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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Pandemisches Schweinegrippevirus dringt tief in die Lunge vor, zeigt europäische Studie

Bei welcher Art von Grippe werden Zellen tief in der Lunge angegriffen: bei Schweinegrippe oder der saisonalen Grippe? EU-finanzierten Forschern zufolge ist das pandemische Schweinegrippevirus hier weit besser im Rennen. Die im Fachblatt Nature Biotechnology veröffentlichten E...

Bei welcher Art von Grippe werden Zellen tief in der Lunge angegriffen: bei Schweinegrippe oder der saisonalen Grippe? EU-finanzierten Forschern zufolge ist das pandemische Schweinegrippevirus hier weit besser im Rennen. Die im Fachblatt Nature Biotechnology veröffentlichten Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Symptome beim Menschen schwerer sind, wenn es sich um die pandemische Schweinegrippe vom Typ H1N1 handelt als um den Erreger der saisonalen Grippe vom Typ H1N1. Entscheidend ist hierbei, auf welche Weise das Schweinegrippevirus an spezifische Rezeptoren von Körperzellen bindet. Die Studie wurde teilweise durch die Projekte FLUPATH (Avian influenza: impact of virus-host interactions on pathogenesis and ecology) und FLUINNATE (Innate immunity in influenza virus infection of mammalian airways) im Rahmen der Aktivität "Unterstützungsmaßnahmen und Planung" des Sechsten Rahmenprogramms der EU (RP6) finanziert. Dabei wurde FLUPATH mit 1,92 Millionen EUR und FLUINNATE mit 1,44 Millionen EUR gefördert. Die jüngste, vom Imperial College London, Vereinigtes Königreich, geleitete Studie appelliert an die Wissenschaftler, derzeitige pandemische H1N1-Virenstämme genau zu überwachen, um Veränderungen beim Infektionsprozess von Zellen aufzuspüren, da dies schwerere Infektionen auslösen könnte. Wie werden Zellen infiziert? Die Forscher beschreiben, wie sich das Grippevirus an Proteinmoleküle auf der Zelloberfläche anheftet. Diese Moleküle, so genannte Rezeptoren, sind entweder in die Plasmamembran oder das Zytoplasma einer Zelle eingebettet. Dabei bindet jedes Virus an einen spezifischen Rezeptor. Findet ein Virus seinen jeweiligen Rezeptor nicht, kann es auch nicht in die Zelle eindringen. Hat das Virus jedoch erfolgreich angedockt, funktioniert es die Zellmaschinerie so um, dass die Zelle nur noch Virenbestandteile herstellt. Die neu entstandenen Viren verlassen dann die Zelle und infizieren neue Zellen. Das Ergebnis: der Mensch wird krank. Die Forscher aus Deutschland, Japan, Portugal, Spanien und dem Vereinigten Königreich erklärten, dass saisonale Grippeviren sich an Rezeptoren auf der Nasenschleimhaut, im Rachen und den oberen Atemwegen heften. Einmal dort angekommen, können sie in die Lunge des Infizierten vordringen. Im Gegensatz zum saisonalen Grippeerreger dringt das pandemische Schweinegrippevirus sehr tief in die Lunge vor und verursacht dort komplexere Entzündungen. Aus 86 verschiedenen, auf einer Petrischale gebundenen Rezeptoren gelang es den Forschern, die spezifischen Rezeptoren zu identifizierten, an die die Viren binden. Sie zeigten in ihrer Studie, dass das pandemische H1N1-Virus stark an so genannte alpha2-6-Rezeptoren auf der Schleimhaut in Nase, Rachen und den oberen Atemwegen sowie an alpha2-3-Rezeptoren tief unten in der Lunge bindet. Das saisonale H1N1-Virus bindet ausschließlich an alpha2-6-Rezeptoren. "Zwar ruft die Schweinegrippe derzeit bei den meisten Menschen nur relativ milde Symptome hervor", erklärte Professor Ten Feizi vom Glycosciences Laboratory am Imperial College London. "Einige Patienten haben jedoch eine schwere Lungenentzündung davon bekommen, die gefährlicher war als bei einer saisonalen Grippe. Unsere neue Studie zeigt, dass das Virus hierzu vor allem an Rezeptoren von Zellen tief unten in der Lunge bindet. Das können saisonale Grippeerreger nicht." Die Untersuchungen ergaben, dass das pandemische H1N1-Virus schwächer an Rezeptoren im unteren Teil der Lunge als an Rezeptoren in den oberen Atemwegen bindet und viele Menschen deshalb nur schwache Symptome ausgebildet haben. Allerdings befürchten die Wissenschaftler nun, dass das Virus mutiert, um sich stärker an die Rezeptoren in der Lunge heften zu können. "Eine solche Mutation könnte dazu führen, dass das Virus stärker an die Rezeptoren tief unten in der Lunge bindet und auf diese Weise häufiger Komplikationen verursacht", kommentierte Professor Feizi. "Wissenschaftler sollten diese Veränderungen beim Virus scharf im Auge behalten, um mögliche Auswirkungen zu minimieren." "Wie stark ein Virus Zellen infizieren und sich dort vermehren kann, hängt immer von der jeweiligen Rezeptorbindung ab", betont Professor Feizi. "Unsere neue Studie trägt dazu bei, das Verhalten des pandemischen Schweinegrippevirus H1N1 in der derzeitigen Grippewelle besser zu verstehen und zeigt gefährliche Veränderungen auf, vor denen wir auf der Hut sein sollten."

Länder

Deutschland, Spanien, Japan, Portugal, Vereinigtes Königreich

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