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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Dreijährige wissen ganz genau, wo es lang geht

Hunde und zweijährige Kleinkinder, die in einem vergleichbaren sozialen Umfeld leben, reagieren auf Zeigegesten Erwachsener in ähnlicher Weise. Dies haben EU-finanzierte Forscher in Ungarn herausgefunden. Dreijährige Kinder sind andererseits durchaus in der Lage, eine breitere...

Hunde und zweijährige Kleinkinder, die in einem vergleichbaren sozialen Umfeld leben, reagieren auf Zeigegesten Erwachsener in ähnlicher Weise. Dies haben EU-finanzierte Forscher in Ungarn herausgefunden. Dreijährige Kinder sind andererseits durchaus in der Lage, eine breitere Palette von Zeigegesten zu interpretieren und schlagen die Richtung ein, in die der Zeigefinger zeigt, um ein verstecktes Objekt zu finden. Die in der Fachzeitschrift Animal Cognition veröffentlichten Erkenntnisse sind ein Ergebnis des Projekts "Origins of referential communication" (Ursprung der referentiellen Kommunikation), das im Rahmen des Themenbereichs "Neue und aufkommende wissenschaftliche und technologische Entwicklungen" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wurde. Bisherige Forschungsarbeiten hatten gezeigt, dass domestizierte Hunde eine Reihe menschlicher Kommunikationssignale deuten können, unter anderem Blicke und Kopfbewegungen. Wenn auch Hunde kein komplexes linguistisches Training wie Menschenkinder durchlaufen, so sprechen ihre Besitzer doch meistens in einer bemutternden Form oder in einer Art Babysprache mit ihnen. Sie können außerdem eine Deutung bestimmter menschlicher Signale lernen, die immer wieder zu einer Belohnung führt. Kinder wiederum erhalten von ihrer Familie und anderen Betreuern eine umfangreiche sprachliche Ausbildung und erlernen die Zeigegeste (mit dem Zeigefinger) ungefähr im Alter von 14 Monaten selbst. Bis dahin starren die Kinder jedoch oft auf den Zeigefinger selbst, anstatt auf den entfernten Punkt zu schauen, den der Erwachsene zeigt. Zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag verändert sich die Fähigkeit der Kinder zur Kommunikation sowohl verbal als auch mithilfe von Gesten unglaublich schnell. In der aktuellen Studie betrachteten Professorin Gabriella Lakatos von der Eötvös Universität in Budapest, Ungarn, und ihr Team etwas genauer, wie Kinder im Alter von zwei und drei Jahren und auch Hunde wohl auf eine Reihe von Zeigegesten reagieren würden. Sie konzentrierten sich ganz besonders auf die Fähigkeit jeder Gruppe, nicht vertraute Zeigegesten auf der Grundlage eines allgemeinen Verständnisses des Zeigens zu deuten. Die Forscher führten zwei Untersuchungen durch: eine zu Zeigegesten mit dem Arm und in einer anderen wurde mit dem Bein gezeigt. Die 15 Hunde und 12 Zweijährigen zeigten ihr Können bei sich zu Hause, um keinen Stress durch eine unbekannte Umgebung zu verursachen, während die 11 Dreijährigen in ihrem Kindergarten getestet wurden. Bei beiden Untersuchungen wurden zwei Blumentöpfe ungefähr einen Meter voneinander entfernt platziert und in einem von ihnen wurde eine Belohnung (ein Snack oder ein Lieblingsspielzeug) versteckt. Dann verwendeten die Forscher eine von vier Gesten, um auf den Topf mit der Belohnung zu deuten. Die Zweijährigen und die Hunde reagierten auf weniger Gesten als die Dreijährigen richtig, aber reagierten immer folgerichtig auf die Richtung eines hervortretenden Körperteils. Dreijährige Kinder reagierten erfolgreich auf die Richtung des den Hinweis gebenden Zeigefingers. Wenn also die Person mit einem vor der Brust liegenden Arm dastand, wobei der Ellenbogen nach links vorstand und der Finger aber nach rechts zeigte, folgten die Dreijährigen dem Finger, während die Zweijährigen und die Hunde dem Ellenbogen folgten. Bei den Gesten mit dem Bein war erneut das Antwortverhalten der Dreijährigen bei allen vier Gesten korrekt, auch wenn nur mit dem Knie gezeigt wurde, wobei die zwei Jahre alten Kinder und die Hunde lediglich auf die Zeigegesten mit dem Fuß richtig reagierten. Die Autoren sind der Ansicht, dass die Ergebnisse der Untersuchung zum Zeigen mit dem Bein darauf hinweisen, dass die Versuchsteilnehmer in der Lage waren, ihre bisherigen Erfahrungen zu einer relativ neuen Richtungsgeste zu verallgemeinern. In der Entwicklungsphase vom Zwei- zum Dreijährigen finden nach Angaben der Forscher "deutliche Veränderungen in deren Fähigkeit zur Nutzung visueller kommunikativer Signale statt." Außerdem gäbe es Unterschiede in der Fähigkeit der zwei Altersgruppen, mit Erwachsenen zu kooperieren, was ganz sicher einen Einfluss auf das Verständnis der Kleinkinder für Gesten hat. Überdies nehmen die Autoren an, dass Interaktionen während des Lernens der Sprache "Kindern das Verständnis dafür erleichtern, dass der Zeigefinger die sehr wichtige Rolle des Zeigens von interessanten Objekten auch über große Entfernungen hat." Der Mangel an Sprachtraining bei den Hunden könnte ihrer Meinung nach auch erklären, warum die Versuchshunde diese Hürde nicht überwinden konnten. "Die Reaktionen der Versuchsteilnehmer auf die Variationen an Zeigegesten deuten darauf hin, dass sowohl Hunde als auch Kinder (beider Altersgruppen) über die Fähigkeit zur Anwendung von Regeln verfügen, um die Zeigegeste zu anderen Arten von Gesten zu verallgemeinern", schließt die Studie. "Die Dreijährigen erkennen den Zeigefinger scheinbar als ein allgemeines Richtungssignal. Bei jüngeren Kindern sind die hervorstehenden Körperteile ausschlaggebend, um die Richtung ableiten zu können. Zumindest auf funktionaler Ebene zeigen die Hunde eine ähnliche Leistung wie die zweijährigen Kinder, was sich auf Parallelen in ihrer Entwicklungsgeschichte und ihrer Sozialisierung in einer menschlichen Umgebung zurückführen lässt.

Länder

Ungarn

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