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Nach neuen Modellen: 92 % aller Alpengletscher zur Jahrhundertwende geschmolzen

Die Anpassung an den Klimawandel verlangt nach einer genauen Modellierung. Im Rahmen des Projekts CHANGE wurde die Höhe der ökologischen Gleichgewichtslinie der Talgletscher in den europäischen Alpen modelliert, um Wasserspeicherung und Wasserabflüsse genauer vorhersagen zu können.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

Durch den Rückzug der Gletscher ist die Wasserversorgung in den europäischen Alpen in Gefahr, wobei dieser Effekt direkt durch den Klimawandel verursacht wird. Die Bewirtschaftung von Wasserressourcen in dieser Region erfordert genaue Daten, anhand derer eine dynamische Situation erfasst und wahrscheinliche Szenarien vorhergesagt werden können. Das innerhalb der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützte Projekt CHANGE hat entdeckt, dass die Gletscher in den Alpen sehr unterschiedlich auf den Klimawandel reagieren werden. Diese Informationen dürften für eine evidenzbasierte Politikgestaltung von entscheidender Bedeutung sein. In einer zur Veröffentlichung eingereichten wissenschaftlichen Arbeit legt das Team den Einsatz glaziologischer Feldtechniken und die numerische Modellierung von ökologischen Gleichgewichtslinien (Equilibrium Line Altitude, ELA) dar. Es deutet sich nun an, dass der Klimawandel bis zum Ende dieses Jahrhunderts 69 % bis 92 % der Alpengletscher schmelzen lassen wird. „Bis zu ihrem Verschwinden werden die Gletscher weiterhin zur Hydrologie ihrer einzelnen Becken beitragen, allerdings auf recht verschiedene Weise. Die meisten werden wahrscheinlich kurzfristig mehr zum Abfluss beitragen, aber mit der Zeit wird der Abfluss weniger werden. Bei anderen wird der Abfluss stark abnehmen, und einige haben möglicherweise bereits ihre Abflussspitze überschritten“, erklärt Projektkoordinator Neil Glasser von der Universität Aberystwyth, an der das Projekt angesiedelt war. CHANGE fand außerdem heraus, dass der Durchlässigkeitsgrad des Untergrundgesteins ein wichtiger Faktor dafür ist, wie das Schmelzwasser gespeichert und dann unterhalb der Gletscher geleitet wird.

Dem Gletscher per Messung auf den Zahn fühlen

Das Team entwickelte einen neuen Ansatz, um Szenarien für zukünftige Gleichgewichtslinien zu simulieren, jene Höhen, auf der Akkumulation und Ablation von Wasser auf einem Gletscher gleich sind und daher als ausgeglichen angesehen werden können. Die Gruppe begann mit einer Analyse des Randolph Glacier Inventory, um einzelne Alpengletscher zu lokalisieren und genau zu bestimmen. Das Forschungsteam fügte diese in ein Geoinformationssystem ein und wendete verschiedene Klimaveränderungsszenarien an, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gleichgewichtslinien aller Alpengletscher vorherzusagen. Die Szenarien stützten sich auf repräsentative Konzentrationspfade aus dem Projekt EURO-CORDEX, die verschiedene Emissionsszenarien prognostizieren. Die Ergebnisse decken den gesamten europäischen Alpenraum ab und basieren auf 200 Jahren Klimaaufzeichnungen seit 1901 und Vorhersagen bis 2100. Das Team benutzte zudem ein separates numerisches Gletschermodell, um den Einfluss unterschiedlicher Gletschersohlengeologien auf das subglaziale Abflusssystem und die Gletscherbewegung zu analysieren. Die Teammitglieder führten numerische Experimente durch, bei denen sie die unterschiedliche Durchlässigkeit des Untergrundgesteins betrachteten, um zu sehen, wie das Wasser gespeichert wurde und wie es innerhalb eines Jahres unterhalb der Gletscher floss. Das Modell wurde zunächst an einer theoretischen Gletscheroberfläche getestet, dann modifiziert und mit empirischen Daten betrieben. Zu guter Letzt wurde an zwei Standorten mithilfe von Drohnen direkt im Feld gearbeitet und anhand dessen konnte das Team detaillierte geomorphologische Analysen von Gletschervorfeldern durchführen. „Während wir die Ergebnisse noch analysieren müssen, können wir davon ausgehen, dass sie unsere Modellierung der Eigenschaften des subglazialen Grundwasserflusses stützen werden. Unseren Annahmen zufolge werden wir auf diese Weise beweisen können, dass der Fluss die jahreszeitlichen Schwankungen von Gletschern auf einem Karbonatgrundgestein wie etwa gut verkarstetem Kalkstein beseitigen kann“, sagt Glasser.

Lokal bis globale Auswirkungen unter der Lupe

Die Ergebnisse von CHANGE liefern Erkenntnisse, die für ähnliche Gebirgsgletscher weltweit relevant sind. Sie bedeuten mehr Wissen darüber, wie die Gletscher in den europäischen Alpen auf das sich verändernde Klima reagieren, und welche Folgen das für den Abfluss in Flüsse, die Ökosysteme, den Tourismus und die Wasserkrafterzeugung haben wird. „Da sich der Rückgang der Gletscher am stärksten auf die Bevölkerung vor Ort auswirkt, haben wir für das Euroscience Open Forum in Triest, Italien, dreidimensionale Modelle angefertigt und sie dort ausgestellt, um die Veränderungen der Gletscher zu veranschaulichen. Hoffentlich werden diese zu einer ständigen Ausstellung“, fügt Glasser hinzu.

Schlüsselbegriffe

CHANGE, alpin, Alpen-, Gletscher, Klimawandel, Anpassung, Wasser, Hydrologie, Untergrundgestein, Gleichgewichtslinie, Equilibrium Line Altitude, ELA, Durchlässigkeit, Abfluss

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