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Inhalt archiviert am 2024-05-22

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Stubenfliegen und Würmer auf der Speisekarte? Ja, wenn Sie den Hunger auf der Welt bekämpfen möchten

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler glauben, dass im Labor gezüchtete Algen und Insekten den Planeten vor dem Hunger retten können.

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In einem Bericht der Vereinten Nationen wird geschätzt, dass im Jahre 2019 fast 690 Millionen Menschen an Hunger litten. Weitere 130 Millionen könnten aufgrund von COVID-19 hinzukommen. Das Coronavirus bedroht – zusammen mit dem Klimawandel und Umweltkatastrophen – die Lebensmittelversorgungsketten wie nie zuvor. Ist die Zeit reif für die Zucht von Insekten und den Anbau von Algen im großen Stil?

Mit exotischen Nahrungsmitteln den globalen Hunger bekämpfen

Laut einer in der Zeitschrift „Nature Food“ veröffentlichten Studie könnte die Lösung darin bestehen, Lebensmittel wie Algen (z. B. Zuckertang), Insektenlarven (z. B. Stubenfliegen) und Mykoprotein (aus Pilzen gewonnenes Protein) zu züchten. Forschende der Universität Cambridge sind der Ansicht, dass diese „Nahrungsmittel der Zukunft“ als nachhaltige Alternative zu traditionellen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln dienen können, um Unterernährung zu bekämpfen. Sie müssten dafür im großen Maßstab produziert und konsumiert werden. Trotz des Nährwerts dieser Nahrungsmittel besteht ein großes Hindernis darin, die Vorbehalte der Menschen zu überwinden und die Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhöhen. „Zugegebenermaßen handelt es sich hierbei nicht um herkömmliche Lebensmittel“, erklärt der Erstautor Dr. Asaf Tzachor am „Zentrum für die Untersuchung existenzieller Risiken“ (Centre for the Study of Existential Risk, CSER) der Universität Cambridge gegenüber der Agence France-Presse, wie von News18 berichtet wird. „Man kann sie beispielsweise in Pasta, Burgern oder Energieriegeln zu sich nehmen. Diese Nahrungsmittel können gemahlene Insektenlarven oder verarbeitete Mikro- oder Makroalgen enthalten.“

Neue Wege für Ernährungssysteme

Das Forschungsteam untersuchte fast 500 wissenschaftliche Veröffentlichungen zu verschiedenen Arten von Produktionssystemen für Nahrungsmittel der Zukunft. Die vielversprechendsten sind Photobioreaktoren für Mikroalgen und Gewächshäuser für Insekten. Ein Photobioreaktor schafft kontrollierte Umgebungsbedingungen für die Kultivierung von Mikroalgen. Die Funktionsweise von Ernährungssystemen könnte durch die Produktion solcher Nahrungsmittel der Zukunft verändert werden, da sie in großem Maßstab in kompakten Systemen angebaut werden können. Dies ist sowohl in urbanen Räumen, aber auch in abgelegenen Regionen möglich. „Nahrungsmittel wie Zuckertang, Fliegen, Mehlwürmer und einzellige Algen wie Chlorella verfügen über das Potential, eine gesunde, risikobeständige Ernährung zu bieten, mit der der Hunger in der Welt bekämpft werden kann“, so Dr. Tzachor in einer Pressemitteilung der Universität Cambridge. Die Studie legt nahe, dass eine Abhängigkeit von Lebensmitteln, die aus traditionellen Landwirtschafts- und Versorgungssystemen stammen, mit Risiken verbunden ist. Dr. Tzachor erläutert: „Unser gegenwärtiges Ernährungssystem ist anfällig. Es ist einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt: Überschwemmungen und Frösten, Dürren und Trockenperioden, Krankheitserregern und Parasiten. Und dies wird sich durch die geringfügigen Produktivitätsverbesserungen nicht verändern. Um unsere Lebensmittelversorgung zukunftssicher zu machen, müssen wir völlig neue Arten der Landwirtschaft in das derzeitige System integrieren.“ Die Zeit ist reif, überall auf der Welt hochtechnisierte Anbaumethoden in die Ernährungssysteme zu integrieren. „Fortschritte in der Technologie eröffnen viele Möglichkeiten für alternative Lebensmittelversorgungssysteme, die risikobeständiger sind und Milliarden Menschen wirksam mit nachhaltiger Ernährung versorgen können“, führt Mitautorin Catherine Richards, Doktorandin am CSER, aus. „Die Coronavirus-Pandemie ist nur ein Beispiel für die wachsenden Bedrohungen unseres globalisierten Ernährungssystems. Unsere Ernährung durch diese Nahrungsmittel der Zukunft zu diversifizieren, wird Ernährungssicherheit für uns alle schaffen.“

Schlüsselbegriffe

Nahrung, Insekt, Unterernährung, Algen, Mikroalgen, Landwirtschaft, Hunger, Stubenfliege, Mykoprotein, Würmer