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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Komplizierte Technologie lüftet Geheimnis hinter van Goghs Farben

Vincent van Goghs Kunstwerke sind verblasst, doch bisher war niemand in der Lage zu sagen, wieso. Ein internationales Forscherteam hat nun entdeckt, dass vermutlich das Sonnenlicht eine chemische Reaktion in der vom niederländischen, postimpressionistischen Meister verwendeten...

Vincent van Goghs Kunstwerke sind verblasst, doch bisher war niemand in der Lage zu sagen, wieso. Ein internationales Forscherteam hat nun entdeckt, dass vermutlich das Sonnenlicht eine chemische Reaktion in der vom niederländischen, postimpressionistischen Meister verwendeten gelben Chromfarbe verursacht und sie in ein tristes Braun verwandelt. Diese Erkenntnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Analytical Chemistry präsentiert. Unter der Leitung von Experten aus Belgien, Italien und den Niederlanden verwendeten Forscher ein hochempfindliches, mikroskopisches Röntgengerät von der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Frankreich und des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) sowie Infrarotstrahlen, Elektronen und Röntgenstrahlen an den Universitäten Antwerpen (Belgien) und Perguia (Italien), um herauszufinden, warum die leuchtend gelben Farben in den berühmtesten Werken van Goghs sowie anderer Künstler des 19. Jahrhunderts ihren Glanz verloren und mit der Zeit verblasst sind. Sie empfehlen, die betroffenen Gemälde so gut wie möglich vor ultravioletter (UV) Strahlung sowie Sonnenlicht zu schützen. "Für die Italiener ist die Konservierung großer Meister seit jeher von Bedeutung", erklärt die leitende Autorin der Abhandlung Letizia Monico von der Universität Perugia. "Ich freue mich, dass es der Wissenschaft nun gelungen ist, ein Stück zu dem Puzzle beizutragen, das so vielen Museen Kopfschmerzen bereitet", fügt Monico hinzu. Die Doktorandin und italienische Chemikerin hat ein Jahr lang mit Koen Janssens, der leitenden Forscherin der Studie, an der Universität Antwerpen in Belgien zusammen gearbeitet. Mithilfe innovativer Instrumente konnte das Team dieses faszinierende Mysterium lösen. Unter Verwendung eines Röntgenstrahls mit mikroskopischen Dimensionen enthüllten sie eine komplexe chemische Reaktion in der extrem dünnen Schicht, in der Farbe und Firnis zusammentreffen. Nach Ansicht der Experten kann das Sonnenlicht nur ein paar wenige Mikrometer in die Farbschicht eindringen. In dieser extrem dünnen Schicht jedoch setzt sie eine bisher unbekannte chemische Reaktion in Gang, die das Chromgelb in braune Pigmente verwandelt. Im Ergebnis wird die ursprüngliche Zusammensetzung verändert. Vincent van Gogh (1853-1890) war seiner Zeit weit voraus und nutzte Farben nicht, um eine Realitätsnähe, sondern Stimmungen und Emotionen zu vermittelten. Das Chromgelb zum Beispiel gab ihm nach Ansicht der Forscher die Möglichkeit, in seinen Sonnenblumenbildern diese Farbintensität zu erzielen. Dass gelbe Chromfarbe unter Einwirkung von Sonnenlicht nachdunkelt, ist schon seit Längerem bekannt. Allerdings sind nicht alle Gemälde betroffen, und die Eintrübung erfolgt auch nicht immer in der gleichen Geschwindigkeit. Da Chromgelb giftig ist, fanden die Künstler Mitte des 20. Jahrhunderts neue Alternativen. Van Gogh jedoch arbeitete mit dem, was er hatte. Chromgelb ist gut für die Konservierung und seine Popularität ist wieder dabei zu steigen. Also bediente sich das Team eines Zwei-Stufen-Plans zur Lösung dieses Puzzles. Zunächst beschafften sie sich Proben von drei Farbtuben aus der damaligen Zeit und ließen sie künstlich 500 Stunden lang unter einer UV-Lampe altern. Sie konzentrierten sich auf eine Probe aus einer Farbtube aus dem Nachlass des flämischen Fauvisten Rik Wouters (1882-1913). Die hochmoderne Analyse ergab, dass die Eintrübung der Deckschicht auf eine Umwandlung des Chroms in Chromgelb von Cr(VI) zu Cr(III) zurückzuführen war. Mit Hilfe von Proben aus einer Reproduktion von Wouters Chromgelb stellten die Wissenschaftler fest, dass UV-Licht die Ursache für die Verdunklung sein könnte. Im zweiten Schritt wandten die Forscher nun dieselben Methoden an und untersuchten Proben aus betroffenen Flächen aus van-Gogh-Gemälden: Blick auf Arles mit Schwertlilien(1888) und Seineufer (1887) aus dem Van Gogh Museum in Amsterdam. Diese Untersuchungen ergaben, dass beide van Gogh Gemälde von der Reduktionsreaktion von Chromium (Cr) (VI) auf CR (III) betroffen sind. Der mikroskopisch kleine Röntgenstrahl deckte auch auf, dass Cr(III) besonders stark in der Nachbarschaft von chemischen Barium- und Schwefelverbindungen auftritt. Diese Beobachtung führte zu der Annahme, dass van Goghs Technik, weiße und gelbe Farbe zu mischen, die Eintrübung der gelben Farbe beschleunigt haben könnte. "Diese innovativen Untersuchungsmethoden sind für uns überaus wichtig zum Verständnis, wie Gemälde altern und in welcher Weise sie für kommende Generationen konserviert werden müssen", so Ella Hendricks vom Van Gogh Museum in Amsterdam. Über die zukünftige Arbeit der Forscher sagt Dr. Janssens: "Wir planen bereits die nächsten Experimente, da wir der Frage nachgehen möchten, welche Bedingungen die Chromreduktion begünstigen, und ob es überhaupt möglich ist, Pigmente in bereits eingetrübten Gemälden in ihren Ursprungszustand zurückzuführen."Weitere Informationen unter: Europäische Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF): http://www.esrf.eu/ Analytical Chemistry: http://pubs.acs.org/journal/ancham Van Gogh Museum Amsterdam: http://www.vangoghmuseum.nl/vgm/index.jsp

Länder

Belgien, Italien, Niederlande