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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Vogelrucksack bietet neue Einblicke zum Führungsverhalten

Mit Hilfe eines winzigen Hightech-Rucksacks mit GPS-Funktion (globales Positionierungssystem) erhielten EU-finanzierte Forscher in Ungarn und dem Vereinigten Königreich neue Einblicke zu den Rollen von Anführern und Mitläufern. Beim Studium der raschen, kollektiven Entscheidun...

Mit Hilfe eines winzigen Hightech-Rucksacks mit GPS-Funktion (globales Positionierungssystem) erhielten EU-finanzierte Forscher in Ungarn und dem Vereinigten Königreich neue Einblicke zu den Rollen von Anführern und Mitläufern. Beim Studium der raschen, kollektiven Entscheidungsfindung von Tauben während des Flugs beobachteten die Wissenschaftler, dass die Führungsrolle jeder beliebigen Taube sich mit der Zeit verändert. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Ergebnisse werfen faszinierende Fragen zum Thema Hierarchien allgemein auf. Finanziert wurde die Studie durch zwei Projekte, die EU-Finanzhilfen von insgesamt 2,35 Mio. EUR erhielten. Die Erkenntnisse waren mit den folgenden beiden Projekten möglich: COLLMOT ("Complex structure and dynamics of collective motion"), das 1,25 Mio. EUR aus dem Programm "Ideen" des Siebten Rahmenprogramms der EU (RP7) erhielt, und STARFLAG ("Starlings in flight: understanding patterns of animal group movements"), das mit Mitteln in Höhe von 1,1 Mio. EUR innerhalb des Themenbereichs "Neue und aufkommende wissenschaftliche und technologische Entwicklungen" (NEST) des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wurde. Die Forscher von STARFLAG suchten nach Aufschlüssen zum Gruppenverhalten von Menschen (einschließlich kollektiver wirtschaftlicher Entscheidungen), indem sie die kollektiven Bewegungen von Schwärmen untersuchten. "Wir alle kennen die beeindruckenden Flugmanöver von Vogelschwärmen, aber wie diese Schwärme entscheiden, wohin es gehen soll, und ob Entscheidungen von einem dominanten Anführer oder von der Gruppe gemeinsam getroffen werden, war schon immer ein Rätsel", sagte Dr. Dora Biro von der Abteilung für Zoologie an der Oxford University im Vereinigten Königreich. Moderne GPS-Technologie macht es möglich, Bewegungen im Bruchteil einer Sekunde zu erfassen. Damit konnte die Forschergruppe erkunden, wie einzelne Vögel das Verhalten eines sich schnell bewegenden Schwarms beeinflussen. "Wir fanden heraus, dass zwar jeder Vogel bei der Entscheidungsfindung etwas zu sagen hat. Trotzdem wird durch ein flexibles "Rang"-System sichergestellt, dass bestimmte Vögel eher anführen und andere nachfolgen", bemerkte Dr. Biro. Die Wissenschaftler rüsteten Brieftauben mit Miniaturrücksäcken mit GPS-Gerät aus und studierten ihren Flug alleine und in Schwärmen von bis zu 10 Vögeln. Sie verfolgten Flüge in der Nähe des Heimatortes und Zielflüge im Umkreis von 15 km und maßen dabei alle 0,2 Sekunden Richtungsänderungen jedes Vogels. Diese Veränderungen wurden mit denen anderer Vögel in dem Schwarm verglichen, um sehen zu können, welcher Vogel die Änderung eingeleitet hatte und welche Tiere nachfolgten. Das Team beobachtete klar definierte Hierarchien innerhalb von Schwärmen und enthüllte, dass sich die Führungsrolle verschiedener Tauben mit der Zeit veränderte. Bestimmte Vögel trugen mehr zur Entscheidungsfindung bei als andere, aber es gab mehrere Führungsebenen. "Ein zentraler Punkt ist, dass diese Hierarchien insofern flexibel sind, als die Führungsrolle jedes einzelnen Vogels sich mit der Zeit ändern kann aber langfristig vorhersagbar bleibt", erklärte Dr. Biro. "Diese dynamische, flexible Aufteilung der Individuen in Anführer und Mitläufer, in der auch die Meinungen von Mitgliedern unterer Hierarchieebenen in Erwägung gezogen werden können, stellt vielleicht eine besonders effiziente Form der Entscheidungsfindung dar." Die Forscher merkten an, dass die Zuordnung als Anführer oder Mitläufer mit der individuellen Navigationsleistung zusammenhängen könnte. "Es bleibt die spannende Frage, ob solche Effekte auf der größeren Führungsmotivation einzelner Vögel oder aber vielleicht auf besseren navigatorischen Fähigkeiten beruhen", sagte die Forscherin aus Oxford. Eine weitere Beobachtung konnten die Forscher machen: Die Position eines Vogels im Schwarm entsprach der Stellung in der Hierarchie, wobei die weiter vorne fliegenden Vögel eher Verantwortung trugen (was angesichts der außergewöhnlichen peripheren Sicht von Vögeln auch eine wichtige Frage aufwirft). Darüber hinaus reagierten Mitläufer schneller auf die links von ihnen fliegenden Vögel, wodurch frühere informelle Beobachtungen bestätigt werden. "Lassen sich die Mechanismen, die wir in kleinen Taubenschwärmen festgestellt haben, auf größere Gruppen übertragen?", fragt die Studie. Die flexiblen, dynamischen Rollen einzelner Vögel in der Gruppe, die hin und wieder getauscht werden, bieten eine interessante Abwechslung zu der normalerweise starren Rollenaufteilung zwischen Anführer und Mitläufer in den meisten Hierarchien beim Menschen. Die Autoren spekulieren, dass das fortschrittliche Führungsmodell der Vögel einzelnen Gruppenmitgliedern mehr zugute kommen könnte als Systeme mit einem einzelnen Anführer oder gleichberechtigte Systeme.

Länder

Ungarn, Vereinigtes Königreich

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