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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Forscher enträtseln Geheimnis der Lager-Hefe

Ist ein wilder Hefestamm, der von Amerika nach Europa eingeschleppt wurde, der Ur-Vater des heute so beliebten Lagerbiers? Ein internationales Forscherteam ist dieser wilden Hefe nun auf die Spur gekommen. Wie in der Forschungsarbeit beschrieben, bildet die aus den Buchenwälde...

Ist ein wilder Hefestamm, der von Amerika nach Europa eingeschleppt wurde, der Ur-Vater des heute so beliebten Lagerbiers? Ein internationales Forscherteam ist dieser wilden Hefe nun auf die Spur gekommen. Wie in der Forschungsarbeit beschrieben, bildet die aus den Buchenwäldern im Hochland Patagoniens zwischen Argentinien und Chile stammende Hefe die Basis für das Gären bei niedrigerer Raumtemperatur und damit das Lagerbier. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht. Der Übergang von der nomadischen Lebensweise zur Sesshaftigkeit und das Bevölkerungswachstum waren geprägt von der Domestikation von Pflanzen und Tieren. Wie stand es jedoch um die Nutzung von Mikroben zur Herstellung von Nahrungsmitteln? Zwar wussten Forscher und Bierbrauer schon länger, dass Hefe, mit der Bier bei niedrigen Temperaturen gebraut werden kann, eine Hybridform ist. Bekannt war bislang jedoch nur die eine Hälfte dieser Form: Saccharomyces cerevisiae, auch Bäckerhefe genannt, mit der Sauerteig, Wein und Ale hergestellt wird. In ihrer jüngsten Studie nun fanden Forscher aus Argentinien, Portugal und den Vereinigten Staaten heraus, dass Lagerbier, dessen Entstehung auf das 15. Jahrhundert zurückgeht, mit der allotetraploiden Hybridhefe Saccharomyces pastorianus gebraut wurde. Die heutige Brauhefe ging aus der Verschmelzung einer S. cerevisiae-Ale-Hefe und einer bislang unbekannten kältetoleranten Saccharomyces-Art hervor. Aus dieser Fusion entstand das Artengemisch, mit dem heute das untergärige, erstmals im Bayern des 15. Jahrhunderts gebraute Lager hergestellt wird, das sich noch heute weltweit großer Beliebtheit erfreut. "Wir bezeichnen die nun isolierte Art als Saccharomyces eubayanus sp. nov., nach dem schon bekannten Stamm Saccharomyces bayanus (einer komplexen Hybridart aus S. eubayanus, Saccharomyces uvarum und S. cerevisiae, die nur im Brauereiwesen zu finden ist)", heißt es im Forschungsbericht. "Nach dieser Hefe hat man Jahrzehnte lang gesucht", so Professor Chris Todd Hittinger von der Universität Wisconsin-Madison, Vereinigte Staaten, Koautor der Studie. "Und jetzt besteht kein Zweifel mehr: es handelt sich um das fehlende Bindeglied. Was wir nicht sagen können, ist allerdings, ob es auch in der Natur existiert und einfach bislang nicht gefunden wurde." Die neue Hefe Saccharomyces eubayanus wurde durch ein weltweites Gemeinschaftsprojekt unter Leitung von José Paulo Sampaio und Paula Gonçalves von der Neuen Universität Lissabon in Portugal entdeckt. Um das Rätsel um die Lager-Hefe zu lösen, haben die Forscher europäische Hefesammlungen analysiert, wissenschaftliche Beiträge durchforstet und verschiedene neue Hefen aus europäischen Brauereien erfasst. Trotz intensivster Bemühungen wurde man jedoch keiner Hefe europäischen Ursprungs fündig, und so dehnten die Forscher ihre Suche weltweit aus. Diego Libkind, Studienleiter am argentinischen Institut für Biodiversität und Umweltforschung (CONICET) fand in durch Gallen infizierten Buchen einen Kandidaten, dessen genetische Ausstattung der noch fehlenden Hälfte der hybriden Lager-Hefe ähnlich ist. "Buchengallen enthalten sehr viele Einfachzucker", erklärt Professor Hittinger. "Und Hefen gedeihen besonders gut in solch zuckerreichem Milieu." Dr. Libkind zufolge ist die Hefe so aktiv, dass sie sogar in den Baumwucherungen fermentiert. "Wenn die Gallen überreif sind, fallen sie zum Waldboden hinab. Dort bilden sie einen dicken Teppich, der intensiv nach Alkohol riecht - wahrscheinlich aufgrund der Arbeit unserer neuen Saccharomyces eubayanus." Das internationale Forscherteam sequenzierte das Genom und war erfolgreich: "Sie hat zu jeder bekannten Wildart der Hefe Unterschiede im Genom, ist aber zu 99,5% identisch mit dem Teil des Lagerbiergenoms, der nicht von S.cerevisiae stammt", sagt Professor Hittinger. "Unsere Entdeckungen lassen darauf schließen, dass die Vermischung sofort zu einem ersten Prototypen der Lagerbierhefe führte, der mehr tolerant gegenüber Kälte war als die dunkle Bierhefe und ideal war für die kalten Bayerischen Lagerprozesse. Hinzu kamen dann noch einige neue Variationen, die die Verstoffwechslung von Zucker verbesserten, sodass sie letztendlich mehr einer Ale-Hefe ähnelte und sich besser zur Herstellung von Bier eignete."Weitere Informationen finden Sie unter: CONICET: http://www.conicet.gov.ar/web/conicet/inicio PNAS: http://www.pnas.org/

Länder

Argentinien, Chile, Portugal, Vereinigte Staaten