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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Neue RNAi-Technologie im Kampf gegen Grippe

Europäische Forscher identifizierten 287 menschliche Gene, mit deren Hilfe Grippeviren den Körper infizieren. Relevant ist dabei die Tatsache, dass viele dieser Gene für unterschiedliche Grippevirenstämme gleich bedeutsam sind. In ihrem Artikel im Fachblatt Nature gehen die Fo...

Europäische Forscher identifizierten 287 menschliche Gene, mit deren Hilfe Grippeviren den Körper infizieren. Relevant ist dabei die Tatsache, dass viele dieser Gene für unterschiedliche Grippevirenstämme gleich bedeutsam sind. In ihrem Artikel im Fachblatt Nature gehen die Forscher davon aus, dass Wirkstoffe, die diese Wirtszellfaktoren blockieren, das Virus in seiner Resistenzentwicklung hemmen könnten. Die EU unterstützte die Studie durch das Projekt RIGHT (RNA interference technology as human therapeutic tool), das unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wurde, sowie das ERA-NET PATHOGENOMICS (Trans-European cooperation and coordination of genome sequencing and functional genomics of human-pathogenic microorganisms), das unter der Haushaltslinie "Unterstützung der Koordinierung von Aktivitäten" (ebenfalls RP6) gefördert wurde. Obwohl auch das Grippevirus selbst Gene besitzt, ist es für seine Vermehrung auf Proteine seines Wirts angewiesen und ist gezwungen, dessen Gene umzufunktionieren. Das menschliche Genom verfügt über ungefähr 24.000 Gene. In der vorliegenden Studie sollte untersucht werden, welche Gene das Grippevirus im Verlauf einer Infektion nutzt. Mit einer speziellen Technologie, der so genannten RNA-Interferenz, auch RNAi (RNA - Ribonukleinsäure), schalteten die Forscher systematisch jedes einzelne Gen einer menschlichen Zelle aus. Anschließend wurden die Zellen mit verschiedenen Influenzavirenstämmen infiziert um festzustellen, wie sich die Blockade jedes Gens auf die verbliebene Vermehrungsfähigkeit der Viren auswirkt. Anhand dieser Vorgehensweise spürten die Forscher insgesamt 287 Wirtszellfaktoren auf, die an der Virusvermehrung beteiligt sind. Viele der identifizierten Proteine sind für unterschiedliche Influenzaviren gleichermaßen bedeutsam, darunter das normale Grippevirus H1N1, das neue pandemische H1N1-Virus (Schweinegrippe) sowie das hochgefährliche Vogelgrippevirus (H5N1). Brisant bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamente ist bekanntermaßen die schnelle Wandlungs- und Resistenzfähigkeit von Viren. Da so viele Grippevirenstämme von einer Vielzahl der identifizierten Gene abhängig sind, setzen die Forscher ihre Hoffnungen nun auf Medikamente, die die Proteinherstellung in diesen Genen hemmen und dadurch die Resistenzfähigkeit des Virus schwächen. Diese neu entdeckten Gene werden nun näher analysiert. Ziel ist die Entwicklung von Medikamenten, die diese Wirtszellfaktoren blockieren, ohne nennenswerte Nebenwirkungen hervorzurufen. Die Forscher gehen davon aus, dass diese neuartigen Wirkstoffe kaum zu einer Resistenzentwicklung der Viren führen und sich auch gegen bisher unbekannte Influenzasubtypen als wirksam erweisen. Momentan untersuchen die Forscher, ob sich die RNA-Interferenz-Technologie neben der Charakterisierung infektionsrelevanter Genfunktionen des Menschen auch zur Grippetherapie selbst eignet. Die Erforschung des therapeutischen Potenzials der RNAi ist eines der Hauptziele des EU-finanzierten Projekts RIGHT. Zu diesem Zweck hält das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Deutschland als Forschungskoordinator bereits Kontakt mit verschiedenen Pharmafirmen. "In der Zukunft wird die Strategie, menschliche Genfunktionen zu bestimmten Zeiten gezielt abzuschalten, eine wichtige Rolle auch bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten einnehmen - neben dem Einsatz von Antibiotika und Impfstoffen," sagt Professor Thomas Meyer vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und Leiter der RIGHT-Forschungsgruppe. "Zwar erscheint uns das Ausschalten menschlicher Genfunktionen auf den ersten Blick als problematisch, aber es handelt sich um genau dasselbe therapeutische Prinzip, das wir seit Jahrzehnten zur medikamentösen Behandlung sonstiger Erkrankungen von Krebs bis hin zu lästigen Kopfschmerzen erfolgreich heranziehen. Also warum nicht auch für die Therapie von Infektionskrankheiten?"

Länder

Deutschland

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