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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Studie liefert Einblicke in die Entwicklung menschlicher Sprachverarbeitung

Die Sprachverarbeitung im Gehirn von Kleinkindern beginnt schon in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Das Alter zwischen vier und sieben Monaten ist einer Studie britischer und deutscher Wissenschaftler zufolge der Zeitraum, in dem Säuglinge anfangen, auf die menschliche Sti...

Die Sprachverarbeitung im Gehirn von Kleinkindern beginnt schon in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Das Alter zwischen vier und sieben Monaten ist einer Studie britischer und deutscher Wissenschaftler zufolge der Zeitraum, in dem Säuglinge anfangen, auf die menschliche Stimme zu reagieren und auf die Gefühle, die sie vermittelt - ähnlich wie bei Erwachsenen. Die Studie wurde jetzt in der Zeitschrift Neuron des Verlags Cell Press veröffentlicht. Die Ergebnisse könnten sich bei der Frühdiagnose von Störungen der neurologischen Entwicklung wie Autismus als nützlich erweisen. Bei autistischen Erwachsenen können die sprachsensitiven Regionen im Temporallappen nicht durch Sprache aktiviert werden, und die Erkennung von Gefühlen in der menschlichen Stimme ist gestört. Um die Entstehung der Sprachverarbeitung zu erhellen, untersuchten die Forscher mithilfe der Nahinfrarotspektroskopie spezifische Regionen des Temporallappens in den Gehirnen von Kleinkindern. Diese kortikalen Regionen sind später für die Verarbeitung gesprochener Sprache wichtig. Die Testpersonen wurden stimmlichen und nicht stimmlichen Lauten ausgesetzt. Die Untersuchung ergab, dass die Gehirne sieben Monate alter Säuglinge genau in derselben Art und Weise auf menschliche Stimmen reagierten wie die Gehirne Erwachsener. Im Alter von vier Monaten konnte jedoch noch keine derartige Reaktion festgestellt werden. Zugleich wurden bei sieben Monate alten Kleinkindern Aktivitäten im rechten Temporallappen registriert, wenn Sprache mit eindeutig emotionalem Charakter (Zorn, Freude) vernommen wurde. Daraus schlossen die Forscher, dass die Sensitivität gegenüber einer emotionalen Sprachmelodie - die die gefühlsmäßige Verfasstheit des Sprechers übermittelt und für soziale Kommunikation unabdingbar ist - bereits auch in diesem frühen Alter entwickelt ist. Während bekannt ist, dass bereits Neugeborene auf prosodische Hinweise reagieren, haben frühere Untersuchungen gezeigt, dass Kleinkinder erst ab einem Alter von fünf Monaten in der Lage sind, in einer Sprachmelodie zuverlässig Freude, Zorn oder Traurigkeit zu unterscheiden. "Unsere Forschungsergebnisse weisen nach, dass bereits im Alter von sieben Monaten sprachsensitive Gehirnregionen existieren, die von emotionalen Informationen gesteuert werden, was die Möglichkeit nahelegt, dass die wichtigen neurologischen Entwicklungsprozesse, die einer eingeschränkten Sprachverarbeitung bei Störungen wie Autismus zugrunde liegen, möglicherweise sogar vor dem siebten Lebensmonat einsetzen", erläutert der Leiter der Studie, Dr. Tobias Grossmann vom Centre for Brain and Cognitive Development der Universität London. "Deshalb könnte dieser Ansatz bei künftigen Arbeiten, die die individuellen Unterschiede bei der Reaktion von Kleinkindern auf Stimmen und emotionale Sprachmelodien bewerten, weiterverfolgt werden und so als einer von potenziell vielen Markern dienen, die dazu beitragen, von einer Störung der neurologischen Entwicklung gefährdete Kinder frühzeitig zu erkennen."

Länder

Deutschland, Vereinigtes Königreich

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