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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Genanalysen an Hunden statt an Menschen liefern Aufschluss über seltene genetisch bedingte Atemwegserkrankungen

EU-finanzierte Forscher entdeckten ein neues Gen, dass für primäre ciliäre Dyskinesie (PCD) verantwortlich ist - eine seltene genetische Atemwegserkrankung, die nicht nur Menschen, sondern auch Hunde betrifft. Finanziert wurden die im Fachblatt Nature Genetics vorgestellten Er...

EU-finanzierte Forscher entdeckten ein neues Gen, dass für primäre ciliäre Dyskinesie (PCD) verantwortlich ist - eine seltene genetische Atemwegserkrankung, die nicht nur Menschen, sondern auch Hunde betrifft. Finanziert wurden die im Fachblatt Nature Genetics vorgestellten Ergebnisse zum Teil durch das Siebte Rahmenprogramm (RP7) der EU. Mithilfe der Hundemodelle könnten sich, wie die Forscher hoffen, bald schon ganz neue Möglichkeiten für Therapien gegen PCD und zur Erforschung menschlicher Erbkrankheiten an Hunden ergeben. Entdeckt wurde das neue Gen durch Forscher des Projekts LUPA ("Unravelling the molecular basis of common complex human disorders using the dog as a model system"), das mit 12 Mio. EUR unter dem Themenbereich Gesundheit des Siebten Rahmenprogramms (RP7) finanziert wurde. Auch zwei andere RP7-Projekte - EUCILIA und SYSCILIA - trugen zum Erfolg der Studie bei. EUCILIA ("Pathophysiology of rare diseases due to ciliary dysfunction: nephronophthisis, oral-facial-digital type 1 and bardet-biedl syndromes") wurde mit 2,93 Mio. EUR und SYSCILIA ("A systems biology approach to dissect cilia function and its disruption in human genetic disease") mit mehr als 11 Mio. EUR gefördert. Aktuell leidet einer von 20.000 Menschen an PCD. Charakteristisch hierfür ist eine Dysfunktion sogenannter Zilien, was bei den betroffenen Menschen oder Tieren in der Regel zu chronischen Atemwegsinfektionen führt. Diese zahlreich auf der Oberfläche der Atemwege vertretenen Flimmerhärchen sorgen durch ihre Bewegung u.a. dafür, dass Mikroorganismen aus der Umgebungsluft nicht in die Lunge vordringen können. Sind die Zilien unbeweglich oder nur eingeschränkt beweglich, wie es bei PCD der Fall ist, gelangen die krankmachenden Keime ungehindert in den Körper. Als gesichert gilt, dass eine Reihe von Mutationen im Erbgut für die Erkrankung verantwortlich ist, für fast zwei Drittel aller Betroffenen steht eine medizinische Erklärung allerdings noch aus. Um die genetischen Ursachen einer Reihe menschlicher Erkrankungen besser zu verstehen, untersuchten und verglichen Forscher DNA-Proben reinrassiger Hunde, die entweder gesund waren oder an ähnlichen Erkrankungen wie Menschen litten, da Hunde und Menschen häufig von den gleichen Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Epilepsie betroffen werden. Die biomedizinische Forschung untersucht nun vermehrt an erkrankten Hunden jene Gene, die auch Menschen krank machen. 2007 analysierten Forscher der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Lüttich Welpen der britischen Hunderasse Bobtail (Old English Sheepdog) mit chronischen Atemwegsentzündungen. Da die Forscher bereits einen Zusammenhang zwischen einer Genmutation und der Krankheit vermutet hatten, konzentrierten sie sich nun auf PCD, da eines der Welpen einen Situs Inversus aufwies (ein Organ befindet sich spiegelverkehrt auf der anderen Seite des Brustraumes). Die von Wissenschaftlern des GIGA-Forschungszentrums der Universität Lüttich (GIGA-ULg) in Belgien geleitete Studie analysierte die DNA fünf erkrankter Hunde und verglich die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe von 15 gesunden Hunden. Mithilfe 40.000 genetischer Marker wurde eine mit der Krankheit assoziierte Region auf dem Hundechromosom 34 und eine Mutation im Gen CDC39 entdeckt. "Wir entdeckten 15 verschiedene auslösende Mutationen für PCD", erklärt Forschungsleiterin Dr. Anne-Christine Merveille vom GIGA-ULg, "mit denen sich die Hälfte der analysierten Fälle und rund 5% aller weltweiten Erkrankungen erklären lassen." Und LUPA-Projektkoordinatorin Dr. Anne-Sophie Lequarr‚ ebenfalls eine der Studienautorinnen, fügt hinzu: "Durch Identifizierung dieses Gens als Ursache für die Erkrankung können wir den betroffenen Familien besser helfen." Zum Einsatz von Hunden in der medizinischen Erforschung von Erbkrankheiten erklärt Máire Geoghegan-Quinn, EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft: "Hier wird deutlich, dass der Hund nicht nur der beste Freund des Menschen ist, sondern auch vielfach unter den gleichen Krankheiten leidet. Damit können Hunde uns helfen, diese Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln. Ich möchte allen gratulieren, die an dieser Studie beteiligt waren. LUPA ist ein hervorragendes Beispiel für innovative und bahnbrechende Gesundheitsforschung, die sowohl den Menschen als auch den Hunden nutzen wird, und die unser medizinisches Wissen voranbringt." An der Studie waren Forscher aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Israel und den Vereinigten Staaten maßgeblich beteiligt.

Länder

Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Israel, Vereinigte Staaten

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