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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Wählerische Zellen könnten den Weg zu genaueren Wirkstoffen weisen

EU-finanzierte Forscher haben mithilfe modernster Screening-Tests über 4.000 Gene identifiziert, die an der Endozytose, dem Prozess, bei dem Zellen Stoffe aus der Außenwelt aufnehmen, beteiligt sind. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse könnten zur E...

EU-finanzierte Forscher haben mithilfe modernster Screening-Tests über 4.000 Gene identifiziert, die an der Endozytose, dem Prozess, bei dem Zellen Stoffe aus der Außenwelt aufnehmen, beteiligt sind. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten und diagnostischer Tests für eine Vielzahl von Krankheiten führen. Die EU-Förderung für die Studie stammt aus dem Projekt ENDOTRACK ("Tracking the endocytic routes of polypeptide growth factor receptor complexes and their modulatory role on signalling"), das 11 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) erhalten hatte. Zellen haben zwar keinen Mund, müssen aber trotzdem Stoffe aus der Außenwelt aufnehmen. Dies tun sie durch Endozytose, indem sie winzige Bläschen von ihrer Zellmembran abschnüren. Diese Vesikel - auch Endosomen genannt - transportieren dann die aufgenommenen Stoffe zu dem entsprechenden Teil der Zelle. Die Endozytose ist an vielen lebenswichtigen Abläufen beteiligt, unter anderem an der Nährstoffaufnahme, an der Signalübermittlung zwischen den Zellen, an der Entwicklung und der Immunabwehr (Immunzellen "schlucken" Krankheitserreger und bauen sie in Endosomen ab). Störungen der Endozytose wurden mit einer Reihe von Krankheiten wie zum Beispiel Infektionen, Herzkreislaufkrankheiten, Krebs, Morbus Huntington, Alzheimer und Diabetes in Verbindung gebracht. Leider gibt es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Mechanismen der Endozytose. Beispielsweise wissen wir noch nicht, wie Signalmoleküle zum richtigen Ziel innerhalb der Zelle gelangen und ihre Informationen übermitteln. Auch ist die Art und Weise, wie die Endozytose in das Gesamtsystem der Zelle integriert wird, weiterhin unbekannt. Für diese Studie griffen Wissenschaftler aus Deutschland und Russland auf verschiedene moderne Verfahren zurück, um die Rolle jedes einzelnen menschlichen Gens zu untersuchen und so seine Rolle (wenn es denn eine spielt) an der Endozytose zu bestimmen. "Wir haben eine komplett neue Strategie entwickelt, die viele Komponenten zu einem großen Analysesystem verbindet: ein RNAi-Screen [RNA-Interferenz], automatische, hoch aufgelöste Mikroskopie, eine quantitative Bildanalyse nach mehreren Parametern - und Rechenpower", erklärte Dr. Marino Zerial, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik. Zunächst blockierten sie nacheinander jedes der rund 24.000 menschlichen Gene. Als nächstes markierten sie zwei Proteine, die von den untersuchten Zellen in Vesikel aufgenommen werden, mit Fluoreszenzfarbstoffen. Diese Farbstoffe machten die so entstehenden Endosomen für hochauflösende Mikroskopie und eine Bildanalyse-Software sichtbar. Bei den Experimenten wurden 2,5 Millionen Bilder angehäuft, und jedes davon musste auf 62 Parameter hin untersucht werden, die unterschiedliche Aspekte der Endozytose abdeckten. Für diese Aufgabe nutzte die Forschungsgruppe einen Supercomputer des Zentrums für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen (ZIH) an der Technischen Universität in Dresden, Deutschland. In der Studie konnten mehr als 4.000 Gene bestimmt werden, die entweder direkt oder indirekt an der Endozytose beteiligt sind. Eine wichtige Entdeckung zeigte, dass durch den Ausfall bestimmter Gene Vesikel in der Peripherie der Zellen stecken bleiben und nicht ins Zentrum transportiert werden. Zudem werden unterschiedliche Stoffe wie Nährstoffe und Wachstumsfaktoren offenbar von anderen Genen an ihr Ziel dirigiert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Zellen nicht einfach drauf los futtern und mehr oder wenig beliebig Stoffe aufnehmen", sagte Dr. Zerial. "Sie legen vielmehr ganz genau fest, was sie wann in welchen Mengen benötigen und wohin es in der Zelle geschafft werden soll." Darüber hinaus weiß man von vielen der in dieser Studie identifizierten Gene, dass sie eine Rolle an bestimmten Krankheiten spielen. Das bestätigt die Rolle der Endozytose bei diesen Erkrankungen und bietet außerdem neue Ziele für die Arzneimittelentwicklung. Der nächste Schritt wird sein, das Screening-Programm nun an Zellen zu testen, in denen ein bestimmtes Krankheitsbild simuliert wird. Damit wird sich zeigen, welches Potenzial das System für die Entwicklung von Medikamenten hat. Ivan Baines, Director of Services and Facilities am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, erklärte: "Dann werden wir sehen, ob die Technik dabei hilft, neue Therapieansätze zu finden und genau zwischen heilenden und unerwünschten toxischen Wirkungen möglicher Wirkstoffe unterscheiden zu können."

Länder

Deutschland, Russland

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