "Fünftageautos". Derzeit haben die europäischen Auto...

Angesichts der Bedrohung der europäischen Automobilindustrie durch Billiglohnländer arbeitet ein EU-finanziertes Projekt an einem Paradigmenwechsel: von Henry Fords Modell der Massenproduktion zum radikal neuen Konzept des "Fünftageautos". Derzeit haben die europäischen Automobilhersteller Überkapazitäten, das heißt, sie können weit mehr Autos herstellen, als die Kunden kaufen wollen: laut Schätzungen 22 Millionen gegenüber 15 Millionen. Branchenkenner fragen sich, ob die Massenproduktion fast identischer Fahrzeuge wirklich das beste Modell für das 21. Jahrhundert ist. Als Alternative zur Produktion auf Halde untersuchen nun Industrie und Wissenschaft im Rahmen des Projekts "Intelligent Logistics for Innovative Product Technologies" (ILIPT) das "Fünftagesauto"-Konzept maßgeschneiderter Autos. "Unternehmen, Händler und Beschäftigte in der europäischen Automobilindustrie haben nur eine Möglichkeit, um ihr wirtschaftliches Überleben sicherzustellen: Sie müssen sich langfristig dem Wettbewerbsdruck durch Billiglohnländer entziehen", so Rene Esser, der Koordinator des ILIPT-Projekts von ThyssenKrupp Automotive. "ILIPT geht sowohl die konzeptionellen als auch die praktischen Aspekte des radikalen neuen Konzepts der Automobilindustrie an: die Lieferung eines maßgeschneiderten Fahrzeugs an den Kunden nur wenige Tage nach Auftragserteilung." Als Vierjahresprojekt, das bis zum Jahr 2008 läuft, hat die ILIPT-Initiative technische und organisatorische Lösungen entwickelt, die die Branche revolutionieren könnten. Zuerst das Konzept des "modularen Autos". Anstatt die Karosserie wie derzeit üblich aus einer einzigen Stahlschale zu formen, untersucht ILIPT die Möglichkeit, ein Auto aus einer Reihe standardisierter, vorgefertigter Module zu erstellen. Neuartige Werkstoffe, innovative Verbindungstechnologien und neue Fertigungsmethoden könnten zu einer drastischen Reduzierung der Lagerkosten führen. Bisher hat sich ILIPT auf einen Entwurf für ein Auto nach modularem Konzept geeinigt und hat Crash Tests an einem digitalen Modell eingeleitet. Natürlich erfordert die Herstellung eines Autos in fünf Tagen mehr als einen modularen Entwurf. Die Automobilindustrie ist ein komplexes Netzwerk unabhängiger, aber häufig schlecht koordinierter Lieferanten und Monteure. ILIPT hat daher gemeinsame Verfahren für die Planung von Nachfrage, Kapazität und Auffüllung für alle Mitglieder einer Lieferkette und auch für die Bestellung und Lieferung von Komponenten entwickelt. Die Partner richten Standard-Datenmodelle und Systemschnittstellen ein, um den freien Informationsfluss in beide Richtungen der Lieferkette zu erleichtern. Das dritte Thema ist die Entwicklung von Methoden, die all dies umsetzen, sowie die Bewertung und Validierung innovativer Konzepte in Produkt- und Verfahrensdesign und Auftragsbearbeitung. Der "ILIPT Demonstrator" ist ein Softwarepaket, das zeigt, wie ILIPT in der Praxis angewandt werden könnte, und verschiedene Fallstudien umfasst, die sich aus dem Projekt ergeben. Das Demonstrationsobjekt ist eines der wichtigsten Mittel zur Verbreitung der Ergebnisse von ILIPT und wurde auf einer Reihe von Road Shows im Sommer 2007 präsentiert. Sofern alles gut läuft, könnten die Innovationen im Rahmen des ILIPT-Projekts bis zum Jahr 2015 in neue Produkte umgesetzt werden. "Der wahre Durchbruch der Initiative ist die Realisierung eines bestandslosen Fahrzeugliefersystems in Europa, das innerhalb von fünf Tagen das vom Kunden georderte Fahrzeug zur Verfügung stellt", so Esser. "Dies geht über die übliche Reaktion der Industrie, Fertigungsstätten zu schließen oder die Produktionskapazität zu erhöhen, um von Bestellungen beliebter Modelle zu profitieren, hinaus." Esser weist darauf hin, dass die Lehren aus ILIPT nicht nur in der Automobilbranche anwendbar sein werden, sondern auf sämtliche Produktions- und Verkehrssektoren, die unter ähnlichem Zeit- und Kostendruck stehen. Das ILIPT-Budget in Höhe von 16 Mio. EUR umfasst neun Millionen EUR an Fördermitteln aus dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) der EU. Zu den 27 Partnern im Rahmen des Projekts gehören so namhafte Unternehmen wie Daimler, BMW und Siemens sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Hochschulen. Sie sind in neun EU-Ländern sowie in der Schweiz, in Russland und Brasilien ansässig.