Neue Hoffnung bei Beckenbodenvorfall
Skandinavische Forscher entwickelten eine neue Therapieform für Patientinnen, die unter einem Vorfall der Beckenorgane (Prolaps) leiden. Ihre Forschungsarbeit haben sie nun im Fachblatt New England Journal of Medicine vorgestellt. Wie es darin heißt, kann der Einsatz eines Kunststoffnetzes für den Patienten in verschiedener Hinsicht Vorteil gegenüber dem herkömmlichen chirurgischen Eingriff bringen. Mit dem synthetischen Gewebe kann nicht nur die anatomische Funktion der Genitalien wiederhergestellt werden, wie das Forscherteam vom der Karolinska Institutet erklärt, auch die Symptome verbessern sich deutlich. Prolaps bedeutet "herausfallen". Im medizinischen Sinne spricht man von einem Vorfall dann, wenn Organe wie Gebärmutter oder Herzklappen nach unten fallen bzw. nicht mehr an ihrer korrekten Position sitzen. Vergangene Studien hatten gezeigt, dass herkömmliche operative Verfahren mitunter nicht den gewünschten Erfolg bringen. Allein in Schweden unterziehen sich pro Jahr ungefähr 7.500 Patienten einer solchen Senkungsoperation. Die jüngste Studie befasst sich mit dem Beckenbodenvorfall, einer häufigen Begleiterkrankung nach der Geburt eines Kindes, bei dem die haltenden Bänder versagen und die Organe im Beckenboden und die Vagina nach unten rutschen, sodass sie zum Teil über die Scheidenöffnung hinaustreten. Die Forscher verglichen den herkömmlichen Eingriff mit einer neuen Methode, bei der operativ ein Polypropylennetz eingesetzt wird, das den geschwächten Beckenboden dauerhaft unterstützt. An der Studie nahm eine randomisierte Gruppe von 389 Frauen teil, wobei 200 Frauen ein über den gesamten Beckenboden ausgebreitetes Netzimplantat eingesetzt wurde. Bei den übrigen Teilnehmerinnen wurde der Defekt in der Scheidenwand auf herkömmliche Weise operiert (Kolporrhaphie). Wie die Forscher feststellten, konnten 60,8% der Frauen, die ein Netzimplantat erhalten hatten, ein Jahr nach der Operation als geheilt angesehen werden, jedoch nur 34,5% der Frauen, an denen eine Kolporrhaphie durchgeführt wurde. Bei den Frauen der ersten Gruppe war zudem das Risiko einer wiederholt auftretenden Senkung niedriger. Trotzdem kann der Einsatz des Netzimplantats mit Komplikationen verbunden sein, beispielsweise war die Rate interoperativer Komplikationen bei der ersten Gruppe höher, ebenso lag dort der Prozentsatz einer Blasenperforation bei 3,5% im Gegensatz zu 0,5% bei der Kolporrhaphie-Gruppe. Das chirurgische Einsetzen des Netzes dauerte wesentlich länger, und es wurde bis zu einem Jahr nach der Operation in mehreren Fällen über Komplikationen berichtet. "Das neue chirurgische Verfahren hat gegenüber der herkömmlichen Methode wesentliche Vorteile", erklärt Professor Christian Falconer vom Karolinska Institutet, Chefarzt am Danderyd-Krankenhaus und Koautor der Studie. "Trotzdem müssen die Patientinnen über die zusätzlichen Risiken einer solchen Operation aufgeklärt werden, und die Vor- und Nachteile beider Methoden müssen individuell sorgsam abgewogen werden". Professor Falconer zufolge sei die Studie vor allem deshalb von Bedeutung, weil sie ein neues Behandlungsprinzip in Form einer dauerhaften vaginalen Unterstützung bestätige und damit alternativ zur Therapie eines Beckenbodenvorfalls eingesetzt werden könne. Jedoch müssten Material und Methoden noch weiterentwickelt werden, um all diejenigen Patienten zu identifizieren, die von der neuen Behandlung profitieren können, und um das Risiko von Komplikationen zu senken. An der Studie waren Experten aus Dänemark, Finnland und Norwegen beteiligt.Weitere Informationen unter: Karolinska-Institut: http://ki.se/ki/jsp/polopoly.jsp;jsessionid=ad138DhLct9crKIa2-?l=en&d=130(öffnet in neuem Fenster) New England Journal of Medicine: http://www.nejm.org/(öffnet in neuem Fenster)
Länder
Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden