Niedrige Proteinwerte lösen TAR-Syndrom aus
Ein europäisches Wissenschaftlerteam hat herausgefunden, dass das Radiusaplasie-Thrombozytopenie-Syndrom (TAR), eine seltene erbliche Fehlbildung, durch geringe Werte des Proteins Y14 ausgelöst wird. Die im Fachblatt Nature Genetics präsentierten Erkenntnisse könnten zur Entwicklung einer medizinischen Untersuchung führen, mit der pränatale Diagnostik und genetische Beratung in Familien, die von TAR betroffen sind, möglich wird. Die Studie wurde zum Teil durch das Projekt NETSIM ("An integrated study on three novel regulatory hubs in megakaryocytes and platelets, discovered as risk genes for myocardial infarction by a genome-wide association and platelet systems biology study") finanziert, das durch eine Finanzhilfe aus der Marie-Curie-Aktion "Networks for Initial Training" (Erstausbildungsnetze) in Höhe von 2,85 Mio. EUR unter dem Siebten Rahmenprogramm der EU (RP7) unterstützt wird. Thrombozyten sind die zweithäufigste Zellform im Blut und eine natürliche Quelle von Wachstumsfaktoren, deren primäre Aufgabe es ist, sich an geschädigte Blutgefäße zu hängen und zu reparieren. Es gibt Menschen, die mit einer geringen Anzahl von Blutplättchen geboren werden. Es ist eine seltene Erkrankung, die Forschern zufolge vererbt wird. Die Forscher setzten unter der Leitung der Universität Cambridge im Vereinigten Königreich genetische Sequenzierung ein, um zu bestimmen, wie das Syndrom durch einen einzigartigen Vererbungsmechanismus auftritt. Nach Angaben der Forscher kombiniert das TAR-Syndrom die Eigenschaften einer niedrigen Thrombozytenzahl mit auffälligen Blutungen sowie Skelett-Anomalien, die die oberen Extremitäten betreffen, angefangen bei einem fehlenden radialen Knochen im Unterarm bis hin zum kompletten Fehlen der oberen Extremität. Die Forscher versuchen bereits seit einem halben Jahrhundert die genetischen Ursachen des TAR-Syndroms zu bestimmen, bislang aber ohne Ergebnis. Doch diese neueste Studie hat Früchte getragen. "Ohne den Einsatz moderner Genomiktechnologien wäre es schwieriger gewesen, diesen unerwarteten Mechanismus der Krankheitsvererbung zu entdecken", sagte der leitende Autor, Dr. Cornelis Albers vom Sanger Institut und der Universität Cambridge. "Um unsere neuesten Erkenntnisse zu erzielen, entzifferten wir etwa 40 Millionen Buchstaben des genetischen Codes bei 5 Patienten." Experten stellten fest, bei wie vielen Menschen mit TAR eine Deletion in einer Kopie von Chromosom 1 vorkam: allerdings schien dies nicht alles zu sein, da bei Eltern mit der gleichen Deletion TAR nicht diagnostiziert wurde. Also mussten andere Varianten eine Rolle spielen. In dieser Studie sequenzierten die Forscher die Genome von Menschen mit dieser Erkrankung, bei denen auch die Deletion vorkam, und sie fanden heraus, dass bei den meisten von ihnen eine von zwei Varianten des Gens RBM8A auftrat. TAR wird ausgelöst, wenn die genetische Deletion und eine der Varianten zusammen von einem Kind geerbt werden. RBM8A steuert die Y14-Produktion. Die Kombination der genetischen Deletion einer Kopie des Gens RBM8A und der Varianten in der anderen Kopie verringert die Y14-Werte. Damit wirken sich geringe Y14-Werte auf die Thrombozytenbildung aus und führen zum TAR-Syndrom. "Die mangelhafte Produktion von ausreichenden Mengen des Proteins Y14 bei TAR-Patienten scheint sich nur auf die Bildung von Thrombozyten auszuwirken, aber nicht auf andere Blutzellen", sagte Dr. Cedric Ghevaert von der Universität Cambridge, Senior-Autor der Studie. "Wir haben etwas Licht auf die Frage geworfen, wie einige Erbkrankheiten solche Auffälligkeiten besitzen können, bei denen scheinbar unverbundene Merkmale wie Skelett- und Blutdefekte miteinander assoziiert sind." Dr. Ruth Newbury-Ecob von der Universität Bristol und Co- Autorin: "Durch die Entdeckung des Gens für TAR wird es einfacher werden, künftige Fälle mit einem einfachen DNA-Test genauer zu diagnostizieren. Dieser neue Test wird derzeit für NHS als Teil der internationalen ThromboGenomics-Initiative unter der Leitung von Professor Ouwehand entwickelt."Weitere Informationen finden Sie unter: Universität Cambridge: http://www.cam.ac.uk/(öffnet in neuem Fenster) Nature Genetics: http://www.nature.com/ng/index.html(öffnet in neuem Fenster)
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Vereinigtes Königreich