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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Sowohl Menschen als auch Affen sind in der Lage, die Gesichter von Familienmitgliedern und Freunden mithilfe einer ganzheitlichen Verarbeitungsweise sofort zu erkennen. Wissenschaftler aus Deutschland, Korea und dem Vereinigten Königreich haben jedoch herausgefunden, dass dies...

Sowohl Menschen als auch Affen sind in der Lage, die Gesichter von Familienmitgliedern und Freunden mithilfe einer ganzheitlichen Verarbeitungsweise sofort zu erkennen. Wissenschaftler aus Deutschland, Korea und dem Vereinigten Königreich haben jedoch herausgefunden, dass diese Mechanismen erheblich behindert werden, wenn die Gesichter der gleichen Art auf dem Kopf stehen oder es sich um eine andere Spezies handelt. Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society Biological Sciences veröffentlicht. Der federführende Autor der Studie, Dr. Christoph Dahl vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Deutschland erklärte, dass wir uns als Menschen schon von klein auf an die Gesichter der anderen Menschen gewöhnen. Ob es die lange Nase des Vaters ist oder die buschigen Augenbrauen eines Onkels, "so lernen wir, die kleinen Unterschiede zu erkennen, die zu einem individuellen Aussehen beitragen". Ähnlich lernen auch Affen die Gesichtszüge ihrer Artgenossen zu erkennen und können so schnell die Identität jedes Gruppenmitglieds erfassen. Aber dieses gemeinsame Fähigkeit von Menschen und Affen betrifft nur Individuen der gleichen Art. Das Erkennen von Artgenossen (Mitglieder der gleichen Art) wird mithilfe einer ganzheitlichen Art und Weise erreicht, das heißt, wir nehmen das Gesicht als Ganzes wahr und nicht als eine Reihe von individuellen Merkmalen. Dennoch spielen auch die einzelnen Teilbereiche wie Mund, Nase und Augen sowie die Abstände dazwischen eine wichtige Rolle. "Zwar schauen wir zunächst nur auf die Augen, die dahinterliegenden neuronalen Funktionen erfassen jedoch das ganze Bild", erklärte Dr. Dahl. In der aktuellen Studie haben die Wissenschaftler mithilfe der sogenannten Thatcher-Illusion die Gesichtserkennung bei Rhesusaffen und Menschen untersucht. Bei einem auf diese Weise abgebildeten Gesicht ("thatcherised") sind Augen und Mund auf den Kopf gestellt. Wenn diese Gesichter mit Thatcher-Illusion richtig herum betrachtet werden, erscheinen die Veränderungen der Gesichtszüge bemerkenswert offensichtlich. Wenn das Gesicht aber auf dem Kopf steht, sind sie kaum wahrnehmbar. "Gesichter, in welchen die Augen und der Mund um 180 Grad gedreht wurden, sehen grotesk aus - allerdings nur dann, wenn wir sie in der richtigen Orientierung sehen. Stellt man die Bilder auf den Kopf, sind die Unterschiede zwischen einem normalen Gesicht und einem 'thatcherised' Gesicht kaum zu erkennen", erklärte Co-Autor Dr. Christian Wallraven von der Korea University. In dem Experiment bekamen 22 Versuchspersonen und 3 männliche Rhesusaffen 40 digitale Farbbilder von Gesichtern neutraler Menschen und Rhesusaffen gezeigt. Diese Gesichter wurden ausgeschnitten und auf einem grauen Hintergrund platziert. Der Versuchsaufbau enthielt zwei Manipulationen: eine aufrechte normale sowie eine aufrechter Thatcher-Darstellung. Die gesamten Bilder der beiden Versionen wurden dann umgedreht (invertiert normal und invertiert mit Thatcher-Illusion). Das Ergebnis bestand darin, dass eine ganzheitliche Verarbeitungsweise sowohl den Menschen als auch den Affen ermöglichte, sogar die geringsten Anordnung der einzelnen Gesichtsteile zu erkennen, wenn die Gesichter aufrecht dargestellt wurden. Drehte man das ganze Gesicht um 180 Grad, ging diese Fähigkeit zum Großteil verloren. Die Wissenschaftler entdeckten auch, dass der Mechanismus bei artfremden Gesichtern nicht funktionierte; weder die an der Studie teilnehmenden Menschen noch die Affen widmeten den extrem grotesken Gesichtern der anderen Spezies viel Aufmerksamkeit. "Es muss also im Laufe der Evolution sowohl für uns als auch für unsere nächsten Verwandten, den Affen, von großem Vorteil gewesen sein, speziell die Gesichter der Artgenossen zu erkennen und dafür auch ähnliche Verarbeitungsmechanismen zu entwickeln", schloss Dr. Wallraven.

Länder

Deutschland, Südkorea, Vereinigtes Königreich

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