EU-Studie beleuchtet Biokunststoff-Produktion
Wissenschaftler in Deutschland und den USA haben mithilfe einer EU-Finanzierung wichtige Einblicke in den Stoffwechseln von Bakterien gewonnen, die unser Verständnis davon erweitern, wie diese Mikroben in der Biokunststoff-Produktion genutzt werden können. Die Forscher berechneten mithilfe von Computermodellen die genetischen Veränderungen, die notwendig sind, um die Produktion von Biokunststoffen in dem Bakterium Pseudomonas putida zu erhöhen. Experimente im Labor bestätigten anschließend die Ergebnisse. Die Ergebnisse, die Implikationen für die medizinische Biotechnologie haben, wurden in dem Fachmagazin PLoS Computational Biology veröffentlicht. Gefördert wurde die Studie als Teil der Projekte Marine Genomics und PROBACTYS unter dem Sechsten Rahmenprogramm der EU. In der Studie heißt es: "Die Verwendung von Mikroorganismen für die effiziente Produktion von Chemikalien und den Abbau von schädlichen Abfällen ist ein Meilenstein in der Biotechnologie." P. putida hat einen flexiblen Stoffwechsel, der es ihm ermöglicht, in unterschiedlichen Lebensräumen zu leben. Außerdem produziert er Chemikalien und pharmazeutische Produkte und baut Abfälle und Giftstoffe ab. In der aktuellen Studie wurde P. putida wegen seiner "metabolischen Vielseitigkeit, seiner Stressresistenz, seiner Ansprechbarkeit auf genetische Veränderungen und seines großen Potenzials für umwelt- und industrietechnische Anwendungen" verwendet. Stämme von P. putida werden bei der Produktion einer Reihe von Chemikalien und anderen Prozessen genutzt. Allerdings stecken die meisten Anwendungen auf Basis von Pseudomonaden immer noch in den Kinderschuhen, weil man über die Beziehungen zwischen ihren Genotypen (intern kodierte, vererbbare Informationen) und Phänotypen (körperliche Erscheinung dieser Informationen) nicht genügend weiß. "Wenn man das Genom eines Organismus sequenziert, weiß man häufig nicht, was die einzelnen Gene bedeuten und wie ihr Zusammenspiel funktioniert", erklärte Dr. Martins dos Santos vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Deutschland. Jacek Puchalka von HZI und seine Kollegen entwickelten im großen Maßstab ein mathematisches Modell des Stoffwechsels in P. putida, um dessen Wachstum und Stoffwechsel besser verstehen zu können. Ihr Modell stellt ein Netzwerk der einzelnen Gene und der bekannten Stoffwechselprozesse in dem Bakterium dar. "Das Ganze ähnelt einer Landkarte mit Städten und Autobahnen", erklärte Puchalka. "Auf manchen Straßen ist viel Verkehr, andere dagegen sind ganz ruhig. Manche Straßen sind gesperrt und dann gibt es Umleitungen. Genauso verhalten sich die Stoffwechselwege in P. putida." Die Wissenschaftler überprüften daraufhin ihr Modell mithilfe der Ermittlung der Kohlenstoff-Spur und anderen Laborexperimenten und erweiterten es, um Schlüsseleigenschaften des Stoffwechsels der Mikrobe zu identifizieren. Das Modell bewies sich als robust genug, um die Folgen von Veränderungen in P. putida vorauszusagen. Weil Bakterien ihre Stoffwechselwege umleiten können, wenn durch Mutationen diese Wege gestört sind, benutzten die Forscher das Modell, um zu sehen, was passiert, wenn sie bestimmte Stoffwechselwege in P. putida verändern. Mithilfe des Modells hat man sich Strategien zur Gestaltung des Stoffwechsels ausgedacht, um die Produktion von Polyhydroxyfettsäuren zu verbessern, einer Klasse von Verbindungen, die in der Biotechnologie verwendet werden. Insbesondere wollten sie die Ausbeute von PHB (Polyhydroxybuttersäure) erhöhen, einem wichtigen Biokunststoff, dessen Herstellung derzeit langwierig und teuer ist. Mithilfe des Modells konnten die Forscher bestimmen, welche Wege in P. putida verändert sein müssen, um die Ausbeute von PHB zu erhöhen. Im Fazit der Studie heißt es: "Das sorgfältig überprüfte Modell liefert wertvolle Einblicke in die Beziehungen zwischen Genotyp und Phänotyp und bietet einen stabilen Rahmen für die Erforschung dieses vielseitigen Bakteriums sowie für die Ausschöpfung seines enormen biotechnologischen Potenzials." "In Zukunft wird es möglich sein, Biokunststoffe in großen Mengen günstig herzustellen", sagte Puchalka. "Und wenn wir unseren Teil dazu beigetragen haben, dann freut uns das besonders."
Länder
Deutschland, Vereinigte Staaten