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Die Netzhaut als einzigartiges Fenster zum Gehirn

Viele neurologische Erkrankungen werden erst bemerkt, wenn erkennbare Symptome vorliegen, was die Behandlung verzögert und das Fortschreiten der Krankheit ermöglicht. Die KI-gestützte Bildbearbeitung gewöhnlicher Netzhautscans könnte eine einfach zugängliche Früherkennung neurodegenerativer Erkrankungen unterstützen.

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Etwa sechs von zehn Europäerinnen und Europäern leiden an einer Erkrankung des Nervensystems, der Kategorie von Krankheiten, welche weltweit die vorherrschende Ursache von Behinderungen ist. Da die Prävalenz von Erkrankungen des Nervensystems mit höherem Alter ansteigt und die alternde Bevölkerung wächst, könnten diese Erkrankungen Menschen zunehmend beeinträchtigen und die Gesundheitssysteme immer mehr belasten. Eine frühe Erkennung und optimale Überwachung sind für eine bessere Behandlung der Erkrankungen sowie für ein langsameres Fortschreiten und eine Verzögerung von Behinderungen entscheidend. Das EU-finanzierte Projekt Nocturne ermöglicht dies durch eine raffinierte Analyse gewöhnlicher Netzhautscans.

„Unsichtbare“ Symptome sichtbar machen

Der Sehnerv und die Netzhaut sind eine im Embryostadium entstehende Ausstülpung des Hirngewebes. Ella M. Kadas, Projektkoordinatorin von Nocturne sowie Gründerin und Unternehmensleiterin des KMU Nocturne GmbH, erklärt: „Da ihre zelluläre Zusammensetzung dem Hirngewebe ähnelt, bietet die Netzhaut eine einzigartige Möglichkeit, Veränderungen durch Erkrankungen des Nervensystems auszuwerten. Durch hochauflösende, dreidimensionale optische Kohärenztomografie (OCT) wird es erstmals möglich, diese Veränderungen in einer klinischen Umgebung zu erkennen. Für die Früherkennung und Behandlung kombinierte Nocturne diese Technik mit ausgeklügelter KI-gestützter Bildverarbeitung, um spezifische Veränderungen der Netzhaut, die mit bestimmten Erkrankungen in Zusammenhang stehen, feststellen zu können.“ Dafür ist Multiple Sklerose (MS) ein ausgezeichnetes Beispiel. Obwohl der Nutzen einer frühen Erkennung und eines wirksamen Behandlungsbeginns beträchtlich ist, vergehen von den ersten Symptomen bis zur Diagnose im Durchschnitt zwei Jahre und ein großer Anteil der Erkrankten erhält eine Fehldiagnose. Jetzt ermöglicht Nocturne hochpräzise Messungen der Veränderungen der intraretinalen Schichtdicke, einer Entsprechung für den axonalen Verlust oder die Neuroinflammation, die mit Multipler Sklerose einhergehen. Kadas weiter: „Wir können die Schwellung des Sehnervenkopfes und Veränderungen in der Makula, einer wichtigen Region im hinteren Teil des Auges, messen. So kann eventuell zwischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen unterschieden werden.“ Frühe Anzeichen für eine Schädigung der Netzhaut treten auch bei Morbus Parkinson und Alzheimer auf. Die Nocturne-Technologie birgt das Potenzial, diese Veränderungen zu messen.

Mehr Dienste, mehr Aufmerksamkeit

Neurologische Fachkräfte, Arzneimittel- und Versicherungsunternehmen sind unter jenen, die von der neuen Technologie profitieren. Das Team bietet seine Technologie derzeit als Dienstleistung Krankenhäusern und einem großen Bildgebungszentrum an, die ihre OCT-Scans zur Analyse an die Nocturne GmbH schicken. Langfristig können sich die Forschenden vorstellen, dass die Technologie in den Praxen allgemeinärztlicher Fachkräfte oder in Altenpflegeheimen Anwendung findet. „Wir beseitigten die Schwierigkeiten einer Softwareinstallation und des Erlernens der Funktionen. Der Nutzende kann die Anwendung starten, die OCT-Bilder auswählen und eine Taste drücken, um die Analyse zu starten. Die Ergebnisse werden innerhalb von Minuten berechnet und als PDF-Bericht ausgegeben“, so Kadas. Nocturne gewann zahllose begehrte Preise für Start-ups in Deutschland, Europa und weltweit. Das Team legt den Grundstein für die Zusammenarbeit mit Herstellern von OCT-Hardware, um die Software in neue OCT-Geräte einzubauen. Kadas lobt den Dialog mit vielen Einzelpersonen und Unternehmen sowie den Beitrag ihres eigenen Teams auf ihrem bereichernden Weg als weibliche Unternehmerin und Gründerin eines erfolgreichen Start-ups. Abschließend meint Kadas: „Die Integration bewährter und allgemein verfügbarer OCT-Geräte in unsere KI-gestützten Software-Bildanalysen kann die Genauigkeit früher Diagnosen bei den betroffenen Erkrankungen des Nervensystems verbessern, Behandlungsentscheidungen beschleunigen und die Anzahl kostenintensiver neurologischer Tests verringern. Insgesamt hat Nocturne das Potenzial, das Auftreten von Behinderungen beträchtlich zu verzögern.“

Schlüsselbegriffe

Nocturne, optische Kohärenztomografie, OCT, Multiple Sklerose, MS, Erkrankungen des Nervensystems, Diagnose, Netzhaut, KI, Bildverarbeitung

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