Eine Smartphone-App zur Diagnose von Herzkrankheiten
Es gibt mehr als zwei Dutzend unterschiedliche Arten von Herzrhythmusstörungen. Die meisten können von einer Fachkraft für Kardiologie leicht erkannt werden, doch Vorhofflimmern von Vorhofflattern zu unterscheiden kann schwierig sein. Beide zeigen sehr ähnliche Muster im Elektrokardiogramm (EKG) und werden in 80 % der Fälle verwechselt, obwohl sie grundverschieden behandelt werden müssen.
Diagnoseunterstützung
Das EU-finanzierte Projekt MODEST versuchte, mathematische Modelle zu entwickeln, die medizinischen Fachkräften bei der Diagnose und Auswahl der Behandlungspläne für Patientinnen und Patienten unterstützen. Um dieses Problem anzugehen, haben Sebastian Sager, Projektkoordinator von MODEST, und sein Team Daten von 380 EKGs ausgewertet, die vom mitwirkenden Kardiologen Eberhard Scholz und seinem Team im Universitätsklinikum Heidelberg in Deutschland durchgeführt wurden. Unter Verwendung von Modellen maschinellen Lernens konnten sie Vorhofflimmern mit einer Sensitivität von 81 % und einer Genauigkeit von 87 % bestimmen. „Wir wollten in vorhandener Literatur mathematische Modelle finden, welche die Vorgänge genau beschreiben, mussten letztendlich aber unsere eigenen aufstellen“, sagt Sager. „Der zweite Schritt war die Optimierung. Es waren verschiedene Bereiche eingebunden: Mathematik, Medizin, Computerwissenschaft, Biologie und maschinelles Lernen.“
Medikamentenplanung
Das Team erstellte eine Smartphone-App, die EKG-Ergebnisse über die Signaltöne des Herzmonitors oder durch visuelle Mustererkennung zur Bestimmung der Höhen und Tiefen des Kardiografs analysieren konnte. EKG-Daten konnten auch manuell in die App eingegeben werden. Die Arbeit wurde an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg, Deutschland, durchgeführt. In einem verwandten Projekt untersuchte die Gruppe Blutanalysen von Menschen in Chemotherapie. Personen mit akutem Blutkrebs durchlaufen normalerweise mehrere Runden Induktionstherapie, gefolgt von bis zu vier Runden Konsolidierungstherapie. Die zeitliche Planung und Dosierung der Chemotherapiebehandlungen beruhen häufig auf der Intuition der behandelnden Fachkraft. „Man muss immer das Gleichgewicht halten zwischen dem Abtöten von Zellen auf der einen Seite und dem Problem, das Immunsystem anzugreifen, auf der anderen“, erklärt Sager. „Wie relevant ist der Zeitraum zwischen Runden von Chemotherapie? Was ist besser: Eine, zwei oder drei Wochen? Sind drei Zyklen besser als vier?“
Ausgründung
Durch die Untersuchung der Blutanalysen konnte sein Team ein Modell aufstellen, dass Ärztinnen und Ärzten bei diesen Entscheidungen helfen kann. Das Projekt wurde vom Europäischen Forschungsrat unterstützt. „Das hat sehr geholfen. Wir hatten sehr viel Freiheit in dem, was wir tun konnten. Das schätzten wir sehr“, merkt Sager an. Das Start-up mathe.medical GmbH ging aus dem Projekt hervor und wurde durch einen Horizont 2020 Proof of Concept Grant unterstützt, um die kommerzielle Veröffentlichung und Verbreitung der Technologien zu erkunden. „Wir haben mit spezialisierten Unternehmen gesprochen. Das ist ein sehr fortschrittliches Instrument, das die Nachfrage von klinischen Fachkräften in einem hochgradig regulierten und komplexen Markt erfüllt“, fügt Sager hinzu.
Schlüsselbegriffe
MODEST, Herz, Flattern, kardial, Rhythmusstörung, atrial, Flimmern, App, Smartphone, Signalton, Chemotherapie