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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Das Geheimnis superschneller Fledermausmuskeln

Das Echoortungssystem ist die Wunderwaffe der Fledermäuse - sie ermöglicht ihnen die Orientierung und die Jagd nach Beute. Die ausgestoßenen Ultraschallwellen werden von Objekten als Reflexionen zurückgeworfen, woraus sich die Tiere ein genaues Abbild ihrer Umgebung schaffen, ...

Das Echoortungssystem ist die Wunderwaffe der Fledermäuse - sie ermöglicht ihnen die Orientierung und die Jagd nach Beute. Die ausgestoßenen Ultraschallwellen werden von Objekten als Reflexionen zurückgeworfen, woraus sich die Tiere ein genaues Abbild ihrer Umgebung schaffen, selbst in völliger Dunkelheit. Ein dänisch-amerikanisches Forscherteam enthüllte nun, auf welche Weise dieses perfekte System funktioniert. Wie die im Fachblatt Science von Forschern der Universität Süddänemark und der Universität Pennsylvania, Vereinigte Staaten, vorgestellte Studie darlegt, verdanken Fledermäuse ihre bemerkenswerte Fähigkeit superschnellen Muskeln, die bis zu 100 Mal schneller kontrahieren können als normale Körpermuskeln. Die Bewegungen dieser Muskeln übertreffen den schnellsten menschlichen Muskel, der die Augenbewegung steuert, um das 20-fache. "Bisher waren solche superschnellen Muskeln nur von Klapperschlangen, Singvögeln und einigen Fischarten bekannt", erklärt Studienleiter Professor Coen Elemans von der Universität Süddänemark. "Die als bislang außergewöhnlich geltenden superschnellen Muskeln sind nun erstmals bei Säugetieren nachgewiesen worden - und damit verbreiteter als angenommen." Im Unterschied zur visuellen Verarbeitung, die einen relativ kontinuierlichen Informationsfluss liefert, erhalten die Tiere bei der Echoortung mit jedem Ruf und Echo eine Momentaufnahme ihrer Umgebung. Hierfür müssen die Tiere in schneller Folge Ultraschallwellen aussenden. Während der Jagd auf fliegende Beute muss die Position des Opfers ständig aktualisiert werden - eine echte Herausforderung, denn Insekten bewegen sich schnell in verschiedene Richtungen. Beim Sturzflug auf die Beute steigert die Fledermaus ihre Echoortung auf bis zu 190 Rufe pro Sekunde. "Fledermausforscher vermuteten, dass die Muskeln, die diese Fähigkeit vermitteln, sehr schnell sein müssen. Die tatsächliche Funktionsweise war allerdings nicht geklärt", sagt Andrew Mead, Doktorand am Institut für Biologie der Penn's School of Arts and Science. "Superschnelle Muskeln sind nun aber eine Welt für sich, sodass die Studie Expertise aus vielen Forschungsbereichen wie Muskelforschung, Bioakustik und Echoortung sowie Tierverhaltensforschung vereint." Die Forscher testeten die Leistung der Kehlkopfmuskeln von Fledermäusen, indem sie ein Muskelfaserbündel zwischen einem Motor und einem Kraftsensor positionierten und elektrisch stimulierten. Bei stehendem Motor wurde berechnet, wie lange der Fledermausmuskel nach einem einzelnen elektrischen Impuls braucht, um zu zucken bzw. sich zusammenzuziehen und zu entspannen. "Ein Zucken ist die Zeitspanne, in der eine Muskelzelle vom Zusammenziehen bis zur Entspannung alle Phasen und chemischen Reaktionen durchläuft", erklärt Dr. Mead. "Je schneller der Muskel ist, desto kürzer ist das Zucken. Bei diesen Muskeln dauerte der gesamte Bewegungsablauf weniger als eine hundertstel Sekunde." Um abschätzen zu können, wie viel Arbeit die Muskulatur in der Fledermaus verrichtete, veränderten die Forscher die Länge des Muskels während der Kontraktion. Bei eingeschaltetem Motor wurde der Muskel mit einer steuerbaren Geschwindigkeit verlängert und verkürzt. Während der Muskel gedehnt wurde, wurde er stimuliert, damit er sich zusammenzieht. Daran konnte beobachtet werden, ob der Muskel stärker am Motor zog als der Motor am Muskel. Um herauszufinden, ob es sich wirklich um einen superschnellen Muskel handelte, wurde die Motordrehzahl auf mehr als 100 Schwingungen pro Sekunde erhöht. "Wie viele Zuckungen der Muskel in einer festgelegten Zeit absolvieren kann, ist immer begrenzt", so Dr. Mead. "Wird die Frequenz weiter erhöht, überlappen sich irgendwann die Zuckungen und der Muskel kann sich nicht mehr vollständig entspannen. Wir wählten die höchstmögliche Frequenz, bei der noch immer eine Entspannung gewährleistet war." Professor Elemans erklärt weiter: "Die Kraft des Muskels ermittelten wir ähnlich wie die Leistung bei einem Auto. Überraschend war, auch in Fledermäusen einen solchen superschnellen Muskel mit einer Frequenz von bis zu 190 Kontraktionen pro Sekunde zu finden, gleichzeitig ist es aber auch der Muskel selbst, der die maximale Rufanzahl während eines Sturzfluges festlegt." Und Dr. Mead fügt hinzu: "Man muss sich das wie einen Automotor vorstellen, der entweder auf Effizienz oder auf Leistung eingestellt wird, abhängig von der jeweiligen Aufgabe. Wie sich herausstellte, wenden Fledermäuse viel Kraft auf, um diese schnellen Schwingungen zu erzeugen. In gewisser Hinsicht entspricht dies einem Motor mit extrem hoch eingestellter Drehzahl."Weitere Informationen finden Sie unter: Universität Süddänemark: http://www.sdu.dk/?sc_lang=en Science: http://www.sciencemag.org/

Länder

Dänemark, Vereinigte Staaten

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