Debatte über GVO erhitzt weiter die Gemüter in Europa
Über 300 Wissenschaftler und grüne Lobbygruppen in Spanien haben eine Petition unterzeichnet, in der ihre Regierung aufgefordert wird, den Anbau genetisch veränderter Organismen (GVO) zu verbieten. Die Unterzeichner, Wissenschaftler spanischer Universitäten und Forschungszentren, einschließlich des spanischen nationalen Forschungsrats (CSIC), und grüne Gruppen, prangerten die "Gefahren und Auswirkungen der Einführung [genetisch veränderter Agrarprodukte] in die Umwelt und auf unsere Teller" an und forderten die spanische Regierung auf, Maßnahmen zur Beseitigung der GVO-Kulturen auf ihrem Territorium zu ergreifen. "Diese Technologie zerstört die biologische Vielfalt und war ein Nebenprodukt der Militärindustrie. Es ist bedauernswert, dass Spanien als ein Land mit großer biologischer Vielfalt als Vektor für die Einführung dieser Kulturen in Europa agiert", sagte Eugenio Reyes, Forscher im Botanischen Garten von Las Palmas auf Gran Canaria, gegenüber der Zeitung El Mundo. Spanien bebaut derzeit 75 000 Hektar mit genetisch veränderten Organismen (GVO) und ist somit der größte Erzeuger in Europa, gefolgt von Frankreich mit 22 000 Hektar. Die Petition kommt nur ein paar Tage nach der Entscheidung Frankreichs, sich auf eine EU-Schutzklausel zu berufen, um eine genetisch veränderte Maissorte zu verbieten, nachdem eine Kontrollbehörde Zweifel an dem Produkt geäußert hatte. Bei der betreffenden Pflanze, MON 810, handelt es sich um eine von dem US-Biotech-Riesen Monsanto entwickelte Maissorte. Das Genom des Stammes wurde so verändert, dass es ein Gen enthält, das ein Toxin produziert, welches die Pflanze gegen den Maiszünsler schützt, der regelmäßig Maisernten in ganz Europa zerstört. Die Entscheidung wurde getroffen, nachdem die französische vorläufige Hohe Behörde zu GVO die Schlussfolgerungen ihrer Studie zu den Auswirkungen von MON 810 auf die Gesundheit und die Umwelt vorgestellt hatte. Der aus 15 wissenschaftlichen Experten bestehende Ausschuss hat nach seiner Entdeckung "neuer wissenschaftlicher Fakten in Bezug auf negative Auswirkungen auf Flora und Fauna" "ernsthafte Bedenken" hinsichtlich genetisch veränderter Agrarprodukte geäußert. Diese "neuen wissenschaftlichen Fakten" betrafen unter anderem die Kreuzbestäubung von Feldern mit genetisch verändertem und Feldern mit nicht genetisch verändertem Saatgut auf lokaler Ebene und negative Auswirkungen auf Insekten, eine Regenwurmart und Mikroorganismen. Am darauf folgenden Tag äußerten jedoch zwölf der 15 Wissenschaftler der Hohen Behörde Einwände gegen die Schlussfolgerungen der Behörde und sagten, sie hätten zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte für ernsthafte Bedenken oder negative Folgen in Bezug auf genetisch veränderte Agrarprodukte gefunden, und kritisierten somit den Wortlaut der Schlussfolgerungen. Nach EU-Recht hat die Kommission 60 Tage Zeit, um über die Gültigkeit der von dem französischen Ausschuss zu GVO entdeckten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu entscheiden. Falls die Kommission die vorgelegten Erkenntnisse nicht für zutreffend hält, kann sie das Land zwingen, sein Verbot aufzuheben, es sei denn, im Ministerrat wird eine qualifizierte Mehrheit gegen eine solche Entscheidung erreicht. Österreich, Deutschland und Polen haben sich zuvor erfolglos auf die Schutzklausel berufen, da die Kommission ihre Anträge zu keinem Zeitpunkt bestätigt hat. Außerdem konnten die Umweltminister der EU wiederholt keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Vorschläge der Kommission zur Aufhebung der nationalen Verbote erzielen. Im Oktober 2007 sagte der portugiesische Umweltminister Francisco Nunes Correia, die Mehrheit der Mitgliedstaaten lehne es ab, dass die Kommission sie zur Aufhebung solcher Verbote zwinge. Er fügte hinzu: "Der Kommissionsvorschlag setzt sich immer noch gegen den ausdrücklichen Willen eines Mitgliedstaates durch und das ist etwas, über das wir nachdenken sollten." Als nächstes werden alle Kommissare Anfang Februar 2008 über GVO debattieren, um den politischen Standpunkt der EU zu diesem Thema zu klären.
Länder
Spanien, Frankreich