Erde an Rosetta: Ab nach Süden!
Premiere im Weltall: Die Raumsonde Rosetta der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) soll ihre Landesonde Philae auf der Südhalbkugel des Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko absetzen - so der Vorschlag EU-finanzierter Forscher. Das teilweise innerhalb des EU-finanzierten Austauschprogramms für Wissenschaftler EUROPLANET geförderte Team stellte seine Ergebnisse auf dem derzeit stattfindenden European Planetary Science Congress (EPSC) in Rom, Italien, vor. EUROPLANET wird innerhalb der Haushaltslinie "Forschungsinfrastrukturen" des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7) finanziert. Die im März 2004 ins All gestartete Rosetta ist die erste Raumsonde, die längere Zeit einen Kometen aus nächster Nähe erforschen soll. Reiseziel ist der Komet 67P/Tschurjumov-Gerasimenko, ein "schmutziger Schneeball" von rund 4 Kilometer Durchmesser, der alle 6,6 Jahre einmal unsere Sonne umkreist. Kometen gehören zu den einfachsten Himmelskörpern im Sonnensystem. So setzen die Wissenschaftler ihre Hoffnungen auf Rosetta: sie wollen neues Wissen darüber erlangen, welche Bedingungen in der Frühzeit unseres Sonnensystems herrschten. "Tschurjumov-Gerasimenko ist eine Zeitkapsel, in der Material aus der Geburtsphase des Sonnensystems konserviert ist", erklärt Jeremie Lasue vom Los Alamos National Laboratory in den USA, der an der vorliegenden Studie beteiligt war. Bei der für 2014 geplanten Ankunft auf Tschurjumov-Gerasimenko wird Rosetta die Landesonde Philae auf der Kometenoberfläche absetzen, wo sie dann Materialproben von unterhalb der Oberfläche nehmen soll. In den folgenden 13 Monaten werden Philae und Rosetta, die in der Umlaufbahn bleiben wird, detaillierte Informationen über den Kometen sammeln, während er sich der Sonne annähert und wieder von ihr entfernt. Die Auswahl eines Landeplatzes für Philae, der sicher ist und außerdem aussagekräftige wissenschaftliche Daten liefern kann, ist in der Tat alles andere als einfach. Gemäß dieser jüngsten Studie sieht das Team die südliche Hemisphäre als das am besten geeignete Ziel für Philae an. Dem Team zufolge sei es für Philae auf der südlichen Halbkugel einfacher, wissenschaftlich interessante Proben zu sammeln. Der Kern des Kometen Tschurjumov-Gerasimenko ist in einem Winkel von 45° geneigt; so ist die Südhalbkugel der vollen Sonneneinstrahlung ausgesetzt, wenn sich der Komet der Mitte des Sonnensystems annähert. Simulationen zeigen, dass die südliche Hemisphäre daher viel stärker als die Nordhalbkugel erodiert sein dürfte, was es Philae erleichtern wird, Bohrungen im Kometen vorzunehmen und Proben vom Kometenboden zu sammeln. Außerdem ist die Stabilität ein wichtiges Thema. Nähern sich Kometen der Sonne an, so erwärmen sie sich und geben große Mengen an Gas und Staub von ihrer Oberfläche ab. Während kleinere Staubkörner in die Kometenkoma hinweggefegt werden, sammeln sich größere Körner auf der Oberfläche an und bilden eine Schicht aus Staub, die als Staubschweif bekannt ist. Das Team hat errechnet, dass sich zum Zeitpunkt der Landung eine Schicht von 20 cm Dicke auf der südlichen Hemisphäre gebildet haben müsste - verglichen mit lediglich ein paar Zentimetern in nördlichen Regionen. Darüber hinaus wird die Nordhemisphäre während der Landung von der Sonne beschienen - gewaltige und schnelle Gas- und Staubemissionen würden eine Landung dort erschweren. "Wenn Philae landet, können die Temperaturen am Äquator über den Gefrierpunkt steigen und um ungefähr 150°C schwanken", fügt Maria Cristina De Sanctis vom italienischen Istituto Nazionale di Astrofisica, Koautorin der Studie, hinzu. "In den Regionen nahe am Südpol werden jedoch stabilere Temperaturen herrschen", wie sie betont. "Wir möchten zusammenfassen [...] dass der Bereich der Südhalbkugel des Kometenkerns einen sicheren Landeplatz (geringe Temperaturschwankungen, minimale Gas- und Staubströme und guten Staubschutz) sowie stark erodiertes Gelände und die Möglichkeit des Vorhandenseins ursprünglichen Materials nicht zu tief unter der Oberfläche bietet", so die Forscher. Die Astronomen gelangten durch die Entwicklung und Ausführung dreidimensionaler Computermodelle zu ihren Schlussfolgerungen. Diese sagen die Aktivität des Kometen von dem Moment an voraus, in dem sich Rosetta im Frühjahr 2014 bis August 2015 dem Kometen annähert, wenn der Komet der Sonne am nächsten kommt. Dr. De Sanctis dazu: "Da immer mehr Daten zu Tschurjumov-Gerasimenko verfügbar sind und wir unsere Ergebnisse besser quantifizieren können, werden wir das Bild noch vervollständigen und die Vorbereitung einer sicheren Landung von Philae unterstützen können." Der EPSC ist das wichtigste Planetologentreffen in Europa und wird von EUROPLANET organisiert. Ziel von EUROPLANET ist die Zusammenführung der Planetologiegemeinschaft Europas mittels Vernetzung und gemeinsamer Forschungsaktivitäten sowie dadurch, dass die Wissenschaftler Zugang zu spezialisierten Labors und Anlagen sowie Planetologiedaten, Informationen und Software-Tools bekommen.
Länder
Italien, Vereinigte Staaten