Geologen entwickeln Frühwarnsystem für Lawinen
Bergwandern wie beispielsweise in den Alpen gehört zu den größten Abenteuern des Lebens, birgt aber auch Gefahren, da die Bedrohung durch Lawinen aufgrund klimatischer Veränderungen zunimmt. Für eine dauerhafte Überwachung aller gefährdeten Areale stehen nicht genug Human- und Geldressourcen zur Verfügung. Aber dies soll sich dank einer Gruppe von Wissenschaftlern aus Deutschland ändern, die ein preisgünstiges System entwickelt haben, das Hanglagen beobachtet, Veränderungen auswertet und die betroffenen Kommunen frühzeitig vor drohenden Erdrutschen warnt. Das neue System ist ein Ergebnis aus dem Projekt alpEWAS ("Early warning system for alpine slopes") und soll unter Verwendung verschiedener Technologien Geologen dabei helfen, durch langfristige Messungen ein besseres Verständnis dieser Naturphänomene zu erhalten. Instabile Erdmassen in den Alpen und anderen Hochgebirgen stehen schon seit einiger Zeit im Fokus der Wissenschaft. Dabei befassen sich Geologen vor allem mit Schneeschmelzen und stärkeren Regenfällen aufgrund des Klimawandels, die den Untergrund aufweichen und gleichzeitig schwerer machen. Gefährliche Bergflanken zu identifizieren stellt für die Wissenschaftler keine große Schwierigkeit dar. Viele sind schon seit Jahrhunderten instabil, Überlieferungen zeugen von früheren Unglücken. In den Alpenländern stehen zudem geologische Aufnahmen zur Verfügung, die Risikokandidaten verraten. Bewegungen können unter anderem aufgespürt werden, indem man Sonden in Bohrlöcher einlässt und an der Oberfläche aufgestellte Markierungspunkte vermisst. Eine dauerhafte Installation dieser Geräte kann allerdings zu teuer sein, sodass Geologen nur in Abständen prüfen können und nur punktuelle Erkenntnisse über das Innenleben der Hänge gewinnen. Und an diesem Punkt setzten die Geologen von der Technischen Universität München (TUM) und der Universität der Bundeswehr München (Bundeswehruniversität) an. Sie haben Geosensoren entscheidend weiterentwickelt und mit einer Kontrollsoftware zu einem ebenso flexibel einsetzbaren wie kostengünstigen Frühwarnsystem verknüpft. Wird dieses System ausgelöst, können Sicherheitsexperten den Hang stützen, den Verkehr umleiten oder Gebäude evakuieren. Ein weiterer Fortschritt ist, dass sie an verschiedenen Stellen in den Boden gebohrt werden können. "Die Bohrlöcher bestücken wir aber mit ganz simplen Koaxialkabeln, wie man sie beispielsweise von Antennenkabeln kennt", sagt Prof. Kurosch Thuro vom TUM-Lehrstuhl für Ingenieurgeologie. Gerät die obere Erdschicht ins Rutschen, wird bei diesem System das Kabel am Übergang zur unbeweglichen Schicht gequetscht. Ein kleines Übertragungsgerät an der Oberfläche registriert dies und leitet die Information weiter. Unter der Leitung von Professor Otto Heunecke verteilen die Wissenschaftler von der Bundeswehruniversität Sensoren über den Hang, deren Position mithilfe des Positionierungssystems GPS (Global Positioning System) bestimmt werden kann. Die Geologen erhoffen sich dadurch, mit preiswerten Bauteilen "von der Stange" eine Messgenauigkeit im Millimeterbereich zu erreichen, um schon kleinste Verschiebungen registrieren zu können. Auch sogenannte Videotachymeter werden eingesetzt, eine neue Generation von Messgeräten, die mithilfe von Laserscannern und Kameras natürliche Ziele wie Steine oder Baumstümpfe und deren Bewegung erkennen. Anhand des Beispiels eines Felsens erklären die Geologen, dass der Tachymeter dessen Struktur aufzeichnet, diese regelmäßig neu vermisst und dabei Veränderungen registriert. "Wenn wir keine Reflektoren aufstellen müssen, sparen wir erneut Geld", sagt Professor Thomas A. von der TUM. "Und wir müssen nicht fürchten, dass sie von weidenden Kühen umgerannt werden." Mit diesen drei fortschrittlichen Komponenten spannen die Geologen ein dichtes Netz an Beobachtungspunkten über den Hang, dessen Daten in einer zentralen Datenbank zusammengeführt werden. Das "Gehirn" des Systems wertet die Informationen zusammen mit weiteren Kennziffern aus, vor allem mit Wetterdaten. Die Geologen werden das vom Bundesforschungsministerium und der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte System nun mit zwei Industriepartnern zur Marktreife weiterentwickeln. Erste Interessenten für eine Anschaffung des Systems haben sich bereits gemeldet.Weitere Informationen unter: alpEWAS http://www.alpewas.de/(öffnet in neuem Fenster) Technische Universität München (TUM): http://portal.mytum.de/welcome/(öffnet in neuem Fenster) Universität der Bundeswehr München (Bundeswehruniversität): http://www.unibw.de/startseite/index.html(öffnet in neuem Fenster)
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