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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Gefährliche Methanquelle in Ostsibirien

Ein internationales Forscherteam hat alarmierende Neuigkeiten zu vermelden: Der Meeresboden des Arktischen Ozeans, der ungeheure Mengen eingefrorenen Methans enthält, zeigt Anzeichen von Instabilität, was dazu führt, dass auf riesigen Flächen Treibhausgase zu Tage treten. Die ...

Ein internationales Forscherteam hat alarmierende Neuigkeiten zu vermelden: Der Meeresboden des Arktischen Ozeans, der ungeheure Mengen eingefrorenen Methans enthält, zeigt Anzeichen von Instabilität, was dazu führt, dass auf riesigen Flächen Treibhausgase zu Tage treten. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im Fachjournal Science veröffentlicht. Die Forscher aus Russland, Schweden und den USA beobachteten Schlupflöcher im Permafrostboden unter dem Ostsibirischen Schelf, durch die riesige Mengen an Methan in die Atmosphäre entweichen. Schon die Freisetzung auch nur einer geringen Menge des in dem Schelf gespeicherten Methans könnte zu einer weiteren Erwärmung des Klimas führen. "Die Menge von Methan, die derzeit aus dem ostsibirischen Rücken im Polarmeer ausstritt, ist mit der Menge vergleichbar, die sämtliche Ozeane der Welt gemeinsam beitragen", erklärt Hauptautorin Dr. Natalia Shakhova des International Arctic Research Center (IARC) an der University of Alaska Fairbanks in den USA. Sie warnt: "Der Unterwasser-Permafrostboden verliert seine Fähigkeit, undurchlässig zu sein." Und was ist das schlimmere Übel? Kohlendioxid (CO2) oder Methan? Methan gewinnt nach Expertenmeinung diesen Wettbewerb mit links, da es 30-mal stärker als CO2 wirkt. Beginnt der Permafrostboden zu tauen, fangen den Forschern zufolge kohlenstoffhaltige, organische Materialien an sich zu zersetzen und geben langsam Methan frei. Diese austretenden Mengen an Gas sind relativ groß und erscheinen plötzlich und unerwartet. Ein Bereich von mehr als 2 Millionen Quadratkilometer des Meeresbodens unter dem Arktischen Ozean - der ostsibirische Rücken - ist so methanreich, dass er weltweit eine der größten Quellen dieser chemischen Verbindung darstellt. Eine Aufschlüsselung der Ergebnisse der Studie zeigt, dass der ostsibirischen Rücken gegenwärtig jährlich rund 7,7 Millionen Tonnen Methan freisetzt. Diese Menge entspricht der aus allen Weltmeeren der Erde zusammen austretenden Menge. "Wir sind besorgt darüber, dass der unterseeische Permafrostboden bereits deutliche Zeichen von Destabilisierung zeigt", betont Dr. Shakhova. "Und wenn sich das fortsetzt, messen wir das austretende Methan bald nicht mehr nur in Millionen Tonnen." Wie die Wissenschaftler berichten, zeigen geologische Aufzeichnungen der Erde Abweichungen in der atmosphärischen Methankonzentration: etwa 0,3 bis 0,4 ppm (Teile pro Million) während kalter Perioden bis hin zu 0,6 bis 0,7 ppm in Warmzeiten. Die durchschnittlichen Methankonzentrationen in der Arktis liegen derzeit bei rund 1,85 ppm, was einen Rekord innerhalb der letzten 400.000 Jahre darstellt. Noch weitaus beunruhigender ist der Fakt, dass die am Ostsibirischen Schelf gemessenen Konzentrationen sogar noch höher sind. Nach Angaben der Forscher ist das Schelf nur bis zu 50 Meter tief und hat in den kältesten Zeiten des Planeten nie Methan freigesetzt; es gab immer eine zugefrorene arktische Küstenebene. Aber je mehr sich die Erde erwärmte, desto höher stieg der Meeresspiegel an und so wurde das Schelf mit Meerwasser überflutet. Das Meerwasser ist nach Expertenangaben nun 12 bis 15 Grad wärmer als die durchschnittliche Lufttemperatur. "Bisher wurde angenommen, dass kaltes Meereswasser den Permafrostboden unter der Ostsibirischen See gefroren hält", erklärt Dr. Shakhova. "Deshalb hat sich niemand um dieses riesige Gebiet Gedanken gemacht." Bereits frühere Studien in Sibirien richteten die Aufmerksamkeit auf Methan, das von auftauenden terrestrischen Permafrostböden freigesetzt wird. Der Mitautor der Studie, Dr. Igor Semiletov, Gastwissenschaftler des IARC vom Pazifischen Ozeanischen Institut der Abteilung Fernost der Russischen Akademie der Wissenschaften, berichtete in einer früheren Arbeit darüber. So erfuhren die Forscher in den 1990er Jahren, dass die Menge an aus terrestrischen Quellen emittiertem Methan in höheren Breiten zurückgehe. Allerdings entfernte man sich in diesen Studien nicht weit von der Küste. So betrieben Dr. Shakhova und Dr. Semiletov zusammen mit ihren Kollegen von 2003 bis 2008 Forschungen auf See. Bei ihren Untersuchungen mussten sie überall erhöhte Methanwerte feststellen und sie fanden sogar an mehr als 100 Hotspots in Gasblasen an die Meeresoberfläche blubberndes Methan. Das unter dem und im Meereis eingeschlossene Methangas ist also nicht nur im Wasser gelöst, sondern entweicht auch noch in die Atmosphäre. "Gelangt nur ein Prozent des Methans, das vermutlich unter den seichten Gewässern gespeichert ist, in die Atmosphäre, so verändert das die gegenwärtige Belastung durch dieses Treibhausgas um das Drei- bis Vierfache", gibt Dr. Shakhova zu bedenken. "Welche Konsequenzen das für das Klima hätte, lässt sich nur schwer voraussagen."

Länder

Russland, Schweden, Vereinigte Staaten

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