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Muscle Stress Relief: An integrated research program linking together basic research on secondary myopathies in stress states to innovative translation in applied myology.

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Crosstalk zwischen Muskulatur und Schlüsselorganen als kritischer Faktor

Chronischer Stress oder Erkrankungen können in mehreren Organen die Kontraktionsfähigkeit und Funktion des quergestreiften Muskelgewebes beeinträchtigen und dadurch Sekundärerkrankungen fördern. Auf der Suche nach neuen diagnostischen Methoden und therapeutischen Strategien untersuchte ein internationales Kooperationsprojekt nun schädigende Einflüsse auf die Muskelkonktraktion.

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Ursachen für Muskelabbau können Alterungsprozesse, Bewegungsmangel, Medikamenteneinnahme und Mangelernährung sein. Bei Krankheiten kann der humorale Crosstalk (Interaktion von Signalwegen) zwischen Muskulatur und erkrankten lebenswichtigen Organen wie Herz, Leber, Niere und Lunge die Kontraktionskraft der Myofibrillen beeinträchtigen, was letztlich deren Abbau begünstigt und die Chronifizierung von Erkrankungen beschleunigt.

Internationales Konsortium zur Erforschung von Muskelkrankheiten

Die Arbeitshypothese des Verbundprojekts Muscle Stress Relief lautete, dass sich muskuläre Inaktivität zusammen mit Grunderkrankungen negativ auf die Muskelkontraktion und -funktion und damit den Gesundheitszustand auswirken. In dem über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützten Projekt wurde mittels europäischer und US-amerikanischer Fachexpertise der Crosstalk zwischen Organen und Myopathien untersucht. „Unser Ziel war, durch wissenschaftliche Erkenntnisse die Diagnostik im Zusammenhang mit Muskelerkrankungen zu verbessern, die stressbedingte Muskelaktivierung zu verringern und die Muskelfunktion über regenerative Ansätze wiederherzustellen“, erklärt Projektkoordinatorin Christina Karatzaferi. Wie das Konsortium herausfand, hat Urämie, bei der sich vermehrt harnpflichtige Substanzen im Blut ansammeln und die Millionen von EU-Bürgern betrifft, einen direkten negativen Einfluss auf die Skelett- und Herzmuskelfunktion. Weitere Arbeitsgruppen enthüllten Moleküle und Signalwege als Ursachen für mitochondriale Fehlfunktionen und Denervierungsprozesse, die letztendlich zu Muskelschwund führen. Zudem könnten Reparaturgene für Muskelschäden und Faktoren, die die Funktion des Zwerchfells beeinträchtigen, künftige Zielstrukturen sein, um die Muskelregeneration zu beschleunigen und Lungenfunktionsstörungen von COVID-19-Patienten zu lindern, die längere Zeit intensivmedizinisch versorgt werden mussten. Intensiv wurde auch an der Diagnose von Myopathien geforscht, z. B. der Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis. Für den Nachweis von Titin-Antikörpern wurde ein hochsensitiver Radioimmunpräzipitationsassay (RIPA) entwickelt, um die diagnostische Lücke bei seronegativer Myasthenia gravis ohne nachweisbare AChR-, MuSK- und LRP4-Antikörper zu schließen. Weiterhin entwickelte das Projekt einen POCT (Point-of-Care-Test) Immunostick ELISA für den patientennahen Nachweis von Autoantikörpern als Indikator für Myasthenia gravis. Der Test liefert Ergebnisse bereits nach einer Stunde und kann problemlos auch von nicht speziell geschultem Personal durchgeführt werden, wobei die Spezifität bei 99 % für Anti-AChR-Antikörper und die Sensitivität bei bis zu 97 % liegt. „Der von TND entwickelte POC-Test kann die Schnelldiagnose vereinfachen, auch für Patienten, die weit außerhalb größerer Städte leben“, betont Karatzaferi.

Projektbedeutung und Perspektiven

Das Projekt Muscle Stress Relief unterstrich die zentrale Rolle der quergestreiften Muskulatur und deren Crosstalk mit Herz, Lunge, Immunsystem und endokrinen Faktoren. Angesichts der Zunahme nicht übertragbarer Krankheiten, die direkt oder indirekt die Kontraktionsfähigkeit der Muskulatur und damit das Überleben von Patienten beeinträchtigen, stieß der Test bereits auf großes Interesse. Demnächst ist die Validierung und Optimierung der Projektergebnisse geplant. Zwar wird der Titin-Assay bislang nur in der Routinediagnostik des Labors Tzartos NeuroDiagnostics eingesetzt, weitere Forschungen zur Kartierung von Titin-Epitopen sollen den Assay aber verbessern und das Nachweisspektrum von Titin-Antikörpern erweitern. Die Validierung des Immunostick ELISA durch neurologische Fachkräfte, die mit dem Projekt zusammenarbeiten, soll die klinische Evidenz erbringen und damit die Kommerzialisierung beschleunigen. „Unsere Ergebnisse werden dazu beitragen, die Diagnose von Myasthenia gravis und anderen Muskelerkrankungen zu verbessern und letztlich die optimale Therapieform zu finden“, schließt Karatzaferi. Zudem wird das Projekt Empfehlungsleitlinien für die Präkonditionierung von Patienten anregen, um deren Herzfunktion bei medizinischen Eingriffen schützen und die Funktionsfähigkeit von Atemwegen und Stoffwechsel aufrechterhalten zu können.

Schlüsselbegriffe

Muskel Stress Relief, Muskulatur, Myasthenia gravis, Herz, Myopathien, Titin-Antikörper, Immunostick ELISA, RIPA

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