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Passive Ice Protection System

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Ein neuartiges System zur Enteisung von Flugzeugen mithilfe der Triebwerkwärme

Die meisten Systeme zur Enteisung von Flugzeugen benötigen für ihre Heizelemente zusätzliche Energie. Eine neue Alternative bezieht ihre Wärme effizient von den Triebwerken.

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Die Eisbildung auf Flugzeugen ist ein häufiges und gefährliches Phänomen. Eine Eisschicht auf den Flügeln oder Steuerflächen kann deren Form verändern und sich möglicherweise auf die Steuerbarkeit der Maschine auswirken. Eis führt auch zu zusätzlichem Gewicht. Unter bestimmten Bedingungen, meist in recht niedrigen Höhen, können sogenannte Vereisungswolken Wassertropfen enthalten, die noch flüssig sind, obgleich ihre Temperatur unter dem Gefrierpunkt liegt. Wenn diese Tropfen mit einer festen Oberfläche in Kontakt kommen, gefrieren sie sofort darauf. In wenigen Sekunden kann sich so eine dicke Eisschicht bilden. Dieser Vorgang kann für kleine Flugzeuge äußerst gefährlich sein, daher müssen sie solche Wolken vollständig meiden. Größere Flugzeuge verfügen über Enteisungssysteme. Die verbreitetsten Arten heizen die Flügel und den Lufteinlass des Motors entweder mithilfe elektrischer Elemente oder eines Heißluftsystems. Zwar funktionieren solche Systeme zuverlässig, sie sind jedoch äußerst energiehungrig und verbrauchen bis zu 40 % der Energie, die insgesamt vom Flugzeug erzeugt wird. Jegliche Energieeinsparungen bei diesen Systemen würden auch mit erheblichen finanziellen Einsparungen aufseiten des betreibenden Unternehmens einhergehen.

Die Verwendung von Abwärme

Das EU-finanzierte Projekt PIPS entwickelte ein neuartiges Heizsystem. Statt Energie teuer zu erzeugen, leitet es die Abwärme der Triebwerke zum Lufteinlass um. Daher ist es äußerst effizient. Das System ist zunächst zur Beheizung des Lufteinlasses mittelgroßer Turboprop-Flugzeuge gedacht. Allerdings könnte es letztendlich an alle Flugzeugarten angepasst werden, die heiße Triebwerke in der Nähe der Flügel haben – was bei fast allen Flugzeugen der Fall ist. Das System, für das ein Patent angemeldet wurde, nennt sich Kapillarpumpenschleife. „Dabei handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf, indem eine Flüssigkeit – Methanol – stets in gesättigtem Zustand zirkuliert“, erklärt der Projektkoordinator Romain Rioboo. „Das bedeutet, sie befindet sich stets an der Grenze des Phasenübergangs zwischen Flüssigkeit und Dampf.“ Das Triebwerk stellt dem Verdampfer die Wärme bereit, der die Flüssigkeit zum Verdampfen bringt. Gasförmiges Methanol zirkuliert dann zum Kondensator. Dort geht es wieder in den flüssigen Aggregatszustand über, wobei Wärme frei wird. Durch eine Kapillarstruktur, die als passive Pumpe fungiert, wird die Flüssigkeit wiederum zum Verdampfer gebracht. Die Physik der Phasenübergänge zwischen dem flüssigen und gasförmigen Zustand bedeutet, dass die Flüssigkeit erhebliche Mengen an Wärme absorbieren und transportieren kann. Das System arbeitet daher sehr effizient und nutzt Wärme von den Triebwerken, die sonst verloren gehen würde. So müssen keine enormen Energiemengen neu erzeugt werden, wie es bei herkömmlichen Enteisungssystemen der Fall ist.

Bislang gute Fortschritte

Das Projekt hat Technologie-Reifegrad 5 erreicht. Das Konzept wurde demonstriert, aber die Technologie muss noch weiter verfeinert werden. Zunächst hatte die Forschungsgruppe vor, serienmäßig produzierte Bauteile zu verwenden. Allerdings traten dabei Schwierigkeiten auf, sodass ein völlig neues System entwickelt werden musste. Die entsprechenden Bemühungen waren von Erfolg gekrönt, führten jedoch zu Verzögerungen im Zeitplan des Projekts. „Wir müssen die Gestaltung des Kondensators noch anpassen, um die Wärmeverteilung an der Oberfläche des Triebwerkseingangs zu verbessern“, fügt Rioboo hinzu, „und die Änderungen Tests unterziehen, bevor wir Flugerprobungen ins Auge fassen können.“ Im Labor und Vereisungswindtunnel konnte das Projekt jedoch einen effektiven Wärmetransfer in einem Triebwerkmodell in voller Größe erreichen und bis zu 10 Kilowatt Wärme bei Vereisungsbedingungen transportieren. Diese Leistung übertrifft die Anforderungen, die an Enteisungssysteme gestellt werden. Ob weitere Entwicklungsschritte folgen werden, ist noch ungewiss. Wenn dem so wäre, würde das zu einer erschwinglichen und effizienten Enteisungslösung für Flugzeuge führen.

Schlüsselbegriffe

PIPS, Flugzeug, Enteisung, System, Wärmeaustausch, Kapillarpumpenschleife, Methanol

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