Warum lebt der Mensch eigentlich nur siebzig Jahre?
Dank des medizinischen Fortschritts und eines insgesamt gesünderen Lebensstils werden heute mehr Menschen als je zuvor älter als 80 Jahre. Die Zahl der über 100-Jährigen nimmt jedoch nicht im gleichen Maße zu. Gibt es eine feste Grenze für die Lebenserwartung des Menschen, und wenn ja, wo genau ist sie festgeschrieben? „In den letzten Jahrzehnten ist die Lebenserwartung dramatisch gestiegen, was natürlich eine gute Nachricht ist“, sagt David Vilchez, Leiter des Vilchez Lab und Professor für Medizin an der Universität zu Köln. „Diese demografische Revolution stellt jedoch auch eine Herausforderung dar, da immer häufiger altersbedingte Krankheiten eintreten.“ Vilchez zufolge ist das Altern mit einem fortschreitenden Verlust der physiologischen Intaktheit verbunden, der einen Hauptrisikofaktor für zahlreiche metabolische, kardiovaskuläre, onkologische und neurodegenerative Erkrankungen darstellt. „Mit der Entdeckung genetischer Manipulationen, die das Altern regulieren, wurde das Gebiet der molekularen Gerontologie geradezu revolutioniert, und es bietet sich nun die realistische Chance, Therapeutika zur Prävention mehrerer Krankheiten zu entwickeln“, erläutert er. „Könnten wir jene Mechanismen definieren, die den Alterungsprozess verzögern, so könnte dies für unsere immer älter werdende Gesellschaft von sehr großem Nutzen sein“, fügt Vilchez hinzu. Die dem Alterungsprozess zugrunde liegenden Mechanismen werden jedoch gerade erst auf molekularer Ebene enträtselt.
Faktoren für Langlebigkeit
Die Entdeckung einer einzigen Genmutation, welche die Lebenserwartung eines Fadenwurms verdoppelt, hat die Vorstellung vom Altern drastisch verändert. „Früher sah man das Altern als einen kumulativen Prozess an, in dessen Verlauf Krankheiten und allgemeiner ‚Verschleiß‘ letzten Endes den Körper zermürben und man stirbt“, erklärt er. „Aber diese Entdeckung bedeutet, dass das Altern faktisch ein regulierter Prozess ist.“ Vilchez hebt hervor, dass die Fähigkeit zum Manipulieren genetischer und umweltbedingter Faktoren mit dem Ziel, die Lebenserwartung zu verlängern, auch bereits bei anderen Tieren gefunden wurde. „Das könnte bedeuten, dass eine Verlängerung des Lebens auch beim Menschen möglich ist und dass einige der bei Wirbellosen oder Mäusen entdeckten, die Langlebigkeit begünstigenden Faktoren vielleicht auch beim Menschen die Lebensdauer verlängern könnten“, sagt er. Vilchez’ besonderes Interesse gilt den embryonalen Stammzellen, jenem Rohmaterial, aus dem alle Zellen unseres Körpers entstehen. „Da sich diese Zellen ewig reproduzieren können, ohne Anzeichen von Alterung zu zeigen, sind sie im Grunde genommen unsterblich.“ Wenn also die Mechanismen, die zur Unsterblichkeit einer Stammzelle beitragen, in anderen Zellen und Geweben nachgebildet werden, soweit die Theorie, könnte der natürliche Alterungsprozess verlangsamt und gleichzeitig die Entstehung vieler altersbedingter Krankheiten verhindert werden. „Das Ergebnis könnte der Schlüssel zu einer weiteren Verlängerung der Lebenserwartung und zu einem langen Leben sein“, stellt Vilchez abschließend fest. Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von David Vilchez: Erhalt der Proteostase: ein möglicher Schlüssel zur Verlangsamung von Alterung und altersbedingten Krankheiten
Schlüsselbegriffe
StemProteostasis, Lebenserwartung, Langlebigkeit, Lebensdauer, Krankheit, Alterung, Zelle, Stammzellen, Medizin, altersbedingte Krankheiten