Schilddrüsen-App betreut Personen mit Hashimoto persönlich, wissenschaftlich fundiert und gemeinschaftsorientiert
Autoimmunkrankheiten provozieren das Immunsystem einer Person dazu, Teile des eigenen Körpers fälschlicherweise als Eindringling zu identifizieren, wodurch diese angegriffen und zerstört werden. Diese Erkrankungen werden durch eine Kombination aus DNS-Mutationen und Aspekten des Lebens in Industriegesellschaften ausgelöst. Zu diesen zählen zum Beispiel verarbeitete Lebensmittel und giftige Chemikalien. Das EU-finanzierte Projekt BOOST HEALTH hat sich mit der Hashimoto-Thyreoiditis, der häufigsten Autoimmunerkrankung, beschäftigt. Sie bewirkt, dass das Immunsystem die Schilddrüse langsam zerstört, wobei eine Unterfunktion die Folge ist. Dieser ständige entzündliche Prozess hat eine Vielzahl von Symptomen wie zum Beispiel Angst, Müdigkeit, Gewichtszunahme, Benommenheit und Fruchtbarkeitsprobleme. Das Projekt entwickelte www.boostthyroid.com (BOOST Thyroid) weiter. Dabei handelt es sich um die erste wissenschaftlich fundierte, kostenlose Smartphone-App (derzeit für iPhone verfügbar) für Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis oder Schilddrüsenunterfunktion.
Wie Betroffene ihre Erkrankungen genau im Blick behalten können
Die App BOOST Thyroid ermöglicht es den Menschen, Symptome, Labortests, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel (einschließlich Erinnerung an deren rechtzeitige Einnahme) zu analysieren und nachzuverfolgen. Eine auf maschinelles Lernen eingerichtete Engine bietet den Betroffenen außerdem immer stärker personalisierte, wissenschaftlich geprüfte Gesundheitsinformationen und -empfehlungen. Patientinnen und Patienten können Berichte über ihr Wohlbefinden erstellen, um sich ihren persönlichen Gesundheitszustand besser zu vergegenwärtigen. Sie sind bei einer Vordiagnose hilfreich, etwa wenn sich die Menschen auf einen Arztbesuch vorbereiten, indem sie die Symptome verfolgen, um dem ärztlichen Fachpersonal mehr Daten zur Verfügung stellen zu können. Dank der Unterstützung der EU konnte das Projekt mehrere Aktualisierungen veröffentlichen. Dadurch wurde die Bewertung im App Store von 4,4 auf 4,5 Sterne erhöht und es kamen 300 weitere Bewertungen, davon 250 mit 5 Sternen, hinzu. Eine Online-Umfrage unter 480 Nutzerinnen und Nutzern bestätigte den Wert der App. 89 % der Befragten gaben an, dass die Informationen der App ihnen dabei geholfen haben, ihre Symptome hin zum Besseren zu beeinflussen.
Unzureichende Forschung und Nachholbedarf im wissenschaftlichen Wissen
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse werden oft zu spät diagnostiziert, da eines der Probleme dabei die große Anzahl verschiedener Symptomen ist, die eine Person aufweisen kann und die auch noch von unterschiedlicher Dauer und Intensität sind. Manchmal werden sie als depressive Erkrankungen fehldiagnostiziert. Außerdem sind überwiegend Frauen von Autoimmun- und Schilddrüsenerkrankungen betroffen. „In der Vergangenheit wurden Frauen betreffende Erkrankungen nicht so gut erforscht wie jene, an denen Männer erkranken. Weniger individualisierte Präventionsstrategien sind die Folge“, erklärt Projektkoordinatorin Vedrana Högqvist Tabor. „Unsere Aufgabe ist es nun, die Patientinnen und Patienten mit aus der Forschung abgeleiteten Erkenntnissen und einem digitalen Werkzeug für gezieltere Gespräche mit ihren Ärztinnen und Ärzten auszustatten.“
Für Chancengleichheit im Gesundheitsbereich sorgen
Rund 350 Millionen Menschen weltweit leben mit der autoimmunen Schilddrüsenerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis. In Europa gibt es etwa 40 Millionen Menschen mit diagnostizierter Hashimoto-Thyreoiditis und 50 Millionen Menschen, die auf eine Diagnose warten. Die Erkrankung begleitet die Menschen lebenslang und auf vielfältige Weise. Sie verschlimmert sich mit dem Alter. Da sie mit etlichen gesundheitlichen Komplikationen wie etwa Unfruchtbarkeit, Herzproblemen und Fettleibigkeit in Verbindung gebracht wurde, ist eine gute Strategie grundlegend wichtig, um das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen und den Menschen ein angenehmes Altern zu sichern. „Auch wenn sich die Hinweise häufen, dass die am häufigsten eingesetzten Schilddrüsenmedikamente nicht allen Patientinnen und Patienten helfen, wird nur wenig getan, um neuartige Behandlungsmethoden zu erschließen“, erläutert Tabor. „Gesundheitstechnologie kann durch Verschmelzung der Stärkung der Handlungskompetenz von Patienten mit erweiterter Realität in Medizin und Forschung das Krankheitsmanagement von einer reaktiven hin zu einer präventiven Behandlung verändern.“ Die von BOOST Thyroid generierten Daten werden die Forschung über Autoimmunkrankheiten beschleunigen und das Wissen über Autoimmunkrankheiten auf eine Stufe mit dem Wissen über die „männlichen“ Krankheiten bringen. Während das Team noch die durch Schilddrüsenunterfunktion und die Hashimoto-Thyreoiditis verursachten gesundheitlichen Komplikationen erforscht, lotet es in seinem Bestreben um die Entwicklung immer individuellerer Behandlungen weiterhin das maschinelle Lernen sowie die Generierung und den Austausch von Daten für die Grundlagenforschung aus.
Schlüsselbegriffe
BOOST HEALTH, autoimmun, Schilddrüse, Krankheit, Hashimoto-Thyreoiditis, Angst, Müdigkeit, Gewichtszunahme, Hirnleistungsstörungen, Benommenheit, Fruchtbarkeitsprobleme