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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Europäische Studie entdeckt Gene für seltene Erbkrankheit

Ein internationales EU-Forscherteam identifizierte zwei neue Gene als Ursache für familiäre Nierenerkrankungen. Die Untersuchungen, an denen Forscher aus Kanada, Deutschland, Indien, den Niederlanden, Pakistan und den Vereinigte Staaten mitwirken, wurden durch das SYSCILIA-Pro...

Ein internationales EU-Forscherteam identifizierte zwei neue Gene als Ursache für familiäre Nierenerkrankungen. Die Untersuchungen, an denen Forscher aus Kanada, Deutschland, Indien, den Niederlanden, Pakistan und den Vereinigte Staaten mitwirken, wurden durch das SYSCILIA-Projekt im Rahmen der Thematik Gesundheit des Siebten Rahmenprogramms (RP7) finanziert. Untersucht wurden insgesamt 850 Proteine als mögliche Ursachen für drei erblich bedingte Zilienerkrankungen: Nephronophthise, Joubert-Syndrom und Meckel-Gruber-Syndrom. Um herauszufinden, wie diese Proteine interagieren und vorherzusagen, welche von ihnen zur Entstehung dieser Krankheiten beitragen, analysierten sie die Proteine und entdeckten im Verlauf dessen die beiden neuen Gene. Ziliopathien resultieren aus genetischen Defekten spezieller Zellfortsätze, den so genannten Zilien (auch Flimmerhärchen genannt). Das Zilium spielt eine besondere Rolle, da es an zellulären Signalwegen während der Entwicklung fast aller Körperzellen beteiligt ist. Zilien, die wie Antennen aus der Zelloberfläche hervorragen, haben verschiedenste Funktionen: in den Atemwegen beispielsweise sorgen sie für den Abtransport von Schleim, in den Nieren liefern sie Informationen über Stärke oder Richtung des vorbei fließenden Urins. Eine Störung der Zilienbildung wird als Ursache für eine Vielzahl von Erkrankungen gesehen. Über den Aufbau dieser Zilien, ihre Vernetzung, Dynamik und die mit entsprechenden molekularen Bausteinen assoziierten Signalwege sowie assoziierte Proteinnetzwerke ist allerdings noch wenig bekannt. Im Fachblatt Cell beschreiben die Forscher, wie sie bei ihren Untersuchungen an einer pakistanischen Familie, in der vier Geschwister am Joubert-Syndrom erkrankt waren, zwei Methoden kombinierten: neben Genanalyseverfahren analysierten sie die dazugehörige Proteinnetzwerkkarte und entdeckten auf diese Weise Mutationen im Gen TCTN2, die zur Entstehung der Krankheit führen. Zur Erkrankung kommt es dann, wenn ein Kind das defekte Gen von beiden Elternteilen erbt. Das Joubert-Syndrom beeinträchtigt die Gehirnfunktion und führt damit zu geistiger Behinderung, Bewegungs- und Koordinationsstörungen sowie anderen Symptomen wie Fehlbildungen von Nieren und Augen. Schätzungsweise ist eines von 100.000 Kindern betroffen, obwohl die Forscher davon ausgehen, dass die Dunkelziffer der erkrankten Kinder weltweit deutlich höher liegt. Bislang wurden 10 Gene für die Entstehung des Joubert-Syndroms dingfest gemacht. Einer der Studienautoren am kanadischen Zentrum CAMH (Canada's Centre for Addiction and Mental Health) war bereits zuvor auf das Gen CC2D2A gestoßen, das für 9% aller Fälle des Joubert-Syndroms zuständig ist. "Ein Defekt an einer beliebigen Stelle dieses molekularen Signalwegs könnte sich auf klinischer Ebene sehr ähnlich auswirken", wie Dr. John Vincent erklärt. Das andere im Rahmen der Studie identifizierte Ziliopathie-Gen - Atxn10 - verursacht Nephronophthise, die ebenfalls mit Nieren- und Augenfehlbildungen einhergeht. Der innovative Netzwerkansatz der Studie hat der Genforschung deutlichen Auftrieb gegeben. Einige der Forscher kartierten für ihre Suche nach den Genen ein Netzwerk von Proteinen, die möglicherweise für die Entstehung von Ziliopathien verantwortlich sind, indem sie in häufigen Signalwegen interagieren. Studienautorin Rachel Giles vom Universitätsmedizinischen Zentrum UMC im niederländischen Utrecht erläutert, dass mit dem neuen Ansatz zur Analyse von Proteinnetzwerken künftig weitere neue Gene enthüllt werden könnten: "Hier handelt es sich um eine neue Sprache für die Suche nach den verantwortlichen Genen, denn herkömmliche Methoden sind oft wenig hilfreich, wenn es um seltene familiäre Erbkrankheiten geht. Unsere Methode hingegen kombiniert systembiologische und biochemische Ansätze, was in diesem Fall erfolgreich war. Damit leisten wir Familien, in denen seltene Erbkrankheiten (so genannte "orphan diseases") auftreten, und deren behandelnden Ärzten Hilfestellung bei der Diagnose und können ihnen den Krankheitsverlauf besser erklären. Mit der Methode könnten auch Gene identifiziert werden, die für häufigere Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas verantwortlich sind." Ziel von SYSCILIA war es, in einem systembiologischen Ansatz molekulare Mechanismen zur Charakterisierung der Zilienfunktion und mutationsbedingte diskrete Funktionsstörungen als Ursache für erbliche Ziliopathien zu identifizieren. Das Projektkonsortium, bestehend aus 16 Forschungseinrichtungen in Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich sowie den Vereinigten Staaten arbeitet an der umfassenden Bereitstellung aussagefähiger quantitativer Daten für die systematische Analyse der Zilienfunktion. Die Erfolge von SYSCILIA seit dem Start im Juni 2010 sind durchaus beeindruckend: im Dezember vergangenen Jahres entdeckten die Forscher bei Hunden ein Gen für Primäre Ciliäre Dyskinese (PCD), eine seltene genetische Atemwegserkrankung, die bei Menschen und Hunden auftritt. 2015 wird SYSCILIA abgeschlossen sein.Weitere Informationen finden Sie unter: SYSCILIA: http://syscilia.org/index.shtml

Länder

Kanada, Deutschland, Indien, Niederlande, Pakistan, Vereinigte Staaten

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