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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Der Zusammenhang zwischen religiösen Überzeugungen und agro-pastoralen Praktiken

Wie sollten wir mit Umweltressourcen am besten umgehen, damit wir jetzt und auch in Zukunft ausreichend damit versorgt sind? Bei der Beantwortung dieser Frage wird häufig über einige große Herausforderungen wie den Klimawandel, die Migration und das Bevölkerungswachstum nachge...

Wie sollten wir mit Umweltressourcen am besten umgehen, damit wir jetzt und auch in Zukunft ausreichend damit versorgt sind? Bei der Beantwortung dieser Frage wird häufig über einige große Herausforderungen wie den Klimawandel, die Migration und das Bevölkerungswachstum nachgedacht. Aber was ist mit religiösen Überzeugungen und ihren Auswirkungen auf die Landnutzung? Experten von der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB) in Spanien warnen, dass die Überzeugungen der Menschen zwar nicht überbewertet oder idealisiert, aber auch nicht ignoriert werden sollten. Ergebnisse der EU-finanzierten Studie sind in der Zeitschrift Human Ecology nachzulesen. In der Einleitung zu ihrer Arbeit weisen Dr. Pablo Dominguez und Kollegen von der UAB darauf hin, dass sich nun seit mehreren Jahrzehnten zwei gegensätzliche Denkschulen hinsichtlich gemeindlicher Flächennutzung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen gehalten haben. Kritikern zufolge ist die ungeregelte Nutzung der natürlichen Ressourcen auf der Grundlage des Gemeindeeigentums weder nachhaltig noch im Einklang mit dem Geist der Zusammenarbeit. Die Befürworter der kommunalen Landnutzung glauben, dass soziale, politische und religiöse Einrichtungen einen Einfluss auf die sozioökonomische Verwaltung von Gemeindeeigentum und auf den Erhalt der Umwelt haben. Von einigen Seiten wird zwar angenommen, dass es einen Zusammenhang zwischen den Phänomenen geben könnte, trotzdem hat die Forschung in diesem Bereich bis heute die Rolle religiöser Überzeugungen übersehen, die diese bei der Verwaltung von Flächen und natürlichen Ressourcen der Gemeinde und beim Umgang mit Veränderungsprozessen spielen. Das UAB-Team führte mit finanzieller Unterstützung durch das Marie-Curie-Programm des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der EU eine Fallstudie über die Berber (in ihrer Sprache: Amazigh) im Hohen Atlas bei Marrakesch, Marokko, durch. Die Wissenschaftler stellten sich die Frage, ob und wie der religiöse Glaube an verschiedene islamische Lokalheilige die Art des Umgangs mit lokalen Ressourcen beeinflusst. Die Gemeinde hält sich an Vorschriften, die auf einem traditionellen Verständnis für die Verwaltung von Gemeindeeigentum basieren. Im Laufe der Geschichte galt bei den Berbern eine Regel, die den Zugang zu gemeinsamen Weiden im Frühjahr verbietet, so dass diese bessere Weidebedingungen im Sommer bieten. Dieser als "Agdal" bekannte Verbotszeitraum wurzelt tief in religiösen Überzeugungen und Praktiken. Von 2003 bis 2008 befragten und beobachteten die Forscher Angehörige des Berber-Stammes Mesioua und führten eine Umfrage in 80 Haushalten des Dorfes Ouarzazate (südliches Zentralmarokko) durch. Sie fanden heraus, dass zwischen dem Wandel des traditionellen individuellen Glaubens an islamische Lokalheilige und neuen agro-pastoralen Praktiken (bislang mit dem Verschwinden von dem Agdal unterliegenden Weiden und dem Verlust der biologischen Vielfalt in Zusammenhang gebracht) tatsächlich eine Verbindung besteht. Insbesondere stellten sie einen Zusammenhang zwischen der Preisgabe traditioneller Glaubensüberzeugungen auf der einen Seite und der landwirtschaftlichen Expansion sowie der Einführung einer neuen Schafrasse (der Sardi-Züchtung) her. Das UAB-Team beobachtete beispielsweise, dass die Bestellung von mehr Land und der Besitz von mehr Schafen nicht mit dem traditionellen Glauben an Heilige vereinbar waren. Die Forscher schreiben, dass diese neue Strategie "eher individualistisch ist, kurzfristigen Nutzen schafft und der alten Philosophie der Heiligen widerspricht, die kommunale Verwaltung und langfristigen Nutzen fördert." Den Forschern zufolge gerät zusammen mit dem Verfall der religiösen Überzeugungen unter den Berbern auch die zukünftige ökologische Nachhaltigkeit aus dem Blickfeld. Die Autoren folgern, dass religiöse Überzeugungen zu den Faktoren gerechnet werden müssen (wie z.B. Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Migration, technischer Fortschritt, wirtschaftliche Gründe), die sich zusammen mit der Nutzung der natürlichen Ressourcen verändern. "Unsere Studie zeigt, dass einzelne religiöse Überzeugungen oder ihr Fehlen auch ein wichtiges Element bei der Nutzung der agro-pastoralen Ressourcen darstellen können."

Länder

Spanien, Marokko