Start frei für Europas ersten Versorgungstransporter
Europas größter Beitrag zur Weltraumtechnologie, das Automatische Transferfahrzeug (Automated Transfer Vehicle, ATV) "Jules Verne", wurde erfolgreich in eine niedrige Erdumlaufbahn gebracht. Eine Ariane-5-Trägerrakete hat bei ihrem Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guyana ihre bisher schwerste Nutzlast mitgenommen. In den kommenden Wochen wird das ATV "Jules Verne" auf die Internationale Weltraumstation ISS treffen und an diese andocken, um die Astronauten an Bord mit Treibstoff und Lebensmitteln zu versorgen. Das Raumfahrzeug wurde nach dem berühmten französischen Schriftsteller und Visionär des 19. Jahrhunderts Jules Verne benannt. Es ist gleichzeitig eine frei fliegende autonome Plattform, ein manövrierbares Raumschiff und Raumstationsmodul. Es hat eine Höhe von rund 10 Metern und einen Durchmesser von 4,5 Metern. Beim Start wog es genau 19.357 Tonnen. Das ATV ist ein unbemannter Raumtransporter, der mit hochpräzisen Navigationssystemen und einer Flugsoftware ausgestattet ist, die wesentlich komplexer ist, als etwa die auf der Ariane-5. Das Raumfahrzeug wurde so konzipiert, dass auch nach Beendigung der amerikanischen Shuttle-Flüge im Jahr 2010 die Versorgungsflüge zur ISS aufrechterhalten werden können. Das ATV ist mit einem in Russland entwickelten Kopplungssystem ausgestattet, das dem der bemannten Sojuskapseln und der Progress-Versorgungsfahrzeuge ähnelt. An Größe und Frachtkapazität übertrifft das ATV die russischen Raumfahrzeuge jedoch um das Dreifache. Die Entwicklung des ATV begann 1998 und es stellt den Beitrag der Europäischen Weltraumorganisationen (ESA) an den Betriebskosten der ISS dar. Auf seiner ersten Mission wird "Jules Verne" 4,6 Tonnen Nutzland zur ISS bringen, unter anderem Sauerstoff, Treibstoff, Lebensmittel, Wasser und Kleidung für die drei Astronauten der ISS-Crew. Etwa die Hälfte der Nutzlast an Bord des Raumfahrzeugs entfällt auf Treibstoff, mit dem das Antriebssystem des ATV in regelmäßigen Abständen die Bahn der ISS anhebt. Nachdem das ATV sicher angedockt hat, kann die Crew der ISS das Modul betreten und auf die Fracht zugreifen. "Jules Verne" wird sechs Monate lang angedockt bleiben und in dieser Zeit mit dem Abfall der ISS beladen. Nach Beendigung seiner Mission wird das Raumfahrzeug wieder auf die Erde zufliegen, wo es in einem kontrollierten Manöver in der Erdatmosphäre verglühen wird. Außer "Jules Verne" hat die ESA bereits Industrieverträge für vier weitere bis 2015 zu startende ATV vergeben. Mit den ATV der ESA und den russischen Progress-Versorgungsfahrzeugen wird die ISS über zwei voneinander unabhängige Versorgungssysteme verfügen, um den ISS-Betrieb auch nach Beendigung der amerikanischen Shuttle-Flüge im Jahr 2010 hinaus sicherzustellen. Das japanische HTV (H-II Transferfahrzeug) wird 2009 seine Arbeit aufnehmen und damit die Zuverlässigkeit der Systeme insgesamt gewährleisten. "Nachdem Europa letzten Monat mit der Montage von Columbus sozusagen seine eigene Wohnung in der ISS beziehen konnte, haben wir mit dem Start des ersten ATV nun auch den dazugehörigen Versorgungslaster. Wir sind jetzt nicht nur Miteigentümer der ISS, sondern auch vollwertige Partner beim Betrieb der Raumstation, die das ATV durch Frachtlieferungen und Anhebung der Bahnhöhe unterstützen wird", so Daniel Sacotte, ESA-Direktor für Bemannte Raumfahrt, Schwerelosigkeitsforschung und Exploration. "Der Start der 'Jules Verne' an Bord einer Ariane-5 ES ist ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg der ESA, sich als unverzichtbarer Partner für die ISS zu etablieren", betonte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. Die erfolgreiche Entwicklung des ATV ist der engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der europäischen Industrie, Arianespace, der französischen Weltraumorganisation (CNES), der ESA und den internationalen Partnern zu verdanken.