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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Künstliche Nase hat den richtigen Riecher

Ist der Geruchssinn subjektiv und von Kultur zu Kultur unterschiedlich? "Nein", sagt eine Gruppe israelischer Wissenschaftler, die ein elektronisches System zu Vorhersage der Wirkung von Gerüchen erfolgreich "abgerichtet" hat. Ihre in der Zeitschrift Theorie Public Library of ...

Ist der Geruchssinn subjektiv und von Kultur zu Kultur unterschiedlich? "Nein", sagt eine Gruppe israelischer Wissenschaftler, die ein elektronisches System zu Vorhersage der Wirkung von Gerüchen erfolgreich "abgerichtet" hat. Ihre in der Zeitschrift Theorie Public Library of Science (PLoS) Computational Biology veröffentlichte Studie wurde mit einem Stipendium des Europäischen Forschungsrats (ERC) aus dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) unterstützt. Die Ergebnisse könnten zu neuen Methoden für die Geruchsprüfung und die Umweltüberwachung führen. In den letzten 10 Jahren wurden im Bereich der künstlichen Nasen, auch E-Nasen genannt, enorme Fortschritte erreicht. Diese elektronischen Geräte können dank chemischer Sensoren, die in Nasen angebracht sind, Gerüche aufspüren und erkennen. Einer der Zwecke dieser Technologie ist die Qualitätsmessungen von neuen Gerüchen. In dieser jüngsten Studie behaupten die Wissenschaftler vom Weizmann-Institut für Wissenschaft und vom Edith Wolfson Medical Center (beide Israel), dass die Wahrnehmung, ob ein Geruch angenehm ist, direkt mit seiner molekularen Struktur zusammenhängt. Persönliche oder kulturelle Unterschiede treten nur in bestimmten Kontexten auf, sagen sie. Für ihre Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler eine E-Nase auf Gerüche eingestellt, die für Menschen angenehm erscheinen, und diese dann dafür benutzt, um vorherzusagen, ob bestimmte neue Gerüche ebenfalls angenehm wirken. Die Forschergruppe bat in Israel geborene Menschen eine Auswahl von Gerüchen auf einer Skala von 1 bis 30 - von "sehr angenehm" bis zu "sehr unangenehm" - zu bewerten. Mithilfe der Testergebnisse entwickelte sie einen Algorithmus für "angenehme Gerüche" und programmierte damit die E-Nase. Mit der neu programmierten künstlichen Nase bewerteten die Forscher daraufhin eine Reihe unbekannter Gerüche. Um zu sehen, ob die Geruchswahrnehmung der E-Nase mit jener der menschlichen Nase übereinstimmt, befragten sie eine zweite Gruppe von Israelis (die am ersten Teil des Experiments nicht beteiligt waren) nach ihrer Einschätzung dieser neuen Gerüche. Die Forscher fanden heraus, dass die elektronische Einschätzung, ob ein Geruch angenehm ist, zu 80% mit der menschlichen Wahrnehmung übereinstimmte. Auch bei der Unterscheidung absolut angenehmer von absolut unangenehmen Gerüchen zeigte die E-Nase eine Genauigkeit von mehr als 90%. Aber hat unsere Kultur einen Einfluss darauf, was wir als einen angenehmen Geruch empfinden? Um das herauszufinden, überprüfte das Team die Prognosen der E-Nase bei einer Gruppe von Äthiopiern, die kürzlich nach Israel eingewandert waren. Die Forscher fanden heraus, dass die E-Nase die Wahrnehmung der Äthiopier von diesen neuen Gerüchen voraussagen konnte, obwohl sie auf die Wahrnehmung gebürtiger Israelis "eingestellt" war. Daraus schließen sie, dass es eine interkulturelle einheitliche Meinung darüber gibt, was angenehm riecht und was nicht. "Die Kultur beeinflusst die olfaktorische Wahrnehmen meist in bestimmten Kontexten", erklärte Noam Sobel von der neurobiologischen Abteilung am Weizmann-Institut für Wissenschaft. "Zur Verdeutlichung werfe man einen Blick nach Frankreich, wo die Menschen den Geruch ihres Käses mögen, während er die meisten Anderen abstößt. Wir glauben, dass die Franzosen den Geruch nicht an sich als angenehm empfinden, sie sehen in ihm einfach ein Zeichen für einen guten Käse. Setzt man ihnen den Geruch aber ohne Kontext in einem Glas vor, würden die Franzosen ihn wahrscheinlich ebenso unangenehm finden wie alle Anderen auch. Darum machen die Franzosen auch kein Parfüm mit Käsearoma." Den Wissenschaftlern zufolge stimulieren die molekularen Eigenschaften eines Geruchs die chemischen Sensoren der E-Nase und lösen so ein einzigartiges elektronisches Muster aus - in der Studie als "Fingerabdruck" des Geruchs bezeichnet -, das einen bestimmten Geruch beschreibt. Die künstliche Nase muss mit Geruchsproben "abgerichtet" werden, um eine Referenzdatenbank zu erstellen, sagen die Forscher. Im Gegensatz dazu kann die menschliche Nase einen neuen Geruch erkennen und sogar einordnen, dessen Fingerabdruck nicht in der Datenbank existiert. Die Innovation der Forscher aus Israel bestand darin, die E-Nase so abzurichten, dass sie voraussagen kann, ob ein Geruch als angenehm oder als unangenehm wahrgenommen wird, oder irgendwo dazwischen. "Dieser Ansatz ist einzigartig, weil ihre Nase nicht einzelne Geruchsobjekte wie eine Rose oder ein Stinktier lernen musste, sondern lediglich eine Achse, an der sie die neuen Objekte dann ausrichten konnte", erklärten die Forscher. "Diese Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass es anders als beim Sehen und Hören beim Riechen eine systematisch vorhersehbare Verknüpfung zwischen Struktur und Wahrnehmung des Stimulus gibt", heißt es in der Studie. "Dies widerspricht der gängigen Meinung, dass die Geruchswahrnehmung absolut subjektiv ist, und könnte zu neuen Methoden für die Geruchsprüfung und die Umweltüberwachung sowie zu einem wichtigen Baustein für die digitale Übertragung von Gerüchen führen."

Länder

Israel

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