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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Aussicht auf Belohnung und Dopamin beeinflussen Lernerfolg beim Tastsinn

Forscher aus Deutschland, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich konnten einen Zusammenhang zwischen Dopaminspiegel und sensorischem Lernen mit "Belohnungseffekt" bei Erwachsenen bestätigen. Die im Fachjournal PLoS (Public Library of Science) Biology veröffentlichten Erken...

Forscher aus Deutschland, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich konnten einen Zusammenhang zwischen Dopaminspiegel und sensorischem Lernen mit "Belohnungseffekt" bei Erwachsenen bestätigen. Die im Fachjournal PLoS (Public Library of Science) Biology veröffentlichten Erkenntnisse verbessern die Möglichkeiten des Einsatzes von Dopaminpräparaten zusammen mit durch Belohnung unterstütztem Training zur Behandlung von Patienten mit Ausfallerscheinungen bei sensorischen Prozessen, wie sie etwa bei Schlaganfallopfern auftreten. Vorhergehende Studien wiesen bereits nach, dass die Aussicht auf eine Belohnung den Lernerfolg und die Entscheidungsfindung verbessert. Jüngst richtete man nun die Aufmerksamkeit auf die Frage, ob Belohnungen nur die höheren kognitiven Prozesse oder auch die grundlegende sensorische Entscheidungsfindung beim Menschen beeinflussen. In der aktuellen Studie untersuchte ein von Dr. Burkhard Pleger geleitetes Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Deutschland und des University College London im Vereinigten Königreich, ob der Belohnungseffekt auf die sensorische Verarbeitung durch Dopamin beeinflusst werden kann. Führt eine Entscheidung zum Erfolg, wird der Belohnungsreiz dann an das Areal des Gehirns weitergeleitet, das für die Entscheidung zuständig war. Auf diese Weise optimiert das Hirn seine Abläufe bei der betreffenden Aufgabe. "Unklar war bis jetzt, ob dieser Mechanismus auch für Funktionen des somatosensorischen Kortex gilt, der etwa die Berührungsempfindungen der Haut verarbeitet", erklärt Dr. Pleger. Den Forschern standen dreißig Probanden für eine Reihe von Versuchen zur Verfügung, bei denen geringe elektrische Spannungen unterschiedlicher Frequenz an die Zeigefinger angelegt wurden. Die Teilnehmer sollten dann jeweils für einen Zeigefinger entscheiden, ob die erste oder die zweite Spannung die höhere Frequenz hatte. Lagen sie damit richtig, wurde auf einem Bildschirm eine finanzielle Belohnung eingeblendet, die bei verschiedenen Versuchsgruppen unterschiedlich ausfiel. Gleichzeitig wurden die Probanden mittels funktioneller Magnetresonanzbildgebung (fMRI) untersucht, um festzustellen, welche Bereiche des Gehirns aktiviert wurden. Nach einem Probelauf (ohne Belohnung) wurden die Probanden in drei Gruppen mit zehn Teilnehmern unterteilt. Diesen wurde Levodopa (ein den Dopaminspiegel anhebendes Medikament), Haloperidol (ein Dopaminsuppressor) oder ein Placebo verabreicht, bevor sie das vollständige Versuchsprotokoll durchliefen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Versuchspersonen mit durch Levodopa erhöhtem Dopaminspiegel machten im Lauf der Versuche beträchtliche Fortschritte, während die Mitglieder der Placebogruppe eine leichte Verbesserung zeigten. Bei den Teilnehmern, die unter dem Einfluss des Dopaminhemmers Haloperidol standen, war keine verbesserte Entscheidungsfindung zu verzeichnen. Auch die Größe der Belohnung hatte einen Einfluss auf die Genauigkeit der Entscheidungsfindung bei den Probanden. "Es zeigte sich, dass der Belohnungseffekt, neben der bekannten Wirkung auf höhere kognitive Vorgänge, auch auf somatosensorische Prozesse Einfluss hat", sagt Dr. Pleger. "Er fällt dabei um so stärker aus, je höher die Belohnung ist." Eine wichtige Beobachtung des Teams: Nach Erhalt einer höheren Belohnung bei einem Versuch wurden beim nächsten Versuch die sensorischen Aktivierungen und Entscheidungen verbessert. Dies legt nahe, dass durch die Belohnung eine Art von Lernsignal bereitgestellt wird, das dem für die Aufgabe relevanten Teil des Gehirns zugeführt wird. Die Analyse der fMRI-Daten zeigte, dass wichtige Signale in zwei mit Belohnungen zusammenhängenden Schlüsselregionen bei der Freigabe der Belohnung auf eine Weise aktiviert wurden, die vom Dopaminspiegel abhängig war. Darüber hinaus konnten die Forscher dopaminabhängige Aktivierungen beobachten, die aus dem primären somatosensorischen Kortex (PSC) herstammten. Diese Beobachtungen bestätigten die Hypothese, dass das Verhalten beeinflussende und neuronale Effekte der Belohnung auf die sensorische Entscheidungsfindung stark durch die Verfügbarkeit von Dopamin moduliert werden. "Offenbar wird die Interaktion zwischen den Regionen des Belohnungssystems und dem somatosensorischen Kortex über den Botenstoff Dopamin vermittelt", erläutert Dr. Pleger. Diese Entdeckung eröffnet interessante Anwendungsmöglichkeiten für die Medizin. Dopamin steht mit mehreren kognitiven Funktionen wie der Gedächtnisbildung, dem verstärkten Lernen und der Informationsverarbeitung im Zusammenhang. Die aktuellen Ergebnisse zeigen ein denkbares Potenzial des Botenstoffs als "Lernverstärker". Dr. Pleger weist jedoch darauf hin, dass Dopamin in bestimmten Mengen auch Psychosen zur Folge haben kann. "Ein übermäßig erhöhter Dopaminspiegel im Hirn wurde schon als Ursache für psychische Störungen wie Schizophrenie identifiziert", warnt Pleger. "Zu viel ist also nicht nur nicht gut, sondern könnte sogar gefährlich sein." Die Forscher sind zuversichtlich, dass ihre Erkenntnisse zu neuen Ansätzen bei der Behandlung von Hirnverletzungen führen könnten. Die Studie kommt zu dem Schluss: "Diese Ergebnisse ergeben die verlockende neue Chance, dass Belohnungsmanipulationen in Verbindung mit dopaminergen Medikamenten eingesetzt werden könnten, um pathologisch mangelhafte oder ausgefallene sensorische Prozesse zu verbessern - ganz analog dazu, wie Belohnungen bereits zur Veränderung oder Korrektur des Verhaltens genutzt werden können."

Länder

Schweiz, Deutschland, Vereinigtes Königreich

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