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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Forscher untersuchen Auswirkungen des Klimawandels auf untermeerische Strömungen im Arktischen Ozean

Die Auswirkungen des Klimawandels sind überall auf der Erde spürbar, sowohl über als auch unter der Erdoberfläche. Am empfindlichsten auf klimabedingte Temperaturveränderungen reagiert u.a. die Arktis, sodass Forscher intensiv nach Möglichkeiten zum Schutz dieser Region suchen...

Die Auswirkungen des Klimawandels sind überall auf der Erde spürbar, sowohl über als auch unter der Erdoberfläche. Am empfindlichsten auf klimabedingte Temperaturveränderungen reagiert u.a. die Arktis, sodass Forscher intensiv nach Möglichkeiten zum Schutz dieser Region suchen. Momentan untersucht ein Forscherteam mit EU-Mitteln im Westen der zwischen Norwegen und dem Nordpol gelegenen Svalbard-Inseln (Spitzbergen) die Auswirkungen klimabedingter Veränderungen auf die in diesen Breitengraden auftretenden vertikalen Meeresströmungen (Kaskaden). Ihre Forschungen werden teilweise durch das Projekt HERMIONE ("Hotspot ecosystem research and Man's impact on European seas") finanziert, das mit 8 Mio. EUR unter der Thematik Umwelt des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert wurde. Das von der Universität Barcelona (UB) in Spanien koordinierte Forscherteam erhofft sich auf diese Weise nähere Erkenntnisse zur Funktionsweise von Tiefseeökosystemen, deren Beitrag zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen sowie anthropogenen Einflüssen auf den Meeresboden. Wenn das Wasser an der Meeroberfläche abkühlt oder verdunstet, stürzt es als dichte, schwere, kalte Wassersäule in die Tiefe hinab. Dabei werden kontinuierlich Materie und Energie zum Meeresboden befördert und selbst große Tiefen im Meer mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Werden die Oberflächenwasser nicht ausreichend abgekühlt, was durch die veränderten Klimabedingungen durchaus möglich ist, dann würde diese Nährstoff- und Energiequelle versiegen, was wiederum das empfindliche Tiefseeökosystem aus dem Gleichgewicht bringen könnte. "Tausende Meter unter der Wasseroberfläche weisen Veränderungen dieses Kaskadenphänomens deutlich auf die schleichende Wirkung des Klimawandels hin", sagt Studienleiter Miquel Canals, Leiter der Meereswissenschaftlichen Forschungsgruppe der UB. Der Arktische Ozean eignet sich hervorragend für die Erforschung dieser untermeerischen Strömungen. Von Bord des von der Universität Tromsö in Norwegen betriebenen Forschungsschiffs RV Jan Mayen aus installierte das UB-Team auf dem Meeresboden verschiedene hochempfindliche Geräte zur Messung der Kaskaden und deren Auswirkungen auf Meeresökosystem und Tiefseeregionen. "Unser Ziel ist, die Dynamik dieser Wassersäulen in den Polarregionen besser zu verstehen und herauszufinden, wie sie den Meeresboden verändern könnten", erklärt Anna Sànchez-Vidal, Forscherin am Institut für Stratigraphie, Paläontologie und Meeresgeowissenschaften. "Für die Datenerfassung installierten wir in 1.000 1.250 1.500 und 2.000 Metern Tiefe an vier Festmacheleinen Strömungsmesser und Geschiebesammler", fügt sie hinzu. Die Geräte zeichnen in regelmäßigen Abständen ozeanographische und geochemische Daten auf, die dann im nächsten Sommer ausgewertet werden sollen. "Aus den Daten können wir Strömungszeitserien über die Eigenschaften der Wassermassen zu unterschiedlichen Zeitpunkten (Strömungsgeschwindigkeit und -richtung, Wassertemperatur, Salzgehalt, Trübung usw.) und ein Sedimenttransportprofil erstellen", so Dr. Sànchez-Vidal. Auch Versuche an Mikroorganismen werden wertvolle Hinweise liefern, denn sie sind wichtige Indikatoren für Umweltveränderungen in Tiefseeökosystemen. Obwohl das Kaskadenphänomen auch im Mittelmeerbecken gut zu beobachten ist, tritt es in der Arktis unter ganz anderen Bedingungen auf. "Ein Teil der Wasseroberfläche des Arktischen Ozeans ist ganzjährig mit Eis bedeckt, der sehr viel größere Teil aber ist nur im Winter zugefroren, wo die Kaskaden dann ganz anders aussehen", erklärt Dr. Antoni Calafat, ebenfalls Geologe am Institut für Stratigraphie, Paläontologie und Meeresgeowissenschaften an der Universität Barcelona. "Eis ist ein guter thermischer Isolator. In der Arktis findet man zudem so genannte Polynas, offene, von Eis umrandete Wasserflächen, an denen der Wind die Wassermassen an der Meeresoberfläche abkühlt und die Bildung von dichtem, schwererem Wasser beschleunigt", wie er hinzufügt. "Dieser Prozess ist jedoch jahreszeitenabhängig und kann sich von Jahr zu Jahr verändern. Auch das Relief des arktischen Meeresbodens unterscheidet sich von dem des Mittelmeerbeckens, und durch das Kaskadenprinzip könnten große Mengen an organischen Substanzen in größere Tiefen geführt werden." Auf die Frage, wie das Relief des Meeresbodens die Dynamik einer Kaskade beeinflusst, erklärt Ruth Duran von der UB: "Die morphologischen Parameter der Svalbard-Inseln sind sehr verschieden von denen des Mittelmeerbeckens. Wir wissen, dass morphologische Parameter wie im Fall des Cap de Creus Einfluss auf die Intensität und Richtung der Strömungen im Mittelmeer haben. Während der Expedition erstellten wir also detaillierte Karten vom Meeresboden der untersuchten Region, die ungefähr 2.600 Quadratkilometer umfasst und bislang noch nicht kartiert worden war. Dann konnten wir genau festlegen, an welcher Stelle wir die Festmacheleinen installieren." An der Studie beteiligten sich Forscher aus Frankreich, Italien, Norwegen und Spanien.

Länder

Spanien, Frankreich, Italien, Norwegen

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