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Mechanically tuned Lung-on-a-Chip device to model pathology and drug screening for lung disease

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Lebenshauch für winzige Modelllungen

Genauere Gewebedarstellungen können die Notwendigkeit von Tierversuchen reduzieren und sogar das Tor zur personalisierten Medizin aufstoßen.

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Kulturen aus lebenden Zellen sind eine zentrale Grundlage für Wirkstoffprüfungen und Diagnosesysteme. Eine Zellschicht in einer Petrischale ist allerdings oft weit von einer Reproduktion der tatsächlichen Bedingungen in lebenden Organismen entfernt. Um dieses Problem anzugehen, nahm das Projekt MECH-LoC es sich zum Ziel, ein präziseres Modell zu entwickeln: das sogenannte „Lung-on-a-Chip“-Modell (dt.: „Lunge auf einem Chip“). „Wir wollen ein System schaffen, das eine höhere physiologische Relevanz besitzt als eine Petrischale“, so Projektkoordinatorin Lisa Muiznieks. „Die Petrischale ist eine statische Umgebung, in der es keine Bewegung gibt. In Geweben und Zellen wirken aber auf jeder Ebene dynamische Kräfte, wie zum Beispiel beim Atmen, Gehen oder Springen – in kleinerem Maßstab ausgedrückt ist das zum Beispiel das Erweitern und Zusammenziehen der Lungen und das Ausdehnen und Verkleinern der Lungenbläschen [Alveolen] bei jedem Atemzug.“

Nachahmung der extrazellulären Matrix

Auch die Strömung der Luft durch die Lungen sowie der Druck und der reine Stress durch das Blut und extrazelluläre Flüssigkeit üben mechanische Kräfte auf die Zellen aus, wie Muiznieks erklärt. Durch die Nachahmung dieser Strömungen auf einem Mikrofluidik-Chip werden die Forschenden außerdem in der Lage sein, auf effizientere Weise Zellnährstoffe zu verabreichen und Zellabfall zu entfernen. „Das Lung-on-a-Chip-Modell soll nicht das gesamte Organ ersetzen, sondern dient dazu, eine kleine Untergruppe von spezifischen Funktionen nachzuahmen – in diesem Fall die Luft-Flüssigkeit-Grenzfläche der Alveolaroberfläche“, merkt Muiznieks an. Um eine möglichst realistische Oberfläche zu erreichen, wurden die Zellen an eine dünne Proteinmatrix gebunden. „Alle Zellen sitzen auf einer extrazellulären Matrix, also einem Netzwerk aus Faserproteinen wie Kollagen, Fibronektin und Elastin“, fügt Muiznieks hinzu. „Durch eine künstliche Membran aus den gleichen Proteinen können wir diese Umgebung für Zellen nachahmen.“ Genau diesem Ziel solcher künstlicher Membranen galt ihre bisherige Forschungslaufbahn. Mit Unterstützung im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen zog Muiznieks nach Frankreich, um dort gemeinsam mit dem Projektträger Elvesys, einem Mikrofluidik-Unternehmen, an der Entwicklung von Lung-on-a-Chip-Modellen zu arbeiten. Nach Abschluss ihres Stipendiums im Oktober 2020 wurde sie als Vollzeit-Mitarbeiterin bei Elvesys übernommen. „Wir haben bereits Prototypen, allerdings besitzen diese noch keinen ausreichenden technologischen Reifegrad. Bis dahin ist noch weitere Forschungsarbeit nötig“, erklärt Muiznieks. „Wir haben das Gerüst entwickelt, die Membran hergestellt, in den Mikrofluidik-Chip eingebettet und zur Validierung getestet, indem wir Zellen zugefügt haben und anwachsen ließen, und konnten den Kanal perfundieren.“

Weniger Tierversuche

Als nächsten Schritt wolle das Team nun das System um weitere mechanische Eigenschaften und Reize erweitern, den dynamischen Fluss und das Dehnverhalten von lebenden Organismen nachahmen und anhand des Systems Wirkstoffe testen. Letztlich ist das Ziel, physiologisch genaue Modellsysteme herzustellen, die dazu beitragen können, die Notwendigkeit von Tierversuchen zu verringern. „Der Einsatz von Tieren ist mit zahlreichen ethischen Bedenken verbunden und kostet zudem enorm viel Geld. Arzneimittelstudien können am Tiermodell vielversprechend aussehen, halten dann aber bei der klinischen Prüfungen am Menschen in vielleicht 90 % der Fälle nicht mehr stand“, merkt Muiznieks an. „Um die Arzneimittelentwicklung zu verbessern, benötigen wir ein besseres Modell für spezifische Gewebefunktionen.“ Sollten die Organ-on-a-Chip-Modelle erfolgreich sein, könnten, so Muiznieks, patienteneigene Zellen zum Gerüst hinzugefügt werden. Das würde den Weg zur Prüfung von hochspezifischen personalisierten Arzneimitteln ebnen. Muiznieks möchte sich für die Mikrofluidik starkmachen, um neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für dieses Gebiet zu interessieren und dazu zu bewegen, sich mit eigenen Forschungsanstrengungen einzubringen. „Das Organ-on-a-Chip-Modell ist noch relativ neu und so vielversprechend es ist, sind doch noch solide Konzeptnachweise erforderlich, bevor die großen Pharmakonzerne bereit sind, ernsthaft einzusteigen. Das gelingt uns hoffentlich auch. Gemeinsam sind wir stärker als alleine.“

Schlüsselbegriffe

MECH-LoC, Lunge, Chip, diagnostisch, Diagnostik, Wirkstoffe, Arzneimittel, Kultur, Zellen, Organ, Alveolen, Lungenbläschen

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