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Systems Biology of Alcohol Addiction: Modeling and validating disease state networks in human and animal brains for understanding pathophysiolgy, predicting outcomes and improving therapy

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Die Netzwerke des Gehirns könnten der Schlüssel zur Suchtbehandlung sein

Ein besseres Verständnis der Hirnmechanismen, die an der Entstehung von Sucht beteiligt sind, könnte Forschenden dabei helfen, die Anfälligkeit für Alkoholismus frühzeitig zu erkennen, und zu stärker personalisierten und wirksameren Behandlungsmöglichkeiten führen.

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Alkoholsucht stellt in vielen Teilen der Welt eine erhebliche Belastung dar – vor allem aber in Europa. Die EU verzeichnet gegenwärtig mit 11 Litern pro Jahr den weltweit höchsten Konsum an reinem Alkohol pro Person und schätzungsweise rund 20 Mio. Europäerinnen und Europäer leiden an einer Form von Alkoholkonsumstörung. Beim Verständnis der psychologischen und neurobiologischen Prozesse, die Suchterkrankungen zugrunde liegen, wurden zwar durchaus Fortschritte erzielt, doch die Umsetzung dieses wissenschaftlichen Wissens in eine klinische Behandlung gestaltet sich etwas komplizierter. Um auf dieses Problem einzugehen, hat das EU-finanzierte Projekt SyBil-AA fragmentierte Forschungsbemühungen aus Europa im Bereich des Alkoholismus integriert und mit einer innovativen mathematischen Modellierung kombiniert.

Neue Ansätze für die Suchttherapie

Vor allem wollte das Projekt SyBil-AA die bestehende Lücke zwischen wissenschaftlichem Wissen und der Behandlung von Alkoholismus überbrücken. „Wir wollten alle Hirnregionen parallel und logisch betrachten, um herauszufinden, ob wir potenzielle neue therapeutische Ziele oder neue Konfigurationen komplexer neuronaler Netze finden können“, erklärt Projektkoordinator Wolfgang Sommer, Arbeitsgruppenleiter am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, Deutschland. Professor Sommer ist der Ansicht, dass alle neurologischen Interaktionen im Verbund analysiert werden sollten und dass auch die gesellschaftlichen und verhaltensbezogenen Implikationen von Sucht einbezogen werden müssen. Ein solcher Ansatz könnte deutlich zum Verständnis der unterschiedlichen Verlaufskurven der Alkoholsucht bei Betroffenen beitragen und es Medizinerinnen und Medizinern damit erleichtern, zielgerichtetere Therapien festzulegen. Zu diesem Zweck wurden Modelle des „rezidivanfälligen“ Gehirnzustands erstellt. Dadurch konnten die Forschenden ein detaillierteres Bild der neuronalen Eigenschaften erhalten, die dazu führen, dass Menschen mit Alkoholkonsumstörungen beim Versuch, ihre Sucht zu bewältigen, rückfällig werden. Anhand der Modelle konnten die Forschenden neue, nicht-invasive Therapien gegen Alkoholismus sowie neue pharmakologische Kandidatenverbindungen testen.

Alkoholmissbrauch besser verstehen

„Wir konnten in relativ kurzer Zeit Ergebnisse erzielen“, so Prof. Sommer. „Wir haben bestimmte Hirnregionen entdeckt, die Potenzial für die weitere Forschung versprachen, während andere hingegen ohne Belang waren. Dadurch kann sich die Forschung in Zukunft auf die Teile des Gehirns konzentrieren, die ein solches Potenzial bieten.“ So hat das Projektteam beispielsweise Teile des Gehirns identifiziert, bei denen die Schädigung fortschreitet, wenn die Betroffenen den Alkoholkonsum einstellen. Das lässt darauf schließen, dass das Gehirn nach Bewältigung der Sucht längere Zeit braucht, um sich zu erholen – eine Erkenntnis, die wichtige Auswirkungen auf die Suchtbehandlung haben könnte. Das Projekt identifizierte außerdem bestimmte Veränderungen im Gehirn, die einen Anhaltspunkt für neue Therapien gegen Alkoholismus liefern könnten, sowie Biomarker, mit denen die klinische Wirksamkeit geprüft werden könnte. Obwohl SyBil-AA bereits im Dezember 2019 offiziell abgeschlossen wurde, wird das Projekt auch weiterhin einen positiven Einfluss auf die Art und Weise der Suchtforschung haben. Insgesamt arbeiteten 18 promovierende und promovierte Forscher – 13 davon Frauen – am Projekt und verfolgen nun eine vielversprechende akademische Laufbahn. „Das Projekt selbst ist zwar abgeschlossen, doch die Analyse der von uns zusammengetragenen Daten wird noch einige Jahre weiterlaufen“, fügt Prof. Sommer an. „Aus vielen der Kooperationen, die wir aufgebaut haben, hat sich inzwischen eine sehr enge Zusammenarbeit entwickelt.“

Schlüsselbegriffe

SyBil-AA, Alkohol, Sucht, Gehirn, neuronal, Alkoholismus, neurologisch, pharmakologisch

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